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die bank 01 // 2021

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

Online-Fachkonferenz

Online-Fachkonferenz #zvzukunft2021 Zahlungsverkehr der Zukunft 24. und 25. Februar 2021 SCHWERPUNKT ZAHLUNGSVERKEHR anderen Intermediären oder aber gar Banken nachgedacht werden. Zudem eignen sich Invisible Payments nicht für jeden Anwendungsfall: Beim Autohändler oder Juwelier ist eine solche Abrechnung schon allein aufgrund der Betragshöhe sicherlich ungeeignet, hier ist eine aktive Freigabe der Zahlung durch den Kunden sinnvoll. Ebenso hängt die zu erwartende Kundenakzeptanz auch von der wahrgenommenen Seriosität des Händlers ab: Großen Supermarktoder Tankstellenketten würden viele Nutzer tendenziell eher die automatisierte Abwicklung der Zahlung im Hintergrund erlauben als beispielsweise dem Sushi-Lieferanten aus der Nachbarschaft, bei dem nur gelegentlich bestellt wird. Die verschiedenen Möglichkeiten der Registrierung bzw. Zahlung verdeutlicht Abbildung ÿ 1. Regulatorischer Einfluss Die gesetzlichen Rahmenbedingungen sind in diesem Zusammenhang sowohl Hemmschuh als auch (unbewusster) Treiber. So wurde beispielsweise auf der einen Seite einer Lösung wie dem Amazon Dash Button regulatorisch ein Riegel vorgeschoben: Die physischen WLAN-Bestellknöpfe ermöglichten es Prime-Mitgliedern per Knopfdruck, Waschmittel, Windeln oder Rasierklingen zu bestellen und im Hintergrund zu bezahlen, doch da die Buttons nicht mit den Worten „zahlungspflichtig bestellen“ beschriftet waren und sich Amazon das Recht vorbehielt, den Preis zu ändern oder bei mangelnder Verfügbarkeit äquivalente Produkte zu schicken, erklärte das Oberlandesgericht München die Buttons im Januar 2019 für unzulässig. Die Buttons existieren seitdem nur noch digital. Auf der anderen Seite könnte die Notwendigkeit zur Starken Kundenidentifikation gemäß der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie (PSD2) unbewusst als Treiber für Invisible Payments fungieren. Denn Händler-initiierte Zahlungen werden explizit von der Vorgabe einer Starken Kundenauthentifizierung ausgenommen. Praktisch bedeutet dies, dass bei kunden-initiierten Zahlungen, die mit einem zweiten Faktor wie etwa 3D-Secure abgesichert werden müssen, oft hohe Abbruchraten beobachtet werden. Bei im Hintergrund vom Händler ausgeführten Zahlungen entfällt diese Pflicht jedoch, hier muss der Kunde sein Zahlungsin-strument nur einmalig konform registrieren, und alle Folgezahlungen funktionieren automatisch. Zahlungsabwicklung Aus Händlersicht stellt sich die Frage nach dem geeigneten Zahlungsmittel: Grundsätzlich sind Kartenzahlungen hierfür gut geeignet. Jedoch ist zu bemerken, dass „Credential on File“-Zahlungen grundsätzlich als „Card not present“, sprich E-Commerce Zahlungen, gehandhabt werden und mit entsprechend höheren Kosten für den Händler einhergehen als beim stationären Einsatz an der Kasse. Zudem ist die Kundendurchdringung bei Karten zwar hoch, jedoch ist die in Deutschland am weitesten verbreitete Girocard nicht für E-Commerce-Transaktionen geeignet. Eine weitere Option könnten Lastschriften darstellen, die grundsätzlich für jeden Inhaber eines Kontos anwendbar sind. Dabei ist das Mandatshandling für den Händler ein zusätzlicher Aufwand, und da Lastschriften durch den Kunden bis zu acht Wochen ohne Grund zurückgezogen werden können, bedarf es entsprechender Risikosysteme (und -kosten) für den Händler. Eine Alternative könnte auch Instant Payments – ggf. in Kombination mit dem kürzlich vom EPC lancierten Request to Pay (RTP)- Scheme – sein, wobei derzeit die Durchdringung noch zurückhaltend ist und es einer aktiven Zahlungsauslösung durch den Kunden bedarf, da Kunden in Deutschland bei Banken keine entsprechenden Regeln zur automatischen Auslösung hinterlegen können. Dies ist jedoch in anderen Ländern, beispielsweise bei 52 01 // 2021

SCHWERPUNKT ZAHLUNGSVERKEHR 1 | Invisible Payments Einmalige Registrierung Unsichtbare Auslösung Automatische Abwicklung 1. Erfassung Kundendaten 2. Hinterlegung Zahlungsinstrument (Konto / Karte / alt. Zahlungsmethode) 3. Ausstellung Mandat für händlerinitiierte Trx 1. Erkennung Kunde 2. Erkennung Ware / Dienstleistung 3. Entsprechende Zahlungsauslösung und Notifizierung 1. Abbuchung vom Kundenkonto / Karte oder alt. Zahlungsmethode 2. Gutschrift beim Händler 3. Zuordnung Transaktion und Buchung Quelle: Eigene Darstellung. der Schweizer Digitalrechnung „ebill“, der Fall: Hier kann ein Kunde z. B. hinterlegen, dass alle Zahlungsaufforderungen eines Mobilfunkanbieters unter der Summe von 30 Schweizer Franken im Monat automatisch zur Zahlung ausgelöst werden. Eine solche Lösung wäre auch durch deutsche Banken umsetzbar, womit man eine attraktive und kostengünstige Grundlage für Invisible Payments ohne die Abhängigkeit von Card Schemes schaffen könnte. Chancen für Banken Der Zahlungsverkehr war in den vergangenen Jahren von Innovationen an der Kundenschnittstelle geprägt. Viele Marktteilnehmer haben dort mit eigenen Lösungen agiert oder versucht, diese zu platzieren. Viele Banken setzen mittlerweile jedoch auf die [x]-Pays der großen, internationalen Technologiekonzerne wie Apple, Samsung oder Google und haben damit einen Intermediär zwischen Endkunden und eigener Wertschöpfung gefunden. Invisible Payments könnten ein erneuter Katalysator für Veränderungen dieser Machtgefüge sein. Sofern Banken es schaffen, Händler bei der Einführung von smarten Anwendungsfällen von Invisible Payments aktiv zu unterstützen und damit den Wegfall dieser auf den aktiven Bezahlvorgang optimierten Lösungen zu beschleunigen, könnte im Wettstreit um die Hoheit im Retail-Zahlungsverkehr Boden gutgemacht werden. Um dieses Potenzial zu heben, wären zunächst geeignete und auf das eigene Kundenportfolio abgestimmte Use Case Cluster zu identifizieren und dabei aktiv mit Verbänden (z. B. für den Öffentlichen Personenverkehr) sowie andererseits relevanten Dienstleistern (intelligente Regale, Videoüberwachung, Kundenidentifikation, etc.) zu kooperieren. FAZIT Die Abschaffung der Kundenschnittstelle bei der Zahlungsauslösung könnte der nächste evolutionäre Schritt in der Entwicklung von Einkaufserlebnisses sein. Die sinnvolle Anwendung ist jedoch für jede Branche und jeden Vertriebskanal separat zu bewerten. Die Verbreitung von Invisible Payments ist somit für spezifische Anwendungsfälle wie Tanken oder Parken stärker zu erwarten als beim klassischen, stationären Supermarkt mit Vollsortiment. Unabhängig vom Anwendungsfall könnten Banken jedoch von ihren Assets profitieren und in Zusammenarbeit mit dem Handel Lösungen fernab der etablierten Zahlungsinstrumente und Kundenschnittstellen platzieren. Es gilt also einmal mehr, proaktiv technologischen Fortschritt und regulatorische Rahmenbedingungen zu nutzen, diese aktiv mitzugestalten und in strategische Potenziale zu investieren, bevor es andere tun. Da Banken nicht nur Guthaben verwalten und Zahlungen abwickeln, sondern auch über verifizierte Kundendaten (also digitale Identitäten) verfügen, sind diese für Invisible Payments in einer einzigartigen Position, um beispielsweise notwendiges Vertrauen auf Käufer und Händlerseite sicherzustellen. Herausragende Lösungen für Händler im Zahlungsverkehr können dann auch den Vertrieb weiterer integrierter und margenstarker Dienstleistungen wie Absatzfinanzierung, Ratenzahlung oder Absicherung von Auslandshandel fördern. Des Weiteren sind Invisible Payments keine reine B2C-Angelegenheit. Im Rahmen von Industrie 4.0 kann zum Beispiel auch die Beschaffung und Bezahlung von Ersatzteilen komplett autonom durch eine Maschine erfolgen. Durch zweckmäßige Schnittstellen zu Geschäftskonten, etwa auf Basis des EBICS- Standards und Verknüpfungen in Buchhaltungssystemen, können Banken auch in diesem Ökosystem eine wichtige Rolle einnehmen und sich als Industriepartner positionieren. Autoren Johannes Steinbrecher betreut als Senior Expert Manager bei CORE SE unterschiedlichste Projektvorhaben im Bereich Zahlungsverkehr und fokussiert dabei auf Akzeptanzlösungen für Händler im E-Commerce und im stationären Handel. Dominik Siebert ist Managing Partner im gleichen Unternehmen und verantwortet vorwiegend Projekte im Bereich des Zahlungsverkehrs in der DACH-Region. Dabei reicht der Wirkungsbereich von der Konzeptionierung bis zur Umsetzungssteuerung und Vermarktung. Fabian Meyer ist Managing Director im gleichen Unternehmen. Er verantwortet die Umsetzung komplexer Transformationsprojekte mit dem Schwerpunkt auf Digitalisierungsvorhaben sowie Zahlungsverkehr in der Finanzindustrie. 01 // 2021 53

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