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KINOTE 01.2020

Um einen Wandel der Finanzbranche erfolgreich zu meistern, müssen Kreditinstitute sowohl Chancen als auch Herausforderungen der Künstlichen Intelligenz (KI) erkennen. Unter der neuen Marke KINOTE der Bank-Verlag GmbH finden Sie Meldungen, Studien und Fachartikel zum Themenkomplex KI. Wir beantworten Ihre Fragen rund um KI. Wir berichten über Trends, neue Technologien, Forschungsergebnisse und daraus entstehende Möglichkeiten, die KI Ihrem Unternehmen bietet.

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56 01 | 2020 ansätzen zu sein. Doch in welchen Bereichen kommt die Technologie zum Einsatz und wo liegen ihre Grenzen? Fall 1: Automatisierter Kontenwechsel: Kontoeröffnung, Kontoschließung und Kontotransfer gehören zu den monotonen Standardprozessen einer Bank. Der Einsatz von RPA erlaubt es etwa, Kunden an die Einreichung der benötigten Unterlagen zu erinnern. Auch können Banken RPA nutzen, um fehlerhafte oder ungenutzte Accounts zu schließen. Dieser Einsatz ermöglicht es den Mitarbeitern, sich auf anspruchsvollere Aufgaben zu konzentrieren. Fall 2: Bilanzanalyse und Bilanzdaten übertragen: Bei jeder Bonitätsprüfung, egal ob im Gewerbe- oder Firmenkundengeschäft, ist die Erfassung finanzieller Kennzahlen aus Jahresabschlüssen mindestens einmal jährlich erforderlich. Die Erfassung der relevanten Bilanz- und GuV-Daten ist ein standardisierter Prozess, sodass hier aufgrund des Mengengerüsts, der Häufigkeit der Durchführung sowie auch der Regelbasiertheit der Einsatz von RPA möglich ist. Dabei wird die einfache Tätigkeit der Erfassung der Daten auf den Bot verlagert, und der Kreditanalyst erhält Freiraum, um sich inhaltlich mit den finanziellen Kennzahlen und der Kundenbonität auseinanderzusetzen. Fall 3: Automatisierte Bearbeitung von Rechnungen: Eine Automatisierung der kompletten Rechnungsverarbeitung ist möglich: vom Auslesen eingehender Rechnungen, Interpretieren, Überprüfen, ob die Rechnung korrekt ist und auf den relevanten Konten buchen sowie die Zahlung vorbereiten, einem Freigabe-Prozess zuführen und die Zahlungen veranlassen. All diese Tätigkeiten, die tausendfach in Banken und Versicherungen auftreten, können durch Software-Bots nahezu vollautomatisiert bearbeitet werden und damit erhebliche Einsparungen in Kosten und Zeit ermöglichen. Lohnt sich der Einsatz von RPA? Die Beispiele zeigen, dass Software-Roboter im Bankgeschäft sinnvoll eingesetzt werden und Prozesse schnell, preiswert und effizienzsteigernd automatisiert werden können. Es lassen sich sechs Kriterien definieren, die für die Identifikation von geeigneten Prozessen herangezogen werden: ■ regelbasierte Prozesse, ■ strukturierte Daten, ■ Text/zahlenbasierte Daten, ■ stabile Prozesse, ■ häufige Prozessdurchläufe, ■ geringere Prozesskomplexität.

01 | 2020 57 Bei einer möglichst weitreichenden Erfüllung obiger Kriterien macht eine konkrete Analyse der Prozesse hinsichtlich der Einsatzmöglichkeiten von RPA-Bots Sinn. Für die Kunden der Finanzdienstleister bedeutet der Einsatz von RPA, dass neben der Qualität der Bearbeitung ihrer Anfragen auch die Geschwindigkeit steigt und menschliche Übertragungs- oder Bearbeitungsfehler nahezu ausgeschlossen werden. Damit werden ihre Anfragen schneller, effizienter und kostensparender bearbeitet. RPA-Bots können – neben dem Einsatz in klassischen, kundenbezogenen Produktprozessen wie Girokonto, Ratenkredit oder Baufinanzierung – auch in zahlreichen weiteren Feldern der Finanzbranche eingesetzt werden. Beispielsweise im Risikomanagement, Finanzbereich, Compliance, Personal oder Einkauf. Fazit In den beschriebenen Beispielen sprechen wir von „einfacher Automation“, das bedeutet, es werden Daten von einem System in das nächste geschrieben, Geschäftsvorfälle ausgelöst und Routinetätigkeiten durch Bots übernommen. Hier leisten RPA-Bots bereits seit längerer Zeit sehr große Dienste. Die nächste Entwicklungsstufe der Automatisierung geht noch stärker in Richtung Künstliche Intelligenz (KI) und Verarbeitung von Dokumenten. Und damit ist nicht das Scannen und Identifizieren gemeint, also um welches Dokument es sich handelt (Gehaltsnachweis, Exposé etc.), sondern das Auslesen und Interpretieren der Inhalte und das Verfügbarmachen für die digitale Weiterverarbeitung. Dadurch können die aufwen digen Prozesse der Informationsverarbeitung auf Papierbasis stärker automatisiert werden und die auch in Zukunft noch relevante „Papierschnittstelle“ in ein Straight Through Processing integriert werden. Diese Entwicklungen bieten großes Potenzial, um gerade in aufwendigen, papierbasierten Prozessen erhebliche Steigerungen der Effizienz und Effektivität zu ermöglichen. Autor Jörg Fehrenbacher ist Director Financial Services bei KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Er verantwortet dort den Bereich „Process Excellence“. Der Diplom-Ökonom und Betriebswirt verfügt über umfangreiche Kenntnisse in allen Fragen der Prozessoptimierung.

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