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die bank 02 // 2019

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

MANAGEMENT 1 |

MANAGEMENT 1 | Idealisierte Customer Journey beim Vertrieb nachhaltiger Kapitalanlagen im Privatkundengeschäft 3 3 4 2 2 Filiale 1 1 1. Online-Recherche 2. Entwicklung eines Beratungswunschs 3. Vereinbarung eines Beratungstermins 4. Erstberatung in der Filiale 5. Online-Prüfung der Empfehlung 6. Entwicklung einer Kaufintention 7. Vereinbarung eines Abschlussgesprächs 8. Kaufabschluss in der Filiale Quelle: Nextra Consulting. Überraschend ist, dass die Bekanntheit der nachhaltigen Kapitalanlagen unter den Privatkunden noch immer so gering ist, und dies in einer Zeit, in der Nachhaltigkeit und vor allem Klimaschutz zweifelsfrei zu einem Megatrend geworden sind. Ein besseres Verständnis dafür, warum die meisten Privatkunden bislang kaum Kenntnis von den Optionen nachhaltiger Geldanlage haben und wie die bestehenden Absatzpotenziale aus Sicht der Finanzwirtschaft besser gehoben werden können, liefert eine aktuelle Analyse der Marketing- und Vertriebsaktivitäten von Banken im Privatkundenbereich. Die dabei angenommene idealtypische Customer Journey reicht vom Anlass bzw. Auslöser, der das initiale Interesse des Kunden für das Thema weckt, über die Recherche von Informationen und das Erstgespräch in der Bank bis zur Ausbildung einer Kaufintention im Anschluss an das Beratungsgespräch und dem abschließenden Produktkauf. Die idealtypische Customer Journey lässt sich in der Abbildung ÿ 1 ablesen. Wie wird der Kunde informiert und betreut? Um auszuwerten, welche Informationen zu nachhaltigen Kapitalanlagen der potenzielle Kunde entlang der Customer Journey erhält, wurden zunächst die Informationen auf den Banken-Websites analysiert. Ergänzende Informationen hierzu lieferte ein Mystery Shopping in sechs deutschen Banken 5 mit dem Ziel, neben der Beratungsqualität auch die Filialgestaltung sowie die Werbe- und Informationsmaterialien hinsichtlich ihres Auskunftsgehalts zu nachhaltigen Kapitalanlagen zu untersuchen. Die Analyse der Websites ergab, dass bei keiner der konventionellen Banken das Themenfeld „Nachhaltigkeit“ eine markante Position (bspw. als Element der Startseite oder auch als Punkt im Hauptmenü) einnahm. Aus Sicht eines interessierten potenziellen Kunden wäre daher größerer Rechercheaufwand erforderlich. Dabei gelangen Kunden dann schnell auf Websites von Nachhaltigkeitsbanken. Der Schritt zur Erstberatung in einer konkurrierenden Bank ist dann nicht mehr weit. Hinzu kommt, dass interessierte Kunden im Anschluss an ein Beratungsgespräch bei der Entwicklung einer Kaufintention immer häufiger auf Informationen aus dem Internet zurückgreifen. Die konsistente Kommunikation und Positionierung der Bank als Kompetenzträger ist in dieser Phase von besonderer Bedeutung, um Verunsicherungen zu vermeiden und die Kaufentscheidung nicht zu beeinträchtigen. Es empfiehlt sich daher für Banken, die ihren Absatz in dieser Produktkategorie steigern wollen, zumindest eine leicht auffindbare Unterseite zum Themenkomplex bereitzustellen, auf der sie Informationen zur Nachhaltigkeit der Bank (Steigerung der Authentizität) und zu nachhaltigen Anlageprodukten bereitstellen. Die Analyse der non-verbalen Kommunikation während des Mystery Shoppings zeigte, dass keine der fünf konventionellen Banken das Thema Nachhaltigkeit in den Filialen aufgriff. Weder in den Schaufenstern noch bei den ausliegenden Werbemitteln oder im Rahmen der Filialgestaltung fanden sich Informa- 28 02 // 2019

MANAGEMENT tionen, die von Relevanz für den Entscheidungsprozess des potenziellen Kunden gewesen wären. Die non-verbale Kommunikation in der Filiale ist für den Absatz nachhaltiger Kapitalanlagen allerdings in vielerlei Hinsicht relevant. Beispielsweise signalisiert eine Bank mit ihrer Filialgestaltung, wofür die Marke steht. Steckt Nachhaltigkeit im Markenkern einer Bank, dann sollte sie diese auch in der Ausgestaltung der Filialen glaubhaft und konsistent kommunizieren. Der Erwerb von Finanzprodukten ist zudem aus Kundensicht ohnehin mit viel Unsicherheit und wenig Transparenz verbunden. Man spricht im Marketing auch von Produkten, die primär durch Erfahrungs- und Vertrauenseigenschaften charakterisiert sind. Der potenzielle Kunde muss letztlich „glauben“, dass der Berater ihn kompetent berät und vertrauenswürdig ist. Empfiehlt ein Berater nachhaltige Kapitalanlagen, dann kann eine auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Kommunikation in der Filiale auch ohne Worte dazu beitragen, dass der Bankberater in diesem Bereich als Kompetenzträger wahrgenommen wird. Sie kann aber auch zeigen, dass die Bank dieses Thema selbst verfolgt und somit im Einklang mit den Interessen des Kunden steht. Nicht jede Bank muss deshalb Nachhaltigkeit in allen Bereichen der non-verbalen Kommunikation umsetzen, aber eine akzentuierte Kommunikation – seien es ausliegende Broschüren oder Elemente in der Filialgestaltung – kann den Absatz von nachhaltigen Kapitalanlagen steigern. Qualifizierte Erstberatung kaum vorhanden Die Analyse der verbalen Kommunikation während des Mystery Shoppings schließlich ergab, dass eine qualifizierte Erstberatung zu dieser Produktkategorie in den untersuchten konventionellen Banken derzeit kaum gewährleistet ist. In allen Beratungsgesprächen wurde getestet, ob das Thema Nachhaltigkeit von den Beratern eigenständig angesprochen wird. Selbst bei der Berufsnennung „Unternehmensberater mit Schwerpunkt Nachhaltigkeit“ wiesen nur in zwei der fünf konventionellen Banken die Berater anschließend auf die Möglichkeiten einer nachhaltigen Kapitalanlage hin. In den übrigen Banken wurde aktiv nach Produkten aus dieser Kategorie gefragt. Dennoch boten zwei Banken auch auf Nachfrage keine nachhaltigen Produkte 6 an, obwohl diese gemäß vorangehender Webrecherche grundsätzlich hätten verfügbar sein müssen. Eine qualifizierte Beratung fand in keiner der Banken statt. Stattdessen wurde auf das Produktinformationsblatt oder die im Internet erhältlichen Produktinformationen verwiesen. Das Mystery Shopping zeigte, dass nur wenige Berater kompetent zu nachhaltigen Kapitalanlagen beraten konnten und potenzielle Kunden weitgehend auf sich gestellt sind, wenn sie Produkte dieser Kategorie erwerben wollen. Da allerdings eine kompetente Beratung die Basis eines erfolgreichen Verkaufsgesprächs ist, sollte der Informationsbedarf der Bankberater gedeckt werden, bevor der Vertrieb forciert wird. Eine geschickte Vorauswahl, bspw. während der Terminvereinbarung für das Erstgespräch, kann helfen, potenzielle Kunden mit Interesse an diesem Themenfeld gleich an qualifizierte Kundenberater weiterzuleiten. FAZIT Die Analyse der Marketing- und Vertriebsaktivitäten von fünf konventionellen Großbanken und einer Nachhaltigkeitsbank zeigt, dass in keiner der konventionellen Banken bislang ein systematischer Ansatz zur Steigerung des Absatzes von nachhaltigen Kapitalanlagen etabliert ist. Entlang der gesamten Customer Journey müssen potenzielle Kunden erhöhten Aufwand betreiben, um Zugang zur Produktkategorie bzw. zu entscheidungsrelevanten Informationen zu erhalten. Umso erstaunlicher ist es, dass der Bereich trotz der bestehenden Hürden seit einigen Jahren dynamisch wächst. In einer sich konsolidierenden Bankenlandschaft bieten die mit dem Themenfeld verbundenen großen Absatzpotenziale eine spannende Chance, um neue Kundensegmente zu erschließen und Marktanteile zu gewinnen. Voraussetzung hierfür ist allerdings eine Berücksichtigung der Produktkategorie sowohl im strategischen Vertrieb als auch im strategischen Marketing, um zukünftig eine kompetente und konsistente Kommunikation entlang der gesamten Customer Journey sicherzustellen. Autor: Dr. Martin Granzow ist Inhaber der Nextra Consulting (Hamburg). Er berät Finanzinstitute zu Fragestellungen an der Schnittstelle von Nachhaltigkeit, Marketing und Vertrieb und hat dazu mehrere Bücher veröffentlicht. 1 Vgl. „Nachhaltige Anlagen – Was meinen Sie?“ in „Das Geld Magazin“, Q4 2018. 2 Vgl. FNG (2018): Marktbericht Nachhaltige Geldanlagen 2018. 3 Vgl. Friede/Busch/Bassen (2016): ESG and financial performance: aggregated evidence from more than 2000 empirical studies. 4 YouGov (2018): Deka Anleger-Monitor 2018. 5 Anm. der Red.: Eine Nennung erfolgt aus Wettbewerbsgründen nicht. 6 Eine Bewertung der Nachhaltigkeit der angebotenen Produkte erfolgte nicht, da der Schwerpunkt dieser Analyse auf den Marketing- und Vertriebsaktivitäten lag. 02 // 2019 29

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