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diebank 08 // 2019

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

REGULIERUNG NEUE

REGULIERUNG NEUE EUROPÄISCHE PROSPEKTVERORDNUNG Gute Absichten, gelungene Umsetzung? Seit diesem Juli ist eine Verordnung in Kraft, die fast alle Marktteilnehmer trifft: Die Prospektverordnung. Die gute Nachricht: Sie verspricht zahlreiche Erleichterungen für die Erstellung von Prospekten. Die schlechte Nachricht: Gerade diejenigen, die von der Prospektpflicht befreit sind, müssen nationale Offenlegungspflichten beachten – das kostet Zeit und Ressourcen. Betroffene müssen sich daher gründlich mit der Verordnung befassen, um geeignete Maßnahmen einleiten zu können. 64 08 // 2019

REGULIERUNG Im Jahr 2010 veröffentlichte der europäische Gesetzgeber die Prospektrichtlinie (RL 2010/73/EU), mit welcher der Verwaltungsaufwand und die Belastung für Unternehmen hinsichtlich ihrer Veröffentlichungspflichten beim Handel mit Wertpapieren gesenkt werden sollte, ohne den Anlegerschutz zu beeinträchtigen. Nach einer Evaluation der Kommission hat die Richtlinie ihre Ziele verfehlt und wurde daher durch die neue europäische Prospektverordnung (VO (EU) 2017/1129) ersetzt. Mit dem neuen Regime erhoffen sich die Regulatoren eine erhöhte Konvergenz, die Reduktion des Aufwands für Emittenten und zugleich einen erhöhten Anlegerschutz. Die Verordnung richtet sich an Emittenten, Unternehmen und Finanzintermediäre, die bei der Emission von Wertpapieren ihrer Kunden mitwirken; insbesondere kleine und mittlere Unternehmen stehen im Fokus der Verordnung, da ihnen der Zugang zum Kapitalmarkt erleichtert werden soll. Die ersten Ausnahmeregelungen unter der Verordnung traten bereits in den Jahren 2017 und 2018 in Kraft; am 21. Juli 2019 dann auch der Löwenanteil der Verordnung, der nun endgültig nahezu alle Marktteilnehmer zum Handeln zwingt. Neue Möglichkeiten bringen hohen Handlungsbedarf mit sich Die neu eröffneten Wahlmöglichkeiten und gewährten Vereinfachungen klingen im ersten Moment nach einer Erleichterung und damit nach geringeren Anforderungen für Emittenten, Unternehmen und Finanzintermediäre. Gerade in diesen Möglichkeiten und Verkürzungen liegt aber ein erhöhter Handlungsbedarf: So müssen in den zu verkürzenden Dokumenten dennoch alle wesentlichen Informationen untergebracht werden, gegebenenfalls ist dazu eine Neuaufsetzung oder Umstrukturierung des Dokuments erforderlich, die hohe Aufwände generiert. Auch die Wahlmöglichkeiten, die mit Erleichterungen locken, vereinfachen nicht unbedingt den Prozess der Erstellung. Es muss sorgfältig geprüft werden, ob die Ausnahmeregelung überhaupt anwendbar ist – das kostet Zeit und Ressourcen. Außerdem müssen auch hier genaue Vorgaben eingehalten werden. Schließlich besteht die Möglichkeit, dass sich die Umstände des Angebots nach Ablauf der Gültigkeit des Prospekts verändert haben. Infolgedessen ist ein einmal eröffneter Anwendungsbereich einer Ausnahmeregelung gegebenenfalls nicht mehr anwendbar, z. B. weil ein Schwellenwert überschritten wurde. Eventuell greift aber auch eine neue Ausnahmeregelung, wenn bspw. das Wertpapierangebot während der letzten 18 Monate ununterbrochen zum Handel zugelassen war. Folglich sind einmal etablierte Prozesse nicht zwangsläufig abschließende Lösungen, sondern regelmäßig zu überprüfen und gegebenenfalls neu zu strukturieren. Die Qual der Wahl Schon jetzt verlieren veröffentlichte Prospekte nach zwölf Monaten ihre Gültigkeit und unterliegen erneut dem Prüf-, Evaluierungsund Billigungsprozess. Im Verlauf der zwölf Monate müssen sie außerdem um Nachträ- ge ergänzt werden, damit sie weiterhin gültig bleiben. Damit bestehen bei den Veröffentlichungspflichtigen bereits Prozesse zur Überprüfung und neuen Gestaltung der Prospekte. Dies führt jedoch nicht dazu, dass sich die Betroffenen zurücklehnen können: Seit dem Stichtag am 21. Juli 2019 gelten neue und zum Teil veränderte Regelungen, die für alle bis dahin nicht gebilligten Prospekte zu berücksichtigen sind. Damit ergibt sich für die Emittenten, Unternehmen und Finanzintermediäre ein erhöhter Handlungsbedarf, der Aufwand bei der Neugestaltung der Prospekte ist nicht zu unterschätzen. Zum einen ergeben sich bereits für den Standardprospekt neue Anforderungen: Die Zusammenfassung ist nun in verkürzter Form einzureichen, die bisherigen Regelungen nach der Prospektverordnung von 2004 (VO (EG) Nr. 809/2004) werden durch neue ersetzt und für den Handel am regulierten Markt und an einer Multilateral Trading Facility (Handelsplattform) ist ein neues einheitliches Registrierungsformular zu erstellen. Zum anderen wurden verschiedene Formen von Prospekten neu eingeführt, woraus sich für die Betroffenen die Frage ergibt, ob diese vereinfachte Form die bessere Veröffentlichungsvariante sein könnte. Auch der Veröffentlichungszeitpunkt hat sich nach hinten verschoben und orientiert sich jetzt am Beginn des öffentlichen Angebots bzw. an der Zulassung zum Handel, statt an der Billigung durch die zuständige Behörde. Zudem gelten nach der nationalen Gesetzgebung wiederum Ausnahmeregelungen, nach denen eine Prospektpflicht bei öffentlichen Angeboten von Wertpapieren mit einem 08 // 2019 65

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