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die bank 01 // 2023

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

MANAGEMENT

MANAGEMENT NUTZUNGSBASIERTE GESCHÄFTSMODELLE Pay Per Use und die Rolle der Banken Probleme in den Lieferketten, hohe Energiekosten, rückläufige Absatzzahlen und Corona – die Herausforderungen für Unternehmen erfordern mehr Flexibilität beim Einsatz von Maschinen und deren Finanzierung. Dabei tritt das Eigentum in den Hintergrund, da die Entscheider vielmehr an der Nutzung der Anlagen interessiert sind. Hersteller führen deshalb vermehrt Pay-Per-Use-Modelle ein, um eine bedarfsgerechte Nutzung zu bieten. Banken könnten dies mit flexiblen Finanzierungslösungen begleiten. 32 01 | 2023

MANAGEMENT Das Internet der Dinge (IoT) und die Transformation zur Industrie 4.0 werden Geschäftsmodelle und Finanzierungslösungen fundamental ändern. Der Einsatz von Sensorik und Cloud-Technologien ermöglicht eine Echtzeit-Datenerfassung der Maschinennutzung und eine Übertragung in die Buchhaltungssysteme. Die Analyse von Maschinennutzungsdaten kann große Mehrwerte bei der Optimierung der Geschäftsabläufe beim Kunden bieten und zudem ermöglichen, dass Maschinen im Rahmen von Predictive Maintenance so frühzeitig gewartet werden, dass den Kunden die Leistungserstellungen garantiert werden können. Die Kunden erhalten ein Rundum-sorglos-Paket und müssen sich nicht mehr um die Verbrauchsmaterialien und Wartung der genutzten Anlagen kümmern. Hersteller können mit diesem nutzungsbasierten Geschäftsmodell Neukunden gewinnen und durch Cross- und Upselling ihren Umsatz erhöhen. Pay per Use (PPU) vermindert die Kapitalbindung bei den Kunden, da diese nur noch Gebühren für die tatsächliche Nutzung der Maschinen (je nach Modell ggf. ergänzt um eine Grundgebühr) zahlen. Diese Capex-to-Opex-Transformation führt zu einer Bilanzverkürzung und Kennzahlenverbesserung bei den Nutzern, stellt Maschinenhersteller und ihre Finanzierer jedoch vor größere Herausforderungen. Einführung von PPU erfordert Umstellung bei Anbietern und Finanzierern Im IT-Bereich hat sich Software As A Service (SaaS) mittlerweile in vielen Unternehmen als flexible Lösung für die Software-Nutzung etabliert. In den letzten Jahren haben sich diese Services auch auf den Konsumbereich ausgedehnt. Es wurden Subskriptionsmodelle für Car Sharing und E-Roller, aber auch für Musik und Filme entwickelt. Dabei ist klar geworden, dass das Eigentum an den Gegenständen immer unbedeutender wird, während die bedarfsgerechte Nutzung und die Kundenzufriedenheit Treiber der Entwicklung sind. Streamingdienste können ihr Geschäftsmodell ohne größeren Aufwand auf eine höhere Kundenzahl erweitern. Im Anlagenbau müssen jedoch bei der Höherskalierung des Geschäftsmodells weitere Anlagen finanziert werden. Darüber hinaus müssen die Betriebsabläufe in den Unternehmen umgestellt werden: Nicht mehr der Absatz einer Anlage, sondern der Service rund um die Maschinen muss organisiert werden. IoT-Daten der Maschinen müssen nicht nur in die IT-Systeme der Hersteller, sondern auch bei deren Finanzierern integriert werden, um nutzungsabhängige Finanzierungslösungen abrechnen zu können. Die IT-Anbindung und Integration in die bisherige Systemlandschaft sind nicht nur bei den Herstellern, sondern auch bei den finanzierenden Banken umzusetzen. Bei den Herstellern werden andere nutzungsabhängige Kennzahlen für die Unternehmenssteuerung relevant, sodass die Kennzahlensysteme im Controlling überdacht werden müssen. Banken müssen das Rating für nutzungsbasierte Finanzierungen entsprechend erweitern. Dies kann sich nicht mehr allein auf eine Jahresabschlussanalyse des Herstellers stützen, sondern muss die variablen Cashflows der neuen Geschäftsmodelle berücksichtigen. Bei bisherigen Absatzfinanzierungen haben Auslastungs- und Restwertrisiken für die Finanzierung keine Rolle gespielt, da der Hersteller die Anlagen an seine Kunden verkauft oder verleast hatte. Im nutzungsbasierten Geschäftsmodell stellt der Hersteller die Anlagen „as a Service“ zur Verfügung und muss – je nach vertraglicher Ausgestaltung – einen mehr oder weniger großen Teil des Auslastungs- und Restwertrisikos tragen. Je nach Vereinbarung wird er (einen Teil der) Anlagen in der eigenen Bilanz behalten und diese höhere Kapitalbindung finanzieren müssen. Darüber hinaus werden bei der Einführung des neuen Modells zunächst höhere Kosten entstehen und die Umsatzerlöse gleichzeitig einbrechen, da die Hersteller die Verkaufserlöse für die Maschinen nicht mehr in einer Summe erhalten, sondern nutzungsabhängige Entgelte über die Nutzungsdauer der Anlage vereinnahmt werden. Diese zusätzliche Liquiditätslücke ist bei der Einführung von PPU-Angeboten zu berücksichtigen und bedeutet für die Finanzierungspartner, dass höhere Risiken seitens des Kreditnehmers bestehen können. Umgang mit Auslastungs- und Restwertrisiken wird relevant Das Geschäftsmodell von Banken besteht vornehmlich darin, die beschriebenen Liquiditätsengpässe durch Kredite zu schließen. Neu bei PPU-Modellen ist jedoch, dass die Auslastungs- und Restwertrisiken berücksichtigt und Finanzierungen bei PPU-Modellen individuell betrachtet werden müssen. Ein erster Schritt kann dabei sein, die Finanzierungs- oder Leasingraten zu flexibilisieren, um diese dem aus der Nutzung generierten Cashflow anzupassen. Hierbei kann mit einer festen monatlichen Grundrate und einer nutzungsabhängigen, flexiblen Zusatzrate gearbeitet werden. So erhält der Kreditnehmer die Möglichkeit, die Finan- 01 | 2023 33

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