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KINOTE 01.2020

Um einen Wandel der Finanzbranche erfolgreich zu meistern, müssen Kreditinstitute sowohl Chancen als auch Herausforderungen der Künstlichen Intelligenz (KI) erkennen. Unter der neuen Marke KINOTE der Bank-Verlag GmbH finden Sie Meldungen, Studien und Fachartikel zum Themenkomplex KI. Wir beantworten Ihre Fragen rund um KI. Wir berichten über Trends, neue Technologien, Forschungsergebnisse und daraus entstehende Möglichkeiten, die KI Ihrem Unternehmen bietet.

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30 01 | 2020 nem potenziellen Anwendungsfall für RPA ausgegangen werden. Abbildung » 3 skizziert den Einsatzbereich von RPA. Die Ordinate zeigt die Fallhäufigkeit, d. h. die Anzahl der Durchläufe eines bestimmten Prozesses in einem bestimmten Zeitraum. Auf der Abszisse ist der Grad der Unterschiedlichkeit der Fälle abgetragen, zunehmend von links nach rechts. Im linken Bereich der Grafik befinden sich Fälle, die sehr häufig vorkommen und stark standardisiert sind, also nur einen geringen Grad an Unterschiedlichkeit besitzen. Dies kann beispielsweise das repetitive, häufige Abfragen einer bestimmten Kennzahl sein (Fall 1). Im rechten Bereich der Grafik finden sich Fälle, die nur selten vorkommen und individuell sind. Ein Beispiel hierfür ist die Beratung eines Kunden (Fall 3). Für Fall 1 kommt eine Automatisierung infrage. Aufgrund des hohen Standardisierungsgrads und der hohen Fallhäufigkeit eignen sich hier bekannte Methoden der Prozessautomatisierung wie das Straight Through Processing oder Business Process Automation. Diese nutzen oft Programmierschnittstellen, verlangen hierdurch meist mehr Aufwand in der Implementierung und erfordern oft tiefe Eingriffe in die IT-Architektur. 8 Dafür agieren sie meist noch stabiler als RPA-Lösungen, ggf. ein Vorteil im hier skizzierten Fall 1. Im Fall 3 lohnt sich eine Automatisierung nicht (beispielsweise unter Kosten-Nutzen-Aspekten) oder aber ist gänzlich unmöglich, wie im Fall der oben skizzierten Kundenberatung. Alle anderen Fälle (Fall 2), eignen sich annahmegemäß für eine Automatisierung mit RPA. Nutzenpotenziale von RPA Die Nutzenpotenziale und Vorteile von RPA lassen sich in vier Kategorien unterteilen: Kosteneinsparungen, Qualitätssteigerungen, Zeiteinsparungen sowie sonstige Potenziale, die sich vielfach aus den drei erstgenannten ableiten lassen. Beispiele für die letzte Kategorie sind die Steigerung der Kundenzufriedenheit, eine Entlastung der klassischen IT oder die Reduktion der Time-to-Market. Im Hinblick auf die initiale Porter҆sche Unterscheidung zwischen Kostenführerschaft und Differenzierung sind insbesondere die Effekte von RPA auf die Prozesskosten – also Kosteneinsparungen – und auf die Generierung von Zusatznutzen relevant. Kosteneinsparungen durch RPA RPA ermöglicht Kosteneinsparungen in Höhe von bis zu 90 Prozent in Bezug auf die vorherigen IST-Prozesskosten; als im Mittel realistisch und belegt kann von ca. 25 Prozent ausgegangen werden. Aufgrund einer meist einfachen Implementierung und verhältnismäßig kurzen Entwicklungsdauer ist die Amortisationsdauer, also die Zeit, in der das eingesetzte Kapital in Form von Einsparungen durch geringere Prozesskosten der Bots wieder „zurückfließt“ bzw. schlussendlich vollständig zurückgeflossen ist, meist sehr gering und liegt oft bei weniger als zwölf Monaten. Diese Reduktion von Prozesskosten ermöglicht eine niedrigere Bepreisung von Bankleistungen, wie das folgende Beispiel aus dem Retail-Kreditgeschäft eindrucksvoll zeigt. Beispielrechnung Es entstehen beispielhaft 400 € Standardstückkosten für die Vergabe eines Privatkredits. Hiervon entfallen annahmegemäß 50 € auf Sachmittel und die Verrechnung von EDV-Leistungen. Von den verbleibenden 350 € entstehen 50 € bei der Durchführung des Beratungsgesprächs, die restlichen 300 € entstehen in der Bearbeitung des Kreditantrags, also durch die Bonitätsanalyse, Kontoeröffnung, das Anlegen der Kreditakte usw. – allesamt Backoffice-Tätigkeiten. Gerade diese lassen sich mittels RPA automatisieren. Bei unterstellten 25 Prozent Kosteneinsparungen reduzieren sich die 300 € um 75 € auf nur noch 225 €. Die gesamten Standardstückkosten für einen Privatkredit reduzieren sich hierdurch auf 325 € und damit um ca. 19 Prozent. Bei üblichen Volumina zwischen 2.500 € und 10.000 € beträgt die im Beispiel dargestellte Kosteneinsparung in Bezug auf das Kreditvolumen zwischen 3,00 Prozent und 0,75 Prozent. Bei derzeit historisch engen Margen im Kreditgeschäft lässt sich hieraus ein ernstzunehmender Vorteil auf dem Weg hin zu einer Kostenführerschaft realisieren, indem die Kosteneinsparung direkt an den Endkunden weitergegeben wird, im Beispiel der Kreditvergabe durch eine Reduktion des Zinssatzes.

01 | 2020 31 Anstelle einer Weitergabe in Form von Preisvorteilen ist auch eine Margenausweitung möglich, die zu Zusatzeinnahmen führt, die wiederum zur anderweitigen Stärkung der institutseigenen Wettbewerbsposition verwendet werden können. Generierung von Zusatznutzen durch RPA Im Folgenden unterscheiden wir drei Arten von Zusatznutzen durch RPA: Qualitätssteigerungen, Zeitreduktion und eine schnellere Time-to-Market in der Platzierung neuer Produkte oder ganzer Geschäftsmodelle. Qualitätssteigerungen: Menschliche Prozessbearbeitung, besonders bei wiederkehrenden, hochvolumigen Tätigkeiten, ist fehleranfällig. Die Prozessbearbeitung durch Bots hingegen nicht, eine korrekte Entwicklung unterstellt. Unsystematische Fehler werden damit ausgeschlossen. Die hieraus entstehende Qualitätssteigerung ist insbesondere in Anwendungsfällen wie der Erfassung von Umsatzdaten oder Wertpapierkauf- und Verkaufsaufträgen relevant, da hier üblicherweise eine Null-Fehler-Toleranz besteht. Neben einer Reduktion von Prozesskosten (durch nicht mehr notwendige Qualitätssicherungsmaßnahmen und Nachrichtenbasierte Risikoscores für den deutschen Mittelstand 60 50 40 Risikoscore 30 20 10 0

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