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die bank 01 // 2017

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

REGULIERUNG Hindernisse

REGULIERUNG Hindernisse zu identifizieren, bedarf es eines umfassenden Verständnisses in Bezug auf die Struktur und die Governance der jeweiligen Bank. Grundlage hierfür bildet die strategische Unternehmensanalyse. Ziel ist es, einen detaillierten Überblick über die Bank zu geben, sodass sich sowohl die Abwicklungsfähigkeit als auch die bevorzugte Abwicklungsstrategie nachvollziehbar ableiten lassen. Neben einer Darstellung der Aufbauorganisation und verschiedenen quantitativen Größen (Bilanzzahlen, Ertragslage, regulatorische Größen etc.), ist ein weiterer Aspekt das Geschäftsmodell als solches. Dieses dient als Ausgangspunkt für die Identifikation der wesentlichen Geschäftsaktivitäten und der damit verbundenen kritischen Funktionen. Eine Bank kann mehrere wesentliche Geschäftsaktivitäten besitzen. Jede dieser Geschäftsaktivitäten kann wiederum eine Vielzahl an Produkten oder Dienstleistungen enthalten, von denen eine oder mehrere kritisch sein können. Sofern keine kritischen Funktionen vorliegen, bedarf es ceteris paribus keiner Absicherung der Finanzmarktstabilität, sodass für gewöhnlich eine klassische Insolvenz durchgeführt werden kann. Mit Blick auf die Definition einer kritischen Funktion ist zu beachten, dass eine für das Institut notwendige Funktion nicht notwendigerweise auch für das gesamte Finanzsystem relevant ist. Eine kritische Funktion weist folgende Merkmale auf: ZZ eine Aktivität, Funktion oder Dienstleistung, welche für einen Dritten erbracht wird, der nicht Teil der Gruppe ist; ZZ der plötzliche Ausfall dieser Funktion würde höchstwahrscheinlich einen materiellen Einfluss auf Dritte haben, Ansteckungsgefahr bergen oder das allgemeine Vertrauen in Markt und Marktteilnehmer untergraben aufgrund der Systemrelevanz der Funktion für Dritte bzw. der Systemrelevanz des G-SIFI hinsichtlich der Bereitstellung der Funktion. Daneben gibt es Unterstützungsleistungen für kritische Funktionen. Ein Kernmerkmal dieser ist, dass der plötzliche und ungeregelte Ausfall oder die Fehlfunktion zu einem Zusammenbrechen oder einer gravierenden Behinderung von einer oder mehreren kritischen Funktionen führen würde. Bei der Bestimmung der Unterstützungsleistung ist die Frage nach der Schwere der Konsequenzen eines Ausfalls von Relevanz. Zudem muss gefragt werden, wie schnell ein Ausfall der Unterstützungsleistung zum Zusammenbruch einer oder mehrerer kritischer Funktionen führt. Beispiele hierfür sind IT-Systeme oder die Finanzmarktinfrastruktur (FMI). Wichtig ist deren Zuordnung zu bereits definierten kritischen Funktionen. Ein weiterer, wichtiger Aspekt bei der strategischen Unternehmensanalyse ist die Prüfung der Verlustabsorptionsfähigkeit der Bank, wobei differenziert wird, ob Verluste auf Ebene der Mutter- oder der Tochtergesellschaft absorbiert werden. Hierbei sind zum einen mögliche Verträge innerhalb einer Gruppe (z. B. Gewinnabführungsverträge) zu betrachten, die die Übertragung sowohl von Gewinnen als auch von Verlusten vorschreiben. Zum anderen ist die Höhe der absorptionsfähigen Mittel zu berechnen. Ebenfalls zu betrachten ist die Separierbarkeit einzelner Bereiche innerhalb der Bank. Dies spielt für die Ausarbeitung struktureller Maßnahmen eine wichtige Rolle. Da die strategische Unternehmensanalyse als Basis für Abwicklungsstrategien, Abwicklungsansätze und die gesamte Abwicklungsplanung dient, ist es auch im Eigeninteresse einer Bank, sich bereits im Vorfeld weitgehend auf eine detaillierte Aufstellung aller Informationen vorzubereiten. Abwicklungsstrategie unter Nutzung des Bail-in-Instruments Im Rahmen der Abwicklungsplanung stellt das Bail-in ein zentrales Instrument dar. Hierbei lässt sich zwischen zwei Sachverhalten unterscheiden: ZZ Herabschreibung von Kapitalinstrumenten bzw. Wandlung ZZ Beteiligung von Gläubigern an den Verlusten. Bei dem zuerst beschriebenen Vorgehen tragen die Eigentümer die Verluste bzw. es handelt sich um eine Umwandlung innerhalb des Eigenkapitals. Deshalb geht es nur bei dem danach genannten Sachverhalt um einen Bail-in im engeren Sinn. Zur Gewährleistung einer konkreten und nachvollziehbaren Heranziehung von Gläubigergeldern wurde eine strikte Haftungskaskade entwickelt. Hierbei war dem Gesetzgeber wichtig, bestimmte Verbindlichkeiten auszuschließen, um etwaige negative Folgen (z. B. Bank Runs) für die Finanzmarktstabilität zu vermeiden. Mit Blick auf die Haftungskaskade ist hervorzuheben, dass die Abfolge zurzeit noch von Land zu Land unterschiedlich ausgestaltet ist. Um unabhängig von besagter Diskussion über die Reihenfolge ausreichend Masse zur Verlustabsorption zur Verfügung zu haben, wurde von den aufsichtlichen Behörden eine Mindestanforderung entwickelt. Während auf globaler Ebene die Total Loss Absorbing Capacity (TLAC)-Vorgaben für global systemrelevante Banken vom Financial Stability Board (FSB) ausgearbeitet und 2015 veröffentlicht worden sind, wurden auf europäischer Ebene die Minimum Requirement for Own Funds and Eligible Liabilities (MREL)-Vorgaben mit vergleichbarer Zielsetzung geschaffen. Die Mindestanforderung an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten ist eine institutsspezifische Anforderung und soll einen Beitrag zur Verlustabsorptionsfähigkeit bei einer Abwicklung der Banken gewährleisten. Die Haftungskaskade beginnt mit der Herabschreibung von Kapitalinstrumenten. Erst im zweiten Schritt – sofern notwendig – wird der tatsächliche Bail-in durchgeführt. Hierbei werden die Gläubiger an den Verlusten beteiligt. Sind die Verluste vollständig absorbiert, erfolgt im nächsten Schritt die Rekapitalisierung. Falls noch vorhanden, können zunächst Kapital- 36 01 // 2017

REGULIERUNG instrumente gewandelt werden (z. B. von AT1 in CET1). Zur weiteren vollständigen Rekapitalisierung werden anschließend Gläubigerforderungen in Eigenkapitalinstrumenten herangezogen. Dies erfolgt unter Berücksichtigung der Haftungskaskade und wird bis zur vollständigen Erreichung des von der Abwicklungsbehörde vorgegebenen Rekapitalisierungsbetrags durchgeführt. Sofern es nach Anwendung des Bail-in-Instruments dennoch notwendig ist, die Bank finanziell zu unterstützen, hat die Abwicklungsbehörde unter bestimmten Voraussetzungen Zugriff auf den SRF. Mit Blick auf die Praxis lassen sich zwei Aspekte festhalten. Zum einen wurde deutlich, dass sich die anfänglichen Herausforderungen auf die Beschaffung der Daten konzentrieren. So hat sich gezeigt, dass sich die notwendigen Daten sehr häufig nicht in einem, sondern in verschiedenen Systemen befinden. Nicht zuletzt können einzelne Entitäten innerhalb einer Gruppe unterschiedlichen Gesetzen oder Rechnungslegungsstandards unterliegen, was zumeist manuelle Nacharbeiten erforderlich macht. Um dies in Zukunft zu vereinfachen, sollten Banken bereits jetzt Prozesse aufsetzen, um solche Regelmeldungen fortan weitgehend automatisiert bearbeiten zu können. Zum anderen sind die Anforderungen in Bezug auf die MREL- Quote, ihre Ermittlung / Festlegung durch die Behörde und ihre Gültigkeit in Abgrenzung zu sonstigen Kapitalpufferanforderungen noch zu konkretisieren. Erste Indikationen liegen jedoch bereits vor. Abwicklungsstrategie unter Nutzung struktureller Maßnahmen Neben dem zuvor erläuterten Bail-in gibt es, wie oben erwähnt, weitere Abwicklungsinstrumente in Form von strukturellen Maßnahmen, nämlich ZZ Unternehmensveräußerung ZZ Übertragung auf ein Brückeninstitut ZZ Übertragung auf eine Vermögensgesellschaft. Sämtliche strukturellen Maßnahmen beinhalten eine Aufteilung des Bankbetriebs, sodass grundlegende Fragen in Bezug auf die Separierbarkeit zu klären sind. Auf Basis der strategischen Unternehmensanalyse wird diese insbesondere mit Blick auf kritische Funktionen, Kerngeschäftsfelder und Verflechtungen betrachtet. Wichtig ist, im ersten Schritt die Bereiche zu identifizieren, die kritische Funktionen bereitstellen. Im zweiten Schritt gilt es, den Bereich einzugrenzen, der finanziell, operationell, technologisch und rechtlich vom Rest des Instituts abgesondert werden muss, um den Fortbestand der kritischen Funktion zu gewährleisten. Da der rechtliche Aspekt jedoch noch nie praktisch umgesetzt wurde, existieren zurzeit nur theoretische Erkenntnisse. Die Vielfalt der involvierten Dienstleistungen lässt sich anhand der Kreditvergabe beispielhaft darstellen: 1. Markteinheit: Initiiert den Kredit. 2. Marktfolgeeinheit: Prüft, ob das Geschäft rentabel und im Sinne der Bank ist. 3. Treasury: Verantwortung für die Refinanzierung. 4. Risikocontrolling: Überwachung der Limite. 5. Back-Office: Regelung des Zahlungsverkehrs. 6. IT: Garantiert den technischen Ablauf sowie das Datenmanagement. 7. Rechtsabteilung: Aufsetzen des Vertrags und rechtliche Absicherung. Im Fall struktureller Maßnahmen muss die Separierbarkeit und etwaige Übertragung der zuvor erwähnten Bereiche auf ein anderes Institut gesichert sein. Des Weiteren ist die Umsetzbarkeit der einzelnen Arbeitsschritte hinsichtlich Personal, räumlicher Infrastruktur etc. zu gewährleisten. Die Fragestellungen sind vergleichbar zu denen aus dem Business Continuity Management, sodass sich hieraus mögliche Synergieeffekte ergeben können. Es ist zu empfehlen, etablierte Instrumente und Methoden für Zwecke der Abwicklungsplanung zu nutzen bzw. weiterzuentwickeln. Geschäftsbetrieb in der Abwicklung Der Geschäftsbetrieb in der Abwicklung ist unter verschiedenen Gesichtspunkten zu betrachten. Wichtig ist sowohl die Unterscheidung zwischen Bail-in und strukturellen Maßnahmen als auch die zwischen SPE und MPE. Wird das Bail-in als Abwicklungsinstrument gewählt, kommt es neben der Rekapitalisierung zwangsläufig auch zu strategischen Änderungen, welche im Reorganisationsplan niedergeschrieben werden müssen. Neben einer Ursachenanalyse muss aufgezeigt werden, wie die Abwicklungssituation in Zukunft verhindert werden soll. Letzteres muss auf Grundlage glaubwürdiger Annahmen und konkreter Leistungsindikatoren geschehen. 01 // 2017 37

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