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diebank 08 // 2020

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

MARKT VOM ENDE DER

MARKT VOM ENDE DER GRATISKULTUR Wenn Banken an der Zins- und Gebührenschraube drehen Immer mehr Geldhäuser führen Negativzinsen für Guthaben auf Tagesgeldkonten ein oder erhöhen die Gebühren für die Kontoführung oder das Abheben von Bargeld am Geldautomaten. Die Coronavirus-Pandemie hat diesen Trend noch einmal verstärkt. Bei den Bankkunden stößt diese Praktik naturgemäß auf wenig Gegenliebe. Aus Sicht der Banken und Sparkassen sind das jedoch notwendige Schritte, um die Belastungen durch die Niedrigzinsphase zu kompensieren.

MARKT Die Deutschen haben einen großen Hang zum Sparen. Nach Angaben der Deutschen Bundesbank haben die privaten Haushalte zum Ende des Jahres 2019 insgesamt 6,46 Bio. € angespart. Die Geldvermögensbildung der hiesigen Bürger hat damit einen neuen Höchstwert erreicht und im Vergleich zum Ende des Vorjahrs über sieben Prozent zugelegt. Von den Sparanstrengungen entfielen allein 1.509,1 Mrd. € auf Sichteinlagen, also auf Guthaben auf einem Giro- oder Tagesgeldkonto, über das der Kontoinhaber jederzeit und damit täglich verfügen kann. Gegenüber dem Vorjahr sind das knapp acht Prozent mehr, was für die Beliebtheit dieser kurzfristigen Geldanlage spricht. Zusammen mit dem sich im Umlauf befindlichen Bargeld bildeten die Sichteinlagen damit auch im Jahr 2019 einen der größten Posten des Geldvermögens der privaten Haushalte in Deutschland. Wachsende Sichteinlagen trotz rückläufiger Zinsen Dass die Sichteinlagen der Bundesbürger von Jahr zu Jahr wachsen, ist allerdings nicht wirklich nachzuvollziehen, denn seit 2008 sinken die Tagesgeldzinsen und damit auch die Zinserträge für kurzfristige Geldanlagen kontinuierlich. Nach Angaben der Deutschen Bundesbank lag der Zinssatz für Tagesgeld in Deutschland im Jahr 2018 abermals bei durchschnittlich etwa Null Prozent. Damit setzte sich der Abwärtstrend bei der Verzinsung von auf Tagesgeldkonten angelegten Geldern weiter fort, sodass auch die Realrenditen inzwischen negativ sind. Doch damit nicht genug: Parallel führen immer mehr Banken und Sparkassen ein Verwahrentgeld für Guthaben auf dem Tagesgeldkonto ein. Bei Girokonten, bei denen eine Guthabenverzinsung eher die Ausnahme ist, reichen die Geldhäuser den Negativ- oder Strafzins, wie das Verwahrentgeld im Bankenjargon auch heißt, über eine Erhöhung der Kontoführungsgebühren an die Kunden weiter. Anzumerken ist, dass Gebührenerhöhungen und Verwahrentgelte zwar nicht das Gleiche sind, allerdings sorgen beide Maßnahmen dafür, dass das Guthaben der Sparer schmilzt. ÿ 1 Der maßgebliche Grund für das restriktive Vorgehen vieler Kreditinstitute ist die von der EZB verfolgte Niedrigzinspolitik, die seit Juni 2014 auch mit einer negativen Einlagefazilität einhergeht. Seitdem müssen Banken, die kurzfristig Gelder bei der EZB parken, Zinsen zahlen. Lag die Einlagefazilität im Juni 2014 zunächst noch bei minus 0,1 Prozent, müssen die Banken für ihre überschüssige Liquidität mittlerweile 0,5 Prozent an die EZB entrichten. Zwar räumen die Währungshüter den Geschäftsbanken seit Ende Oktober 2019 einen Freibetrag in Höhe des Sechsfachen der gesetzlichen Mindestreserve ein, das ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass die Geldhäuser durch die stufenweise Anhebung der Einlagefazilität noch größere Profitabilitätsprobleme bekommen haben. Der Bankenverband bezifferte die Zinsen, die Banken im Euroraum seit Juni 2014 auf ihre Überschussliquidität an die EZB beziehungsweise das Eurosystem gezahlt haben, auf knapp 30 Mrd. €. Auf die Banken in Deutschland entfielen davon rund 9,5 Mrd. €. Verwahrentgelte und höhere Gebühren werden zur Normalität Als die EZB damit begonnen hat, die Einlagefazilität in den negativen Bereich zu drücken, haben die hiesigen Geldhäuser noch versucht, die dadurch entstandenen zusätzlichen Belastungen durch eine Stärkung des Provisionsgeschäfts oder die Einleitung von Kostensenkungsmaßnahmen abzufedern. Konkret: Nur wenige Banken haben die negative Einlagefazilität sofort weitergereicht, denn schließlich ist kein Geldhaus bestrebt, Kunden an die Konkurrenz zu verlieren. Mittlerweile hat sich diese Sichtweise jedoch geändert, und was vor einigen Jahren noch undenkbar war, ist heute zur bitteren Realität geworden: Laut einer aktuellen Untersuchung des Verbraucherportals biallo verlangen von 1.300 betrachteten Banken und Sparkassen mittlerweile 250 Geldhäuser von ihren Kunden ein Verwahrentgeld. In einer im Juli 2019 erfolgten Umfrage bestraften lediglich 30 Geldhäuser hohe Einlagen auf privaten Giro- und Tagesgeldkonten mit Negativzinsen. Damit hat sich die Zahl der Geldhäuser, die Verwahrentgelte erheben, in nicht einmal einem Jahr verfünffacht. Die Corona-Krise hat diesen Trend noch einmal verstärkt. Denn wie biallo berichtete, haben während der akuten Corona-Phase allein 40 Banken und Sparkassen Negativzinsen für Privatkunden eingeführt. Auf den sogenannten Corona-Effekt weist auch das Internetportal Verivox hin. Laut diesem Portal sollen seit März 2020 weitere 50 Geldhäuser Negativzinsen eingeführt oder verschärft haben. Bei der Erhebung von Negativzinsen gehen Kreditinstitute jedoch nicht einheitlich vor. So variieren die Freibeträge, bis zu denen 08 // 2020 49

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