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die bank 02 // 2020

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

MARKT 1 | Internationale

MARKT 1 | Internationale Verteilung der 427 Unicorns pro Land 3 % Deutschland 12 % Sonstige 3 % Südkorea 4 % Indien 5 % UK 49 % USA 24 % China Quelle: oder Analyse des Internationalisierungsverhaltens von Start-ups. Ein Beispiel dafür ist das in den 1970er-Jahren entwickelte „Uppsala Model of Internationalization“, 2 das den Prozess der Internationalisierung in drei Schritte unterteilt: Zunächst beginnt das Unternehmen über Handelsvertreter auf fremde Märkte zu exportieren. Danach wird eine eigene Vertriebsstätte im Ausland errichtet, bevor das Unternehmen mit eigenen Produktionsstätten im Ausland als internationalisiert angesehen werden kann. Dieser Prozess erstreckt sich jedoch über einen längeren Zeitraum, und die traditionellen Modelle gehen davon aus, dass das Unternehmen die Expansion aus überwiegend organischem Wachstum stemmt. Vereinfacht ausgedrückt thesauriert also das Unternehmen die durch das Umsatzwachstum im Heimatmarkt generierten Gewinne und nutzt diese, um im nächsten Schritt ausländische Märkte zu bedienen. Heute jedoch haben junge Unternehmen aufgrund des internationalen Wettbewerbs einerseits nicht die Zeit, um diesen Weg des organischen Wachstums zu gehen. Andererseits ermöglichen ihnen die digitalen Kommunikationswege und die fortschreitende Globalisierung viel drastischere und schnellere Formen der Internationalisierung. So lässt sich auch erklären, wie der Zimmervermittler Airbnb nur drei Jahre nach seiner Gründung 2008 eine Niederlassung in Hamburg eröffnen und somit internationale Präsenz erreichen konnte. Herausforderungen im Rahmen der Internationalisierung Eine internationale Geschäftsausrichtung in einem frühen Stadium stellt eine enorm ressourcenaufwendige Transformation dar. Vor allem im produzierenden Gewerbe müssen im ersten Schritt hohe Investitionen getätigt werden, um beispielsweise Produktionsanlagen im Ausland zu errichten. Markteintrittsbarrieren sorgen im B2C-Geschäft dafür, dass zunächst hohe Marketing-Kosten anfallen. Hinzu kommt die Rekrutierung und Einarbeitung neuer Mitarbeiter im Ausland. Weil die Internationalisierung in einem so frühen Entwicklungsstadium ein ganzheitlicher Prozess ist, müssen die Gründer schon früh eine internationale Vision kommunizieren und konsequent umsetzen. 3 Hinzu kommt, dass der gesamte Prozess unter einem hohen Grad an Unsicherheit verläuft. Weil die Rahmenbedingungen in fremden Märkten sich häufig komplett von denen des Heimatmarkts unterscheiden, treten große Unwägbarkeiten auf, die Neuadjustierungen des Geschäftsmodells notwendig machen können. Besonders für Jungunternehmen mit oft (noch) negativen Cashflows und begrenztem Kapital in Form von Produktionsfaktoren wird somit das sog. Erfahrungswissen zu einem entscheidenden Erfolgsfaktor. Ausreichendes Wissen über insbesondere die kulturellen, politisch-rechtlichen und ökonomischen Rahmenbedingungen in den Zielmärk- ten wird obligatorisch, um erfolgreich zu expandieren. Auch internationale Gründungserfahrung der involvierten Mitarbeiter hilft hier, für eventuelle „Stolperfallen“ auf internationalem Parkett sensibilisiert zu sein. Das Start-up muss ein Produkt vorweisen bzw. ein Geschäftsmodell verfolgen, das lokal unabhängig ist und ausreichendes Skalierungspotenzial mitbringt. Wie lässt sich die Gründung finanzieren? Die Möglichkeiten zur Gründungsfinanzierung unterscheiden sich stark von den primär genutzten Finanzierungsmöglichkeiten der traditionellen Wirtschaft: Mit einer durchschnittlichen Eigenkapital-Quote von 31 Prozent ist beispielsweise der deutsche Mittelstand relativ fremdkapitallastig. 4 Jungunternehmen mit ihren häufig negativen Cashflows stellen ein erhöhtes Risiko für jeden Kapitalgeber dar, halten den strengen Bonitätsprüfungen von Kreditinstituten oft nicht stand und können sich somit nur schwer fremdfinanzieren. Dies ist vor allem dadurch bedingt, dass Kreditinstitute im Gegensatz zu den später beschriebenen Risikokapitalgebern risikominimierend und nicht ertragsoptimierend arbeiten: der Ertrag durch die Vergabe von Fremdkapital ist bei der Höhe des vereinbarten Zinssatzes gedeckelt, während Eigenkapitalgeber theoretisch voll an der positiven Unternehmenswertsteigerung partizipieren. 22 02 // 2020

MARKT Dennoch besteht eine Vielzahl an Finanzierungsmöglichkeiten, die auf die Zielgruppe der Start-ups ausgerichtet sind. Das sog. „Financial Bootstrapping“ beschreibt in diesem Zusammenhang beispielsweise eine Art der Finanzierung, bei der größtenteils auf externe Kapitalgeber verzichtet wird. 5 Die Gründer bringen eigenes Geld in das Unternehmen ein und wachsen von Beginn an organisch über eine Form der Innenfinanzierung. Dies geht jedoch oft mit enormer Ressourcenknappheit im Unternehmen einher und eignet sich lediglich für Start-ups, die schon früh positive Cashflows produzieren. Diese Finanzierungsform kann beispielsweise für Dienstleistungsunternehmen eingesetzt werden, die in der Regel nicht sehr kapitalintensiv sind. Für Unternehmen im produzierenden Gewerbe kann es jedoch eine Herausforderung darstellen, ohne externes Kapital auszukommen. Eine weitere mögliche Finanzierungsquelle sind Wagniskapitalgeber in Form von Venture Capital- oder auch Corporate Venture Capital-Fonds. Einer der bekanntesten Venture-Capital-Investoren in Deutschland ist das Berliner Beteiligungsunternehmen „Rocket Internet“, das bereits in Zalando oder Delivery Hero investiert hat. Corporate Venture Capital hingegen wird von Industrieunternehmen zur Verfügung gestellt, die sich aus strategischen Gesichtspunkten an verschiedenen Start-ups beteiligen, weil sie sich beispielsweise zukünftige Kooperationen erhoffen. Für die Jungunternehmer ergibt sich aus Venture Capital der Vorteil, dass im Gegensatz zum Bootstrapping direkt relativ große Mengen an Kapital zur Verfügung stehen. Wagniskapitalgeber bringen darüber hinaus oft auch Know-how und Management-Unterstützung in die Portfoliounternehmen ein. Vor allem bei Corporate Venture Capital kann das Start-up von der technischen und wirtschaftlichen Expertise des neuen Gesellschafters profitieren. Auf der anderen Seite sind Venture-Capital-Gesellschaften äußerst profitorientiert und haben großes Interesse an einer positiven Unternehmenswertentwicklung. Dieser Profit resultiert meist aus dem Verkaufserlös der Beteiligung („Exit“) nach einigen Jahren. So werden Venture Capital Fonds versuchen, möglichst hohe Anteile für möglichst wenig Kapitaleinsatz zu erwerben. 02 // 2020 23

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