REGULIERUNG PAYMENTS FOR ORDER FLOW Wäre ein Aus für die Nulltarif-Broker gerechtfertigt? In den letzten Jahren ist der Anteil an Retail-Anlegern in der EU stark gestiegen. Dies ging mit der Verbreitung von Neo- Brokern einher, die Payments for Order Flow (PFOF) nutzen. Dabei erhalten Broker Zahlungen Dritter für die Platzierung von Orders an bestimmten Handelsplätzen. Die Folge: Auf Einnahmen aus PFOF gestützt, können Anlegern Transaktionen mit deutlich geringeren direkten Kosten angeboten werden. Aus Aspekten des Anlegerschutzes will die EU-Kommission PFOF verbieten – zu Recht? Ein Verbot von PFOF dürfte die europäische Verbraucherschutzorganisation (BEUC) und die etablierten Börsen freuen. Sie lehnen PFOF schon seit längerer Zeit vehement ab und bringen diese Handelsform in Verbindung mit neu beobachteten Phänomenen wie dem koordinierten Handeln von Retail-Anlegern über Social-Media-Plattformen und dem übermäßigen Anstieg einzelner Werte (sog. „Memestocks“), der für viele dieser Retail-Anleger verlustreich endete, aber auch mit höheren (Gesamt-)Kosten beim Handeln. Die EU-Kommission scheint diesen Forderungen mit ihrem Entwurf zur Überarbeitung der Verordnung über Märkte für Finanzinstrumente (MiFIR) und dem Vorschlag eines Verbots von PFOF maximal entgegengekommen zu sein. Dieser Vorschlag dürfte viele Marktteilnehmer zeitlich und inhaltlich überrascht haben, zumal damit eine seit Jahren bestehende, nicht ausschließlich von Neo- Brokern genutzte und in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft umkämpfte Praxis ihr Ende finden würde. In zeitlicher Hinsicht fällt an diesem Vorschlag auf, dass die Kommission den Review- Prozess der MiFIR vorwegnimmt. Bisher war geplant, dass die europäische Wertpapierund Marktaufsichtsbehörde (ESMA) der Kommission mit der Veröffentlichung technischer Hinweise für eine Überarbeitung der MiFIR und der Richtlinie für Märkte für Finanzinstrumente (MiFID II) im ersten Halbjahr 2022 die Grundlage für Anpassungen der Regelungswerke zur Verfügung stellen sollte. 1 36 01 | // 2022
REGULIERUNG Evidenzbasierte Gesetzgebung erforderlich In Anbetracht der Tatsache, dass PFOF und die damit öfter in Verbindung gebrachten Entwicklungen unter Praktikern umstritten sind, verwundert es, dass die Kommission – anders als sonst üblich – sich vor allem mit Blick auf einen solch weitreichenden Vorschlag nicht auf eine gut fundierte Informationsgrundlage zu stützen scheint und insbesondere auch nicht die unterschiedlichen Stimmen im Markt hört. Inhaltlich überrascht der Vorschlag mit seiner Pauschalität. Bisher reagierte die Kommission auf (vermeintliche) Missstände, indem sie zunächst mildere Mittel auszuschöpfen suchte, bevor sie als letztes mögliches Mittel Verbote in Betracht zog. Von dieser bisherigen Praxis scheint die Kommission mit diesem Vorschlag abweichen zu wollen. Dabei sollte die Kommission einschränkende Maßnahmen für PFOF im Speziellen und bezogen auf sämtliche im Markt befindlichen Angebote im Allgemeinen nur dann er- 01 | // 2022 37
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