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diebank 08 // 2019

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

DIGITALISIERUNG

DIGITALISIERUNG Betreiber eines Registers staatlich besonders zu legitimieren. Dies könnte etwa im Wege einer Beleihung, aber ggfs. auch durch einen privatwirtschaftlichen Registerbetrieb erfolgen, sofern zugleich eine wirksame Beaufsichtigung gewährleistet ist. Hiervon zu trennen ist die Frage, welchen Anforderungen die Verwahrung von QDR- Wertrechten unterliegen soll. Anknüpfungspunkt sollte in DLT-Systemen nicht der dezentral vervielfältigte Datenbankeintrag, sondern der Zugriff auf die für Buchungen erforderlichen Instrumente sein. In Bezug auf kryptographische Verschlüsselungsverfahren könnte es sich dabei etwa um die sog. privaten Schlüssel handeln, die von einem Verwahrer vor unbefugtem Zugriff und Datenverlust zu schützen wären. Angesichts der damit verbundenen Haftungsrisiken empfiehlt es sich, strenge IT-Sicherheitsstandards, eine laufende Überwachung und eine ausreichende Kapitalisierung des Verwahrers im Haftungsfall zu gewährleisten. Zu diesem Zweck könnten etwa geltende Anforderungen an die Verwahrung und Verwaltung von Wertpapieren durch Kreditinstitute für Dritte (Depotgeschäft) weiter konkretisiert werden. Ferner ist zu berücksichtigen, dass die Zug-um-Zug-Abwicklung von Wertpapiertransaktionen eine mit der Wertpapierbuchung kompatible Infrastruktur für die Zahlungsseite einer Transaktion voraussetzt. Anders als im ICO-Markt, auf dem neue Token gegen die Überweisung von Kryptowährungen übertragen werden, dürften Kapitalmarkttransaktionen in absehbarer Zukunft unverändert in gesetzlichen Zahlungsmitteln (Fiatgeld) abgewickelt werden. Solange die Begebung von Zentralbankgeld in DLT-Systemen ein Zukunftsszenario bleibt, wäre daher zu erwägen, ob eine QDR-Gesetzgebung auch Vorschriften über die Verbuchung und Übertragung von Geschäftsbankguthaben auf DLT-Plattformen berücksichtigen sollte. Europäische Perspektive Darüber hinaus erscheinen Konkretisierungen des EU-Finanzmarktaufsichtsrechts geboten. Dies betrifft weniger Vorschriften zu Emission und Handel, denn der unionsrechtlich harmonisierte Wertpapierbegriff erfasst kapitalmarktfähige Instrumente unabhängig von einer Verbriefung in Urkunden. In DLT- Systemen verbuchte Mitgliedschafts- oder Forderungsrechte, die als Token übertragbar, standardisiert, handelbar und mit Aktien oder Schuldverschreibungen funktional vergleichbar sind, unterliegen als Wertpapiere bereits heute den Vorschriften des Wertpapierhandels- und Wertpapierprospektrechts. Anpassungsbedarf zeichnet sich indes in unionsrechtlichen Regelwerken ab, die Vorschriften für die Verwahrung von Finanzinstrumenten statuieren. Zunächst wäre vor dem Hintergrund der Pflichten der Zentralverwahrer-VO zu diskutieren, ob bei DLT-Emissionen zwingend eine Einbuchung über einen Zentralverwahrer zu erfolgen hat und welche Netzwerkteilnehmer dessen Kerndienstleistungen wahrnehmen könnten. Dies wirft schließlich die Frage nach der zukünftigen Rolle und Erforderlichkeit eines Zentralverwahrers in DLT-Systemen auf. Auch die Verwahrfähigkeit von DLT-Finanzinstrumenten für Investmentvermögen und die damit verbundenen Kontroll- und Prüfpflichten der Verwahrstelle hinsichtlich der kryptographischen Schlüsselpaare sind bislang ungeklärt. Eine Konkretisierung der jeweiligen Pflichten der AIFM- und OGAW-Richtlinie erscheint – auch angesichts erster bereits aufgelegter Krypto-Fonds – zweckmäßig. Einordnung und Fazit Angesichts der Vorstöße der Gesetzgeber in anderen EU-Staaten und der zunehmenden Praxisrelevanz der Technologie erscheint es wettbewerbspolitisch wünschenswert, auch das deutsche Wertpapierrecht für die Nutzung von DLT-Systemen für Kapitalmarktanwendungen zu öffnen. Der Ansatz des Eckpunktepapiers von BMF und BMJV, anstelle eines verpflichtenden Systemwechsels hin zu einem reinen Bucheffektensystem zunächst digitale Wertrechte als bloße Option neben der physischen Verbriefung zuzulassen, verdient Zustimmung. Entgegen den Überlegungen der Bundesministerien erscheint indes nicht zwingend, dass eine rechtliche Flexibilisierung zunächst nur Schuldverschreibungen, nicht aber Aktien oder Investmentanteile umfassen sollte. Denn ungeachtet der damit verbundenen umfassenderen Rechtspositionen im Fall von Aktien (Mitgliedschafts- und Stimmrechte) bzw. der Mehrzahl der Akteure im Fall von Investmentanteilen (Verwaltungsgesellschaft und Verwahrstelle) würde die vollständige Digitalisierung des Übertragungsakts die zugrundeliegenden Rechtsbeziehungen in ihrem Wesen nicht verändern. Ferner erscheint es nicht zwingend, das Ziel des Anlegerschutzes durch eine Verengung des Anlegerkreises auf professionelle Anleger zu verfolgen. Plausibler erschiene vielmehr, den ordnungsgemäßen Betrieb von QDR-Systemen und die sichere Verwahrung von QDR-Wertrechten durch geeignete Aufsichtsstandards und flankierende Haftungsregelungen sicherzustellen. Auf diese Weise würde der Gesetzgeber dem deutschen Kapitalmarkt das möglicherweise erhebliche Potenzial von DLT-Systemen zur effizienteren und schnelleren Wertpapierabwicklung eröffnen und zugleich vermeiden, digitale Kompetenz an ausländische Standorte zu verlieren. Ein zeitnahes und umfassendes gesetzgeberisches Handeln wäre zu wünschen. Autor Dr. Tobias Wohlfarth ist Associate im Frankfurter Büro von Hengeler Mueller. Er berät Unternehmen der Finanzbranche auf den Gebieten des Bankaufsichts-, Investment- und Kapitalmarktrechts sowie zu gesellschaftsrechtlichen Fragen mit einem Fokus auf digitalen Geschäftsmodellen. 72 08 // 2019

DIGITALISIERUNG BANKENSOFTWARE BERATUNG ACADEMY INFORMATIONSDIENSTE Viel Arbeit mit Non-Financial Risk? Wenige Ressourcen? Wir unterstützen Sie! (IT-) GOVERNANCE RISK MANAGEMENT Ihr Ansprechpartner: Olaf Zißner Abteilungsleiter Non-Financial Risk Telefon: +49 228 8192-132 E-Mail: olaf.zissner@voeb-service.de COMPLIANCE www.voeb-service.de/nfr 08 // 2019 73

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