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die bank 02 // 2015

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

ó IT & KOMMUNIKATION

ó IT & KOMMUNIKATION sogenannte Co-Creation. Dort erfolgt die rasche Umsetzung von Prototypen und deren Integration in bereits existierende und erweiterbare Geschäftsmodelle. Blicken wir dazu auf die strategische Rolle der Informationstechnologie. Die Bank sollte vor jedem Startschuss einer derartigen Innovationsinitiative genau eruieren, welche strategischen Zielfelder sich dafür eignen, auch mit Blick auf die interne Aufstellung und die an den Produktivitätskreislauf angebundenen externen Dienstleister. Fest steht: Scrum & Co. können gerade bei der Co-Creation ihre inhärenten Vorteile dort ausspielen, wo es häufig darum geht, Ideen rasch und zielorientiert anhand eines dynamischen Gruppenkreislaufs zu generieren und in vorzeigefähige Demonstrationsvorhaben zu gießen. In den letzten Jahren haben sich hierzu in der Praxis auch weitere ergänzende Methoden etabliert, deren Details aber hier nicht weiter vertieft werden sollen. Richten wir den Blick auf das Ziel: Mit Hilfe der Co-Creation lassen sich spezifische Wünsche und Bedürfnisse unterschiedlicher Stakeholder eingehend evaluieren und rasch umsetzen, um kundenzentrierte Entscheidungen aus Sicht des Anbieters bewusster und auf einer fundierten Faktengrundlage zu treffen. Sowohl kleine Unternehmen als auch Konzerne setzen mittlerweile an sensiblen Schnittstellen auf das agile Vorgehensmodell zur Softwareentwicklung, insbesondere in der Produktentwicklung. So lassen sich etwa mit Hilfe von Scrum aus den Ideen unterschiedlicher Beteiligter in einem strukturierten Projektansatz rasch erste Prototypen (Use Cases) herausfiltern und binnen weniger Monate in ein vorzeigefähiges Produkt umsetzen. Ein geeignetes Beispiel wäre das Design einer Anwendung zum Personal Finance Management (PFM). Infrage kämen auch konkrete Verbesserungsvorschläge im Umfeld einer Bankfiliale. Der Vorteil liegt darin, dass sich während der Entwicklung flexibel auf Änderungen eingehen lässt. Der Haken: Größere IT-Projekte sind dadurch nicht zwangsläufig effektiver und kostengünstiger. Vor allem aber: Beim Einsatz agiler Methoden wie Scrum sollte man sich zwingend vom klassischen Hierarchie- und Rollendenken verabschieden. Deshalb lohnt es sich, im Pflichtenheft eine detaillierte Betrachtung der Potenziale und Grenzen zum bevorzugten Ansatz vorzunehmen. Lessons learned für Banken Bleiben wir mit Blick auf möglichst effiziente Finanzanwendungen beim Beispiel der Co-Creation via Scrum. Um die räumliche Distanz in einem verteilten Projekt zu überbrücken, reicht allein die Abstimmung via E-Mail, Telefon oder Voice Chat nicht aus, um das Team auf Tuchfühlung gegenüber den Projektzielen und Meilensteinen zu halten. Die fortlaufend enge, auch persönliche Rückkoppelung der Beteiligten ist zwingend notwendig, wenn Scrum funktionieren soll. Gänzlich unverzichtbar ist dabei die Unterstützung des Top-Managements, die bereits vor dem Start eines jeden Vorhabens einzuholen wäre, um auch im späteren Verlauf für eventuell notwendige Richtungswechsel die erforderliche Rückendeckung einzuholen. Dies kann beispielsweise dadurch geschehen, dass die Führungskräfte Videobotschaften zum Thema senden, mitdiskutieren oder aber an einem Workshop im Sinne eines Feedbackgebers ein ehrliches Interesse und Präsenz signalisieren. Gefragt ist bei der Zusammenstellung sowohl der Präsenzteams als auch der virtuellen Arbeitseinheiten zudem die richtige Mischung zwischen klarer Struktur und kreativem Chaos. Der Ideenprozess sollte insofern geordnet ablaufen, um jeden Fortschritt transparent, spürbar und für alle Beteiligten sichtbar zu machen. Das Leitmotiv: So viel Ordnung und Struktur wie notwendig, aber auch so viel kreatives Chaos wie möglich, um das Spannungsgefälle hoch zu halten. Der individuell dazu passende Mix aus strategischer Steuerung und kreativen Freiräumen kann unter Umständen auf einer Onlineplattform deutlich einfacher abzuwickeln sein als in einem Workshop mit physischer Präsenz der Teilnehmer. Auch hier unterstützt Scrum gerade die Arbeit der Präsenzteams auf wirkungsvolle Art und Weise und führt diese dynamisch an konkrete Ergebnisse heran. Zusätzliche Workshops können der Kreativität und dem freien Denken noch mehr Raum geben als eine reine Onlineplattform zum Schöpfen neuer Konzepte und Nutzungsszenarien. Ganz nebenbei können so externe Stakeholder auch Ideen zu internen Prozessverbesserungen anstoßen, da sie durch ihre unverstellte Sichtweise nicht Opfer des Tunnelblicks oder der Betriebsblindheit sind. Mit Blick auf das Gestalten eines Co-Creation-Kreislaufs via Scrum & Co. in der Finanzwirtschaft im strategischen Vorteil sind dabei meist kleinere und wendige Organisationseinheiten, sprich überschaubare Projekte, um die Prozessoptimierung möglichst rasch und dynamisch neu gruppieren oder umgestalten zu können, zumal durch niedrige administrative und technische Hürden die Infrastruktur im Unternehmen deutlich übersichtlicher ausfallen kann. Fazit: Chancen und Grenzen der neuen Kooperationskultur Schaut man sich die neue Landkarte in der globalisierten Finanzwelt an, so lässt sich unschwer erkennen, dass in Zukunft größere Teile der Wertschöpfungskette nicht mehr zentral, sondern dezentral orchestriert sein werden. Daraus allerdings eine grundlegende Revolution in der Demokratisierung des Finanzwesens auszurufen, erscheint vermessen. Fest steht aber auch, dass innovative Produkte auch jenseits von gängigen Pfaden neue Gestaltungsansätze erfordern, um alle beteiligten Parteien mit ins Boot zu holen. Gerade das Mittel der Co-Creation kann sich vor 62 diebank 2.2015

IT & KOMMUNIKATION ó diesem Hintergrund in seinen vielfältigen Gestaltungsformen als kreative Speerspitze erweisen, um neue Innovationskreisläufe zwischen unterschiedlichen internen und externen Spielern anzustoßen. Genau an der kreativen Schnittstelle zwischen Anbieter, IT-Dienstleister und Anwender im Netz können neue Methoden wie Scrum ihr dynamisches Potenzial ausspielen. Demgegenüber bleiben größere Vorhaben auch weiterhin nicht unberührt von klassischen Methoden von Projektsteuerung und -controlling. Insbesondere im Bereich der Applikations- und Softwareentwicklung im größeren Maßstab sowie der Integration und Migration von komplexeren Vorhaben sind gängige Vorgehensweisen keineswegs als obsolet zu betrachten. Im Idealfall ergänzen sich alte und neue Vorgehensweisen in einer sinnvollen Mixtur. Auf der Habenseite der agilen Methodik stehen am Ende vor allem ein besserer Informationsfluss und kürzere Entscheidungswege zwischen IT- und Fachabteilungen. Nicht zuletzt kann sich dieser strategische Vorteil auch auf der Kosten- und Effizienzseite bei Entwicklungsprojekten manifestieren, die im Idealfall einen rascheren Rückfluss des eingesetzten Kapitals und eine stärkere Bindung der Stakeholder an das jeweilige Vorhaben ermöglichen. ó Pro und Kontra: Agiles IT-Projektmanagement auf einen Blick Erstens – Höhere Geschwindigkeit und Produktivität des Teams mit zunehmender Adaption des Scrum-Rahmenwerks. Zweitens – höhere Motivation der Mitarbeiter, weil diese einerseits mehr entscheiden, andererseits aber auch regelmäßig Rechenschaft über das Geleistete ablegen. Dadurch mehr direkte Verantwortung und „kein Verstecken“ hinter dem Teamleiter, der den Rücken freihält. Drittens – Scrum setzt auf Transparenz. Fehler fallen aufgrund der entsprechenden Reporting-Artefakte früher auf. Eine entsprechend positive Fehlerkultur ist eine fixe Größe bei Scrum. Das Vorgehen zielt deshalb nicht darauf ab, Fehler zu vermeiden, sondern sie „so billig wie möglich zu machen” - und den daraus resultierenden Lerneffekt dynamisch zu maximieren. Viertens – Stakeholder und Kunden erhalten eine direkte Steuerungshoheit über die Projekte. Sie können das Projekt fachlich aktiv steuern, ohne sich technisch in der Tiefe mit jedem Projektdetail auseinanderzusetzen. Der enge Kontakt zum Team, die kurzen Feedback-Zyklen und die klare Priorisierung der Anforderungen machen den Fortschritt für alle Beteiligten nachvollziehbar. Fünftens – kein Orakel in der Projektkalkulation: Auftraggeber und Auftragnehmer verfügen gerade zu Beginn des Projekts über keine gläserne Kristallkugel, um alle Anforderungen, Aufwende und sonstigen Eventualitäten vorauszusehen. Demgegenüber lässt sich via Scrum auf Basis der vorliegenden Informationen „rollierend“ planen, verfeinern und anpassen. Co-Creation: So unterstützen Banken spannende Projekte mit Hilfe von Scrum Eine Co-Creation-Plattform benötigt intensives Management und Kommunikation. Die Matrix sollte deshalb unmittelbar und bewusst ins Innovationsökosystem eines Unternehmens eingepflanzt sein, um die maximale Hebelwirkung zu entfalten. Das Commitment des Top-Managements ist ein Muss - auch jede und jeder Mitarbeiter(in) sollte den Mehrwert in der Praxis erkennen, um eine möglichst breite Akzeptanz zu erzeugen. Offline-Events wie Workshops binden die Nutzer noch stärker. Nicht alles ist umsetzbar, was an Ideen in der Co-Creation entsteht, aber fast aus allen Aktivitäten lassen sich inspirierende Erkenntnisse gewinnen und neue Sichtweisen anregen. Nicht sofort an neue Produkte denken, stattdessen die Prozessverbesserungen im Auge behalten. Sich den Netzwerkgedanken und eine offene Unternehmenskultur zu eigen machen, um entsprechende Initiativen auf breiter Front zu verankern und so für mehr Durchschlagskraft zu sorgen. Bei jedem Vorhaben spielt das richtige Timing eine Rolle: Auf den Kontext achten, in dem der Mehrwert der jeweiligen Lösung geschaffen werden soll. Und: Partner, Mitarbeiter und Kunden als gleichberechtigt im Kreislauf der Ideenfindung betrachten. Sechstens – mehr Investitionsschutz für die Investoren. Denn die Wertbildung in Scrum geschieht nicht erst am Ende der gesamten Projektphase auf einen Schlag. Dadurch lassen sich Investitionen gezielter steuern und so eine niedrigere Kapitalbindung herstellen. Das Ziel: Senkung der operativen Kosten im IT-Betrieb (Opex versus Capex). 2.2015 diebank 63

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