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die bank 01 // 2018

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

DIGITALISIERUNG FINTECHS

DIGITALISIERUNG FINTECHS IM FIRMENKUNDENGESCHÄFT Erhebliche Markteintrittschancen Noch spielen die etwa 40 in Deutschland im Firmenkundengeschäft aktiven FinTechs mit einem Marktanteil von unter 0,1 Prozent eine untergeordnete Rolle. Doch ihr Potenzial ist erheblich: Bis zum Jahr 2025 könnte ihr Marktanteils auf bis zu zehn Prozent steigen, belegt eine aktuelle Studie. Demnach stehen 3,4 Mrd. € Bruttoertrag p. a. aus dem Firmenkundengeschäft der deutschen Banken und Sparkassen „im Feuer“. In Deutschland werden 27 Prozent der Bruttoerträge in Banken und Sparkassen mit dem Firmenkundengeschäft erzielt. Das Gesamtergebnis der deutschen Kreditinstitute wird durch die im Vergleich zum Privatkundengeschäft gute Cost Income Ratio durch die gewerblichen Segmente getragen. So erzielten 2016 alle Kreditinstitute einen Bruttoertrag von insgesamt 128 Mrd. €, wovon alleine 34 Mrd. € auf das Firmenkundengeschäft entfallen. Diese Dimensionen lassen Rückschlüsse darauf zu, welche Auswirkungen ein auch nur teilweiser Verlust dieser Bruttoerträge auf die Gesamtrentabilität haben kann. FinTech-Investoren hingegen sehen dieses Verlustpotenzial aus einer gänzlich anderen Perspektive, denn FinTechs suchen skalierbare Geschäftsmodelle, um die notwendige Phantasie aufseiten der Investoren zu wecken. Unterschiedliche Regularien in den einzelnen Ländern schränken diese Skalierbarkeit jedoch erheblich ein. Daher muss das Marktvolumen im einzelnen Zielmarkt groß genug sein, damit ein Markteintritt sinnvoll ist. Bezogen auf den deutschen Markt ist dies gewährleistet. Hinzu kommt, dass das gewerbliche Online-Angebot bei Banken und Sparkassen noch gering ist. Die Eröffnung eines Girokontos ist bei einzelnen Instituten für kleine Geschäftskunden unter Nutzung der Videolegitimation zwar möglich, die abschließende Beantragung und Auszahlung eines Kleinkredits im gewerblichen Segment bleibt jedoch die Ausnahme. Dieses Fremdbild deckt sich mit dem Eigenbild der Banken und Sparkassen. So schätzen 60 Prozent der von SSC Management Consult befragten Vorstände und Führungskräfte das eigene Online-Produkt- und Serviceangebot als „schwach“ oder sogar „sehr schwach“ ein. Trotz des großen Marktvolumens und der geringen Ausprägung des Online-Angebots auf der Bankenseite ist es bislang keinem FinTech gelungen, sich einen signifikanten Marktanteil im Firmenkundengeschäft zu erschließen. Die Anbieter Holvi, 64 01 // 2018

DIGITALISIERUNG Kontist und Fidor Bank teilen sich den Markt bei Geschäftskonten und liegen in Summe bei 0,1 Prozent. Nur ein Zehntel dieses Werts (0,01 Prozent) ist der Marktanteil derzeit im Kreditgeschäft. Die Dynamik zur Erschließung des Firmenkundenmarkts durch Fin- Techs wird bislang aufgrund geringer Erträge gehemmt. So schreibt beispielsweise der seit 2010 aktive Online-Kreditmarktplatz Funding Circle hohe Verluste, obwohl seit Markteintritt 19.000 Kredite mit einem Gesamtvolumen von 2,24 Mrd. € vermittelt werden konnten. Banken und Investoren gehen trotz dieser langen Anlaufphase von einem starken Wachstum der FinTechs in den nächsten fünf Jahren aus. 49 Prozent der Banken und Sparkassen erwarten ein Wachstum der FinTechs. Unter den Investoren gehen sogar 57 Prozent der Befragten davon aus, dass FinTechs sich zukünftig signifikante Marktanteile erkämpfen werden. Banken und Sparkassen kennen ihre Schwächen, denn nur 36 Prozent der befragten Vorstände und Führungskräfte gehen davon aus, dass Produkt- und Serviceinnovationen durch die Kreditinstitute selbst oder durch die angeschlossenen Rechenzentren vorangetrieben werden. Fast die Hälfte der Befragten glaubt, dass FinTechs die Treiber von technologischen Neuentwicklungen sein werden. Investoren schätzen dies teilweise anders ein. 71 Prozent der Befragten sehen FinTechs als Treiber der Entwicklung; 29 Prozent glauben, dass die Anbieter von ERP-Systemen den Markt im Firmenkundengeschäft verändern werden. Diese Einschätzung ist plausibel, zumal ein ERP-Anbieter wie SAP mit Orbian ein Technologieunternehmen in der Lieferantenfinanzierung aufgebaut hat. Durch den Zugriff auf die ERP-Systeme ist es für Orbian oder andere durch ERP-Anbieter gesponsorte Fin- Techs möglich, die Zahlungsströme von Unternehmen durch Algorithmen zu analysieren und dem Firmenkunden Hilfestellungen zur Optimierung des Working Capital zu geben. Die Algorithmen zeigen den Bedarf zur Erhöhung der Kreditlinie an und berechnen die optimalen Zahlungsziele für Eingangs- und 01 // 2018 65

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