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die bank 01 // 2016

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

ó BETRIEBSWIRTSCHAFT

ó BETRIEBSWIRTSCHAFT Allianz gegen Geldwäsche 4. EU-ANTI-GELDWÄSCHERICHTLINIE Das Ausmaß, in dem Terrorgruppen Unterstützung für sich mobilisieren können, ist deutlich gestiegen, und viele von ihnen sind zweifellos sehr gut finanziert. In dem Bemühen, dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten, arbeiten Finanzinstitute, Strafverfolgungsbehörden und viele Regierungen auf der ganzen Welt zusammen, um die bestehende Anti-Geldwäschegesetzgebung zu verbessern. Die neue Geldwäsche-Richtlinie verfolgt einen risikobasierten Ansatz. Vor allem soll mit der EU-Richtlinie der gezielte Austausch von Informationen auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene weiter verbessert werden. Jennifer Hanley-Giersch | John Byrne Keywords: Geldwäscheprävention, Compliance, Regulierung Die 4. EU-Anti-Geldwäscherichtlinie ist eine der wichtigsten legislativen Änderungen für die EU-Mitgliedstaaten in der jüngeren Vergangenheit. Am 20. Mai 2015 übernahm das Europäische Parlament den Text der 4. Richtlinie, der bereits durch den Rat der Europäischen Union am 20. April 2015 angenommen wurde, und veröffentlichte ihn am 5. Juni 2015 im Amtsblatt der Europäischen Union (RL EU 2015/849). Korrespondierend dazu wurde ebenfalls die Verordnung (EU) 2015/847 über die Übermittlung von Angaben bei Geldtransfers und zur Aufhebung der bisherigen Geldtransfer-Verordnung (EU 1781/2006) veröffentlicht. Das bedeutet nun, dass die EU-Mitgliedstaaten bis Juni 2017 Zeit haben, die erforderlichen Änderungen in ihren nationalen Rechtsvorschriften umzusetzen. Die wichtigsten Änderungen Durch die 4. Richtlinie wird die 3. Anti- Geldwäscherichtlinie (2005/60/EG) aufgehoben und ersetzt, mit dem Ziel grenzüberschreitende Kontrollen zu verbessern. Obwohl die letztendliche Verantwortung für die Geldwäschebekämpfung innerhalb einer Institution auch weiterhin in erster Linie den Compliance-Beauftragten vorbehalten ist, erweitert die 4. Richt- linie das Ausmaß der persönlichen Verantwortung und Haftung für alle Fachleute. Die 4. Richtlinie verlangt einen erweiterten risikobasierten Ansatz für Überprüfungen im Rahmen der Sorgfaltspflicht gegenüber Kunden und verstärkte Anstrengungen in sehr risikobehafteten Bereichen. So werden beispielsweise betroffene Einrichtungen wie Banken verpflichtet, dort intensivere Maßnahmen zu treffen, wo höhere Risiken für Geldwäsche bestehen, wenngleich sie bei nachweislich geringeren Risiken auch vereinfachte Maßnahmen treffen können. Die vorgelegten Risiko-Einschätzungen sind von Juristen zu bestätigen und die Verfahren entsprechend anzupassen. Mit den neuen Regeln sind die Unternehmen aufgefordert, Personen zu identifizieren, die wirtschaftliche Eigentümer sind, und darüber eine entsprechende Liste zu führen. Im Zusammenhang mit der Geldwäschebekämpfung ist wirtschaftlicher Eigentümer eines Unternehmens, wer direkt oder indirekt mindestens 25 Prozent der Anteile hält. Diese Informationen über das wirtschaftliche Eigentum werden künftig in jedem Land in einem zentralen Register bereitgestellt, auf das die zuständigen Behörden und Meldestellen (FIU – Financial Intelligence Units) unbegrenzten Zugang erhalten. Darüber hinaus können auch Banken und alle zur Geldwäschebekämpfung verpflichteten Institutionen sowie andere autorisierte Einrichtungen entsprechend der individuellen Regelungen des jeweiligen Mitgliedstaats Zugriff auf dieses Register erhalten. Die Definition einer politisch exponierten Person (PEP) wird durch die 4. Richtlinie dahin gehend erweitert, dass sie inund ausländische PEPs und solche in internationalen Organisationen umfasst. Zu den politisch exponierten Personen zählen beispielsweise Staatsoberhäupter, Regierungs- und Parlamentsmitglieder, Mitglieder der Justiz und Leiter von Staatsunternehmen. In der neuen Regelung wird nicht mehr nach dem Ort der Amtsausübung unterschieden. Die bisherige Regelung der risikobasierten Behandlung nationaler PEPs soll aber voraussichtlich beibehalten werden. Zur Gruppe der PEPs sind Mitglieder der Führungsgremien politischer Parteien sowie Direktoren, stellvertretende Direktoren und Mitglieder der Leitungsorgane bei internationalen Organisationen neu hinzugekommen. Weiter nicht inbegriffen sind dagegen Geschwister von PEPs. Die seit Beginn der Diskussionen über die Abklärung von PEPs geforderten öffentlichen Listen politisch exponierter Personen sieht die Richtlinie nicht vor. Des Weiteren wird die Schwelle, um ein Prüfverfahren aufgrund von Barzahlungen auszulösen, von 15.000 € auf 7.500 € gesenkt, wobei die Mitgliedstaaten ent- 52 diebank 01.2016

BETRIEBSWIRTSCHAFT ó sprechend ihrer jeweiligen Risikowahrnehmung die eigenen Schwellenwerte auch noch niedriger ansetzen können. Zusätzlich wird der Anwendungsbereich der Bestimmungen über die Offenlegung aller Transaktionen von mehr als 7.500 € in den Regeln der verpflichteten Einrichtungen auch über Spielcasinos hinaus auf Online-Anbieter erweitert, um den gesamten Glücksspielsektor einzuschließen. Die 4. Richtlinie intensiviert die Zusammenarbeit zwischen den nationalen zentralen Meldestellen, die an der Analyse und dem Austausch von Informationen über mutmaßliche Fälle von Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung beteiligt sind. Die Befugnisse für Verwaltungssanktionen seitens der nationalen Behörden werden gestärkt und die Zusammenarbeit bei grenzüberschreitenden Fällen intensiviert. Die neuen Regelungen sehen Verdachtsmeldungen nur noch an zentrale nationale Meldestellen vor. Damit wären Meldungen an die jeweils föderal zuständigen Strafverfolgungsbehörden nicht mehr erforderlich. Dies führt zwar zu einem geringeren Aufwand bei den Verpflichteten, die ihre Meldungen bislang immer an zwei Stellen zu versenden haben, und gleichsam zu einer größeren Distanz zu dem jeweiligen Landeskriminalamt (LKA). Die Geldstrafe wird bei mindestens 1 Mio. € liegen. Wo jedoch Kredit- oder Finanzinstitute in Verstöße verwickelt sind, wird die Mindeststrafe auf 5 Mio. € oder Sanktionen in entsprechender Höhe steigen. Neuer risikobasierter Ansatz Die 4. Richtlinie führt einen neuen und verbesserten risikobasierten Ansatz ein. Dazu gehören mehrstufig miteinander verbundene Anforderungen zur Risikobewertung auf den Ebenen der Mitgliedstaaten, Institutionen und Kunden. Dies steht im Gegensatz zu der bisherigen Vorgehensweise, wonach die einzelnen Mitgliedstaaten abhängig vom wahrgenommenen Risiko flexibel entscheiden konnten, ob sie die einschlägigen Bestimmungen vereinfachen. Die Mitgliedstaaten werden daher bei der Umsetzung der Richtlinie evidenzbasierte Maßnahmen übernehmen müssen, ergänzt mit einer Minimalliste von Risikofaktoren, die von den Europäischen Aufsichtsbehörden (ESA) noch zu entwickeln sind. Der neue risikobasierte Ansatz und die Notwendigkeit der Anpassung bestehender Systeme stehen im Mittelpunkt der Herausforderungen, mit denen die Institutionen bei der Umsetzung konfrontiert sind. So werden beispielsweise verstärkte Verfahren zur Sorgfaltspflicht erforderlich, die weit über die bestehende Customer Due Diligence (CDD) hinausgehen. Zu klären bleibt, welche Vorgehensweise unter welchen Umständen zur Geltung kommt. Es wird sich noch zeigen, auf welcher Grundlage die neuen, risiko- und evidenzbasierten Anforderungen für die Entscheidungsfindung erstellt werden müssen. Zwangsläufig werden neue Methoden, Informationsquellen und Monitoring-Ansätze benötigt, die damit zugleich die Entwicklung anspruchsvoller und flexibler Instrumente zur Risikobewertung erforderlich machen. Herausforderungen in der Praxis Die notwendige Prozessoptimierung zur Erfüllung der strengeren CDD-Anforderungen dürfte in den Instituten die größte Veränderung mit sich bringen. Diejenigen Banken, die bereits die Empfehlungen der Financial Action Task Force (FATF) vom Februar 2012 implementiert haben, werden lediglich einige spezifische Anpassungen vornehmen müssen, um die erforderlichen Änderungen angemessen umzusetzen. Durch das nationale Gesetz zur Optimierung der Geldwäscheprävention dürften die direkten und zwingenden Auswirkungen der 4. Richtlinie auf das deutsche Geldwäschegesetz relativ gering und überschaubar sein. Der bedeutendste Aufwand wird die Implementierung der von den politischen Regulierungsbehörden geforderten Risikobewertungen sein. Wenn sich jedoch die Prozesse einer Organisation bisher hauptsächlich an den Anforderungen der 3. Anti-Geldwäsche- Richtlinie orientieren, werden umfassende Reformen erforderlich, insbesondere im Hinblick auf weitreichendere Kriterien der PEPs, niedrigere Schwellen für die Meldung von Bargeld-Transaktionen und die Registrierung des wirtschaftlichen Eigentums aller mit einer Gesellschaft verbundenen Personen. Eine Chance für die Neugestaltung Mit der 4. Anti-Geldwäsche-Richtlinie bietet sich die Gelegenheit, den Aktivitäten von Kriminellen, Steuerflüchtlingen und korrupten Amtsträgern einen weiteren Riegel vorzuschieben. Geldwäsche, Steuerschlupflöcher und gestohlene Vermögen behindern Staaten und Unternehmen massiv bei der Ausübung einer soliden Governance. Banken engagieren sich in diesem Kontext aktiv für mehr Integrität in der Finanzwirtschaft und gegen intransparentes Finanzgebaren. Die 4. Richtlinie stellt zudem eine Gelegenheit dar, die Anforderungen des US Foreign Account Tax Compliance Act (FATCA) für Hochrisikokunden sowie des Common Reporting Standard (CRS) zu integrieren, die auf einem umfassenden, risikobasierten Ansatz und neu gestalteten CDD-Verfahren basieren. Die Herausforderung wird sein, für die Umsetzung einer regelbasierten Tax Compliance zu sorgen und gleichzeitig die Voraussetzungen für die risikobasierten CDD-Anforderungen zu schaffen, die die 4. Richtlinie in Kraft setzt. Dadurch werden Banken sowohl von höherer Effizienz als auch von verbesserten Compliance-Prozessen profitieren. Autoren: Jennifer Hanley-Giersch ist Managing Partner der Berlin Risk Ltd., John Byrne ist Executive Vice President der Association of Certified Anti-Money Laundering Specialists (ACAMS). 01.2016 diebank 53

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