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diebank 08 // 2020

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

MANAGEMENT

MANAGEMENT FINANZMARKTREGULIERUNG UND MITTELSTANDSFINANZIERUNG Zwischen Transformation und Adaption Kleine und mittlere Unternehmen (KMU), umfassend auch als Mittelstand bezeichnet, nehmen nicht nur in Deutschland eine prominente Position ein. Sie stellen die weit überwiegende Mehrzahl der privaten Arbeitgeber und tragen mit etwa 35 Prozent zum Gesamtumsatz der inländischen Wirtschaft bei. Schon vor der Corona-Krise gaben die EU-Pläne zur Etablierung einer Kapitalmarktunion Anlass zur Diskussion, wie der Mittelstand auf Dauer den Zugang zu Fremdkapital behaupten könnte. Die Covid-19-Pandemie hat die Probleme erkennbar verstärkt, es können aber auch erste Hinweise für Maßnahmen zur nachhaltigen Stärkung des Mittelstands abgeleitet werden.

MANAGEMENT Die einheitliche Mittelstandsfinanzierung ist eine Utopie: Das Kleinstunternehmen, der Gewerbetreibende, der Handwerksbetrieb auf der einen und traditionelle Familienbetriebe mit einem Jahresumsatz von mehreren Millionen Euro auf der anderen Seite – sie alle gehören zum Mittelstand. Benötigt werden in jedem Fall individuell passende Konzepte, vereinbart mit vertrauenswürdigen und versierten Partnern vor Ort, die auch in wirtschaftlich weniger erfreulichen Zeiten ihren Schuldnern sachkundig zur Seite stehen. In Deutschland ist das Gefälle unterhalb der Großunternehmen noch augenfälliger als in den übrigen europäischen Flächenländern. Der föderalen Staatsstruktur folgend, verteilen sich auch namhafte, in vielen Fällen international tätige Firmen über das gesamte Bundesgebiet, wodurch die Anforderungen an ein passendes Finanzsystem sogar noch zunehmen. Zugleich besitzen aber nur wenige Hundert Unternehmen den regelmäßigen Zugang zum institutionellen Kapitalmarkt. Beinahe folgerichtig wurde der Versuch, in Deutschland eine sog. Mittelstandsanleihe zu etablieren, nach kurzer Zeit mehr oder weniger stillschweigend wieder aufgegeben. Mit Blick auf die Tabelle ÿ 1 werden die Verhältnisse noch einmal offensichtlich: Der obere Mittelstand ist ein überschaubares Segment von weniger als 0,5 Prozent aller Unternehmen, aber mit einem Umsatzanteil von mehr als 30 Prozent der Gesamtwirtschaft von vitaler Bedeutung für die Prosperität eines Landes, und er bedarf der finanztechnischen Begleitung von ausgewiesenen Spezialisten. Bankbasiertes Finanzsystem Innerhalb des deutschen Finanzssektors spielen die Monetären Finanzinstitute (MFI), also vor allem Banken und Sparkassen, die wichtigste Rolle in der Unternehmensfinanzierung. Das Drei-Säulen-Modell, bestehend aus (privaten) Kreditbanken, öffentlich-rechtlichen Sparkassen und Kreditgenossenschaften hat sich seit Jahrzehnten als zweckmäßig und vor allem in den zentrumsfernen Regionen als stabilisierend bewährt. Allerdings ist auch dieses Modell seit dem Start in die Europäische Bankenunion erheblich unter Druck geraten. Der Vorwurf der Kleinteiligkeit nebst damit verbundener Ineffizienz wird regelmäßig erhoben, die außergewöhnliche Resilienz – insbesondere während der Finanzkrise – aber häufig auch ignoriert. Tabelle ÿ 2 zeigt die Netto-Verflechtungsverhältnisse in Deutschland; diese bilden einen starken Pfeiler innerhalb eines komplexen Gesamtsystems. Bemerkenswert ist die umfangreiche Verknüpfung inländischer nichtfinanzieller Kapitalgesellschaften mit dem Ausland, die vornehmlich über konzerninternes, grenzüberschreitendes Finanzmanagement hergestellt wird. Betrachtet man diese Finanzierungsverhältnisse aus der Perspektive einzelner Unternehmen, lässt sich das Bild einer sehr stark von der Bankenfinanzierung abhängigen Unternehmenslandschaft weiter verfestigen. So zeigt die Tabelle ÿ 3, dass die Bankverbindlichkeiten im gewichteten Durchschnitt einer großzahligen Stichprobe von Unternehmen im Jahr 2013 fast das Fünffache der in Anleihen und ähnlichen Instrumenten verbrieften Verbindlichkeiten betrugen. Und bei Unternehmen mit weniger als 50 Mio. € Umsatz sind Anleiheverbindlichkeiten so gut wie vernachlässigbar. Zwar mögen sich diese Verhältnisse bei großen kapitalmarktorientierten Unternehmen in den letzten Jahren zugunsten einer kapitalmarktorientieren Finanzierung etwas verschoben haben, für mittelständische Unternehmen ist dies aber sicherlich nicht der Fall. Interessant ist an der Tabelle ÿ 3 zudem der Umstand, dass diese starke Bankenfokussierung keineswegs nur ein deutsches Phänomen ist. In den anderen hier betrachteten kontinentaleuropäischen Ländern liegen die Verhältnisse ähnlich. Dieses Ergebnis ist keineswegs überraschend. Die Bedeutung des Bankkredits für mittelständische Unternehmen ergibt sich allein schon aus Losgrößenüberlegungen. So wird im KfW-Mittelstandspanel, in dem im Rahmen einer schriftlichen Wiederholungsbefragung 9.000 bis 15.000 Unternehmen mit einem Jahresumsatz von bis zu 500 Mio. € befragt werden, berichtet, dass im Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2018 65 Prozent der Unternehmen einen Kreditbedarf von bis zu 100.000 € hatten. Lediglich zwölf Prozent der Unternehmen hatten einen Kreditbedarf von mehr als 500.000 €. Damit scheidet für den Großteil der mittelständischen Unternehmen eine Kapitalmarktfinanzierung schon allein wegen der damit verbundenen Fixkosten aus. Mindestens ebenso wichtig für die Erklärung der stark bankbasierten Finanzierung mittelständischer Unternehmen sind informationsökonomische Aspekte. Dabei hat so- 08 // 2020 25

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