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die bank 01 // 2021

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

DIGITALE

DIGITALE ZENTRALBANKWÄHRUNG – CBDC II Die Frage ist nicht ob, sondern wann Acht von zehn Zentralbanken forschen laut einer Studie der Bank for International Settlement zu einer fundamentalen Innovation im Bereich digitaler Zahlungsmittel: der digitalen Zentralbankwährung bzw. Central Bank Digital Currency (CBDC). Aktuell evaluiert die EZB die Spezifikationen eines digitalen Euros, und China hat die Einführung seiner digitalen Währung DCEP für Februar 2022 angekündigt. Die Gründe für diese Entwicklung reichen vom Wunsch nach höherer Effizienz und Sicherheit im digitalen Zahlungsverkehr bis hin zu mehr finanzieller Inklusion. Digitales Einkaufen und Bezahlen erlebt nicht erst seit der Covid-19-Pandemie einen starken Aufschwung. Durch den Boom des Online Shoppings erfreuen sich digitale Zahlungsmittel ständig wachsender Beliebtheit. Dahinter verbergen sich in der Regel jedoch bestehende, seit langem etablierte Infrastrukturen. Lediglich die Zugangsmöglichkeiten dazu verlagern sich zunehmend auf digitale Endgeräte wie Notebooks oder Smartphones. Manche der bislang angebotenen digitalen Zahlungsmittel werfen kritische Fragen zur Transparenz, zur Datenintegrität und zum Schutz der Privatsphäre auf. Nicht zuletzt erschweren und verteuern die systemimmanenten Medienbrüche in der Zahlungskette mit ihren vielen beteiligten Akteuren die notwendigen Sicherungsmaßnahmen gegen Betrug, Fälschung oder Datendiebstahl. Ähnliche Einschränkungen gelten auch für sogenannte Kryptowährungen wie zum Beispiel Bitcoin oder Ethereum. Im Gegensatz zu echten Währungen sind sie weder gesetzlich legitimiert noch bieten sie einen universellen Zugang zum Zahlungsverkehr. Diese Krypto-Assets sind nicht nur erklärungsbedürftig und durch ihre Volatilität eher als ein Spekulationsobjekt denn als ein Zahlungsmittel zu betrachten. Sie sind auch abhängig vom durchgängigen Zugang zu Breitbandnetzen und in verwirrend vielen konkurrierenden Formaten auf dem Markt. Als universelles digitales Tausch- und Zahlungsmittel haben sie sich bislang nicht etablieren können. Kritisch zu betrachten sind auch private Digitalwährungen, sogenannte Stablecoins, wie Facebooks Diem-Projekt. Sie versprechen zwar durch eine gewisse Steuerung eine geringere Volatilität, stehen aber nicht für einen gesetzlich legitimierten, von einer Zentralbank abgesicherten monetären Wert. Doch für souveräne staatliche Währungsinstitutionen ist die Geldwertstabilität ein vorrangiges Ziel. Denn sie handeln im öffentlichen Interesse und bieten damit ein Werteversprechen, dem die Bevölkerung vertrauen kann. Nur unter dieser Voraussetzung kann eine digitale Währung die gleichen Funktionen wie Bargeld erfüllen – als Tauschmittel, als Recheneinheit und als Wertaufbewahrung. 40 01 // 2021

SCHWERPUNKT ZAHLUNGSVERKEHR CBDC als sichere digitale Ergänzung zu Bargeld Anonymität, staatliche Souveränität und Datenschutz müssen auch für Digitalwährungen gelten, sie sind die Voraussetzung für die Akzeptanz in der Bevölkerung. In der bisher gültigen Praxis digitaler Zahlungsmittel können diese unverzichtbaren Parameter nur unzureichend gewährleistet werden. Aus diesem Status quo leitet sich folgerichtig die Notwendigkeit einer allgemeingültigen und -verfügbaren öffentlichen Digitalwährung ab. Eine digitale Zentralbankwährung (CBDC) verbindet die Vorteile des Bargelds mit der Schnelligkeit und Bequemlichkeit digitaler Bezahloptionen. Bargeld ist für den Nutzer kostenfrei, es besitzt globale Akzeptanz, seine Sicherheit wird kontrolliert, es schützt die Privatsphäre und kann von jedem genutzt werden – ganz unabhängig von digitalen Endgeräten und digitaler Infrastruktur. Diese Parameter müssen auch von einer CBDC erfüllt und bei deren Design-Kriterien berücksichtigt werden. Dann ist eine CBDC die sichere digitale Ergänzung zu Bargeld, mit der Menschen überall untereinander bezahlen, Geld versenden und Einkäufe tätigen können. Mit ihr wird das Bezahlen einfach und für alle zugänglich, ohne versteckte Gebühren oder die Preisgabe von Daten. Die Nutzung ist kostenfrei, anonym und ausfallsicher für jedermann möglich – auch offline. Aufgrund der Ausgabe durch die jeweilige Zentralbank besitzt eine CBDC eine hohe Legitimität und Vertrauenswürdigkeit in der Bevölkerung. Die Balance of Power im Bankenwesen bleibt stabil Die Einführung einer Central Bank Digital Currency soll und darf das mit Bedacht gestaltete Gleichgewicht zwischen öffentlichen und privaten Institutionen nicht destabilisieren. Das Verhältnis zwischen Zentral- und Geschäftsbanken muss vielmehr erhalten bleiben. Zentralbanken brauchen und wollen ihr Mandat auch im digitalen Bezahlen nicht verändern. Sie bleiben wie bisher im Hintergrund und treten selbst nicht in direkten Kontakt zum Kunden und damit nicht in Konkurrenz zu Geschäftsbanken. Sie hätten jedoch zusätzliche Möglichkeiten zur besseren und reaktionsschnelleren Steuerung der Geldmenge, was wiederum zur Stabilität des Finanzwesens und einer effizienteren Geldpolitik beiträgt. Die bewährte Rollen- und Aufgabenteilung zwischen Zentralbanken, Kundenbanken und Finanzdienstleistern, bei der die Konsumenten dezentral versorgt und betreut werden, kann also erhalten bleiben. Die Einführung einer allgemeinen CBDC öffnet Geschäftsbanken den Weg für neue digitale Geschäftsmodelle und zusätzliche Umsatzund Wachstumschancen. Dies gilt insbesondere auch für das Bezahlen auf neuen Marktplätzen, die durch verknüpfte Werteketten und Smart Contracts entstehen, also elektronische Verträge, die hinterlegte Regeln automatisch überwachen und definierte Aktionen bei einem Trigger-Event selbsttätig ausführen können. Europäische Souveränität beim Bezahlen gefordert Zahlreiche europäische Geschäftsbanken haben sich 2020 zur European Payments Initiative (EPI) im Eurosystem zusammengeschlossen, um eine einheitliche europaweite Bezahllösung für Kunden und Händler zu schaffen. Sie wollen damit die Fragmentierung der europäischen Bezahl-Märkte aufheben und ein Gegengewicht zu außereuropäischen Zahlungsverkehrs-Ökosystemen schaffen. Gleichermaßen sollte die Einführung einer digitalen, öffentlichen Währung im Euroraum stärker auf die politische Agenda gehoben werden und zügig in ein konkretes Projekt der Währungshüter münden. Die Präsidentin der Europäischen Zentralbank EZB Christine Lagarde hat mit ihrem Vorstoß in diesem Sommer bereits das richtige Signal dazu gegeben. Nun ist es essenziell, dass alle am Währungskreislauf Beteiligten an der Diskussion um die Rahmenbedingungen und Ausgestaltung eines digitalen Euros partizipieren und so gemeinsam an der Zukunft unseres Währungssystems mitwirken. Es geht um nicht weniger als die Sicherung der finanz-, währungs- und wirtschaftspolitischen Souveränität der europäischen Staaten und ihrer Bürger, und darüber hinaus um den Schutz europäischer Grundwerte insgesamt. FAZIT Der Einfluss von zentralbankgesteuerten Digitalwährungen auf die Zukunft des Finanzund Bankenwesens, und darüber hinaus auf die ökonomische Entwicklung insgesamt, kann kaum überschätzt werden. Die Frage ist nicht, ob eine CBDC eingeführt werden sollte oder nicht, sondern wann: Nur Länder, die sich jetzt mit der Einführung einer digitalen Zentralbankwährung auseinandersetzen, haben die Chance, die Rahmenbedingungen und Spielregeln der digitalen Währungsordnung aktiv mitzugestalten. Und das wird auch Auswirkungen auf die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit eines Landes oder eines Wirtschaftsraums haben. Gerade hier ist Europa zum Handeln aufgefordert. Autor Dr. Wolfram Seidemann ist Vorsitzender der Geschäftsführung von Giesecke+Devrient Currency Technology. Er hat Elektrotechnik und BWL studiert und seinen Doktortitel für Innovationsmanagement an der Technischen Universität München erhalten. 01 // 2021 41

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