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die bank 01 // 2022

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

#zvzukunft2022 DIGITALISIERUNG SCHWERPUNKT ZAHLUNGSVERKEHR Online-Fachtagung Zahlungsverkehr der Zukunft 16. Februar 2022 le Scoring- und Risikomodelle zur Verfügung. Allein im Jahr 2021 sind in Unternehmen, die sich als BNPL-Anbieter positionieren, ca. 4 Mrd. US-$ Venture Capital investiert worden. 4 Das – von vielen Marktteilnehmern unerwartete – Wachstum dieser Payment-Methode hat in vielen Ländern die Politik und damit auch die Regulierer auf den Plan gerufen. Denn der Verzug bei Rückzahlung von vereinbarten Zahlungsplänen kann bei Konsumenten zu hohen Zinsforderungen und Strafzahlungen führen, die – wenn nicht reguliert – zu einem Nachteil für die Käufer führen können. Da jüngst auch die großen Kartenorganisationen Mastercard und Visa angekündigt haben, BNPL-Services in ihre Plattformen zu integrieren, sollte davon ausgegangen werden, dass verschiedenste Ausprägungen von BNPL künftig nicht nur im klassischen Online-Handel anzutreffen sein werden, sondern auch in anderen Branchen. BNPL spielt sowohl bei karten- als auch bei kontobasierten Zahlungen eine Rolle im digitalen Bezahlen. Experten gehen davon aus, dass sich das Umsatzvolumen für BNPL in den kommenden fünf Jahren global auf fast 700 Mrd. US-$ verdoppeln wird, wovon ca. 30 Prozent auf Europa entfallen werden. Dass insbesondere Millennials diese Zahlungsmethode attraktiv finden und diese oftmals über den Checkout in App-basierten E-Commerce-Angeboten nutzen, zeigt auch hier wieder einmal, dass einfache User Experience im Mobile Commerce die traditionelle Erfahrung des Rechnungskaufs neu definiert. Zugleich findet im Kontext dieser Entwicklung rund um BNPL eine intensive Diskussion zum Thema Kundenschutz statt. Anbieter, Händler und Konsumenten werden sich auf mehr Regulierung und Aufklärung einstellen müssen, die die Aufsichtsbehörden zunehmend einfordern. Dies kann aber auch eine Chance für die weitere Entwicklung und Digitalisierung dieser Zahlungsmethode sein. Cloud-basierte Front- und Backend- Services ermöglichen neue Marktchancen Die Landschaft der Payment-Service-Provider verändert sich permanent, und sie wird immer komplexer. Neue Marktteilnehmer, neue Technologien und neue Kunden- und Marktanforderungen üben einen großen Veränderungsdruck auf die etablierten Marktteilnehmer aus, seien es Banken, Kartenorganisationen, Prozessoren oder Infrastrukturanbieter. Es sind nicht nur die großen BigTech-Unternehmen, wie Google, Amazon, Apple oder Meta (ehemals Facebook), die den Markt aufmischen. In allen Branchen (Verticals) der Finanzdienstleistung treffen wir heute auf zahlreiche junge FinTech-Unternehmen, deren Gründer sich die Möglichkeiten moderner Technologie zunutze machen, um traditionelle IT-Strukturen, Prozesse und Produkte infrage zu stellen. ÿ 2 Im Händlergeschäft greifen FinTechs alle Teile der traditionellen Wertschöpfungskette im Payment mit innovativer Payment-Technologie an, wie z. B. Cloud- oder Open Source Computing, Künstlicher Intelligenz oder innovativen Risikomanagement-Lösungen. Neben den bereits erwähnten Markplätzen sehen wir auch am POS im klassischen Handel zunehmend Cloud-basierte Kassenlösungen, die die Payment-Funktion bereits integriert haben. Hier wird für die Kartenzahlung bestenfalls noch ein Kartenlesegerät (Card Reader) angeschlossen oder die Tablet-Hardware ersetzt die klassische POS-Terminal-Hardware. Mit diesen integrierten Lösungsansätzen bekommen auch kleine und mittelgroße Händler Zugang zu kostengünstigen Mehrwertservices (z. B. Kasse, Warenwirtschaft, Kundenmanagement) und weiteren integrierten Finanzdienstleistungen (Embedded Finance) für Kunden, wie z. B. ein Kredit oder eine Versicherung, die dem Kunden im Moment des Kaufs angeboten werden. Große Anbieter, wie Lightspeed, Square oder Glover, drängen mit ihren Rundum-Angeboten dann oftmals den traditionellen Merchant-Acquirer oder POS-Dienstleister aus der Händlerbeziehung. Als Konsequenz haben etablierte große amerikanische Acquirer teilweise solche Software-Anbieter gekauft (so gehört Clover seit 2012 zu First Data/Fiserv). Auch in Deutschland gibt es Beispiele, dass Payment Provider mit solchen Fin- Tech-Software-Kassenanbietern kooperieren oder sich an diesen beteiligen. So stieg 2014 die Concardis-Gruppe bei Orderbird ein, und Unzer erwarb 2020 eine Beteiligung an Tillhub. Eine neue Entwicklung, die mit den Cloud-basierten Kassenlösungen zudem komplementär ist, sind die Software- POS-Produkte (SoftPOS), die seit kurzem, insbesondere bei kleinen Händlern, Einzug halten. Vorreiter dieser Lösung sind die sogenannten mobilen POS-Terminal-Lösungen (mPOS), die viele Merchant Acquirer neben dem klassischen POS-Terminal seit einigen Jahren in ihrem Angebot haben. Die mPOS-Lösung besteht noch aus einem kleinen Kartenlesegerät, das sich mit einer Payment-App auf dem mobilen Endgerät des Händlers verbindet. Beim SoftPOS hingegen entfällt die Kartenleser-Hardware. Die POS-Software wird einfach als App auf ein Android-Gerät geladen. Mit dem Gerät können dann alle kontaktlosen Karten oder Wallets auf Mobiltelefonen akzeptiert werden. Die Eingabe einer PIN erfolgt auf dem Screen des Android-Geräts. Das Telefon oder Tablet des Händlers wird zur Geschäfts- und Serviceplattform des Händlers und agiert als Kasse, POS-Terminal, Barcode- Scanner und oftmals auch als Display für den Kunden. Auch im Backend des Payment Processings entwickeln FinTechs Lösungen, die in den kommenden Jahren zahlreiche alte Mainframe-Processing-Lösungen (z. B. für das Aquiring-Processing) ablösen werden. 44 01 | 2022

Alle großen Acquirer (wie Fiserv, Worldpay oder Worldline) betreiben oftmals mehrere dieser Legacy-IT-Systeme, die sie im Lauf der Jahre durch Übernahmen erworben haben. Neue Anbieter, wie beispielsweise das holländische Start-up Silverflow, entwickeln neue Plattformen auf Basis einer Cloud-nativ Microservices-Architektur und der Anwendung von REST-basierender API-Technologie. Das ermöglicht ein automatisiertes, von der Nutzung abhängiges Skalieren. Damit erzielen solche Lösungen gegenüber den bisherigen Legacy-Acquiring-Processing-Systemen eine bisher unvorstellbare Flexibilität und Kosteneffizienz. Diese neuen Lösungen ermöglichen Aquiring Processing mit kurzen und automatisieren Release-Zyklen, einem starken Fokus auf die Bereitstellung von Daten für optimierte Transaktionsautorisierungen und innovative Betrugslösungen sowie den unmittelbaren und schnellen Zugang zu den neuesten Produkten und Funktionalitäten der Kartenorganisationen. Die Backend-IT wird damit in ihrer Komplexität deutlich reduziert und der Eintritt in das Merchant Acquiring auch für kleinere PSPs, Payfacs oder Banken (wieder) attraktiv. Im deutschen Markt wird z. B. die Deutsche Bank – als traditionelle Bank – diese neuen Dienste nutzen. 6 FAZIT Die traditionellen Payment-Dienstleister sehen sich großen Herausforderungen ausgesetzt. Der Handel erwartet jedoch nicht nur technologische Innovation, sondern auch einen optimalen Kundenservice. Selbst beim Einsatz neuer Technologie wird gerade der kleine Händler immer einen Fokus auf einen maximalen Kundenservice legen. Hier liegen noch viele Potenziale, die die Payment-Dienstleister als Differenzierungsmerkmal heben können. Und hier waren und sind die kleineren Payment-Anbieter oftmals besser aufgestellt als die Großen. Autor Marcus W. Mosen, studierter Betriebswirt, gehört seit über 20 Jahren zu den führenden Köpfen der Payment-Szene und bekleidete diverse Führungspositionen in der Branche, zuletzt als CEO bei Concardis. Heute ist er u. a. als unabhängiger Berater, Investor, Aufsichtsrat und Buchautor aktiv. 1 Vgl. Deutsche Bundesbank: Zur Zahlungsverkehrsstatistik meldepflichtige Zahlungsinstitute in 2021 (Stand: Dezember 2020). 2 Vgl. McKinsey (2020): The 2020 McKinsey Global Payments Report, S. 13. 3 Vgl. Mosen, M.W. (2021): Dynamik und Perspektiven im Digital Payment Ecosystem, in: Knörrer, D., Mosen, M.W., Moormann, J., Schmidt, D. (Hg.), Digitale Ökosysteme, S. 428. 4 Vgl. https://news.crunchbase.com/news/fintech-startup-vc-forecast-2022/Crunchbase (2022): „Fintech Led VC Investment Last Year” . 5 Vgl. https://www.businesswire.com/news/home/20200922005066/en/Buy-Now-Pay-Later-Digital-Spend-Led-by-Klarna-PayPal-Afterpay-to-Double-by- 2025-Reaching-680-Billion---Kaleido-Intelligence (2020): „Buy Now Pay Later Digital Spend“. 6 Vgl. Techcrunch (2021): https://techcrunch.com/2021/12/16/silverflow-nabs-17m-for-its-updated-cloud-based-take-on-payments-processingtechnology/?guccounter=1. 01 | 2022 45

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