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diebank 08 // 2019

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

REGULIERUNG

REGULIERUNG FINANZMARKTRICHTLINIE MIFID II In der Anlageberatung sind Anpassungen wünschenswert Zur Verbesserung des Anlegerschutzes hat die Finanzmarktrichtlinie MiFID II erhebliche Änderungen u. a. zur Anlageberatung mit sich gebracht. Diese Neuregelungen sind teilweise mit erheblichem Verwaltungsaufwand verbunden, werden aber gemäß Umfragen und Markterhebungen von den Verbrauchern nicht in allen Fällen positiv aufgenommen. Es ist zu hinterfragen, ob hier sinnvolle Veränderungen möglich sind. Am 3. Januar 2018 ist die Finanzmarktrichtlinie MiFID II (Markets in Financial Instruments Directive) in Kraft getreten. In diesem Zusammenhang wurden wesentliche Rechtsgrundlagen des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) insbesondere zu Wertpapierdienstleistungen geändert. Hinzu kommen die Neufassung und teilweise Ablösung der WpDVerOV (Wertpapierdienstleistungs-Verhaltens und Organisationsverordnung) durch die Delegierte Verordnung (EU) 2017/565. Das Rundschreiben MaComp (Mindestanforderungen an die Compliance) und die weiteren Verhaltens-, Organisations- und Transparenzpflichten nach §§ 63 ff. WpHG wurden vor diesem Hintergrund entsprechend neu gefasst. Die BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) hat sich mithilfe von Umfragen und Marktuntersuchungen zu den neuen Finanzmarktregeln MiFID II ein vorläufiges Bild von den Regelungen gemacht. Im Mittelpunkt standen dabei die größten Veränderungen, die sich für die Verbraucher aufgrund der Einführung der Finanzmarktrichtlinie ergeben haben. Dazu gehören (i) Telefonaufzeichnung, (ii) Kostentransparenz sowie (iii) Geeignetheitserklärung, jeweils geknüpft an bestimmte Wertpapierdienstleistungen und Wertpapiernebendienstleistungen gemäß § 2 Abs. 8 WpHG. Die aktuelle Umfrage, die die BaFin beim Marktforschungsinstitut forsa in Auftrag gegeben hat, zeigt insofern ein differenziertes Bild, als die Verbraucher den neuen Anforderungen grundsätzlich positiv gegenüberstehen, aber auch konzidieren, von den neuen Informationsmöglichkeiten häufig nicht ausreichend Gebrauch gemacht zu haben. 1 So wurde die Aufstellung der Ex-ante- Kosten in vielen Fällen nicht gelesen oder es wurde sich im Rahmen der Anlageberatung nicht mit der Geeignetheitserklärung auseinandergesetzt. Als Begründung wurde angegeben, die Informationen seien „zu umfangreich“ oder „nicht von Interesse“. Solche Verhaltensweisen zeigen, dass die gemäß MiFID II zu erstellenden Unterlagen ggf. nicht vollständig im Sinn der Verbraucher sein könnten und eventuell Änderungen angezeigt wären. Ist das Pendel zu weit ausgeschlagen? In die gleiche Richtung gehen auch aktuelle Äußerungen von BaFin-Präsident Felix Hufeld. Er äußerte sich laut Presseberichten im Juni zu kritischen Äußerungen der Finanzbranche, wonach das Wertpapiergeschäft aufgrund der ausgeweiteten Regulierungen durch MiFID II einen deutlichen Rückgang erfahre. Man könne auch sagen, das Pendel sei eventuell zu weit ausgeschlagen. Hufeld appellierte in diesem Zusammenhang an die betroffenen Parteien, konkrete, spezifische Hinweise zur Überprüfung der neuen Regeln zu geben. Der vorliegende Beitrag versucht deshalb, ausgewählte Themen der neuen gesetzlichen und aufsichtsrechtlichen Regelungen zu hinterfragen. Schwergewicht soll dabei die Anlageberatung sein, eine Wertpapierdienstleistung, mit der Verbraucher häufig in Berührung kommen und die von besonderer Bedeutung ist. Anlageberatung, Definition und Charakteristik Die Definition der Wertpapierdienstleistung Anlageberatung ergibt sich aus § 2 Abs. 8 Satz 1 Nr. 10 WpHG wie folgt: „Die Abgabe von persönlichen Empfehlungen im Sinne des Artikels 9 der DV 2017/565 an Kunden oder deren Vertreter, die sich auf Geschäfte mit bestimmten Finanzinstrumenten beziehen, sofern die Empfehlung auf eine Prüfung der persönlichen Umstände des Anlegers gestützt oder als für ihn geeignet dargestellt wird und nicht ausschließlich über Informationsverbreitungskanäle oder für die Öffentlichkeit bekannt gegeben wird.“ Eine reine Bekanntgabe über Informationskanäle oder für die Öffentlichkeit ist dabei nicht als Anlageberatung anzusehen. Art. 9 DV 2017/565 konkretisiert die Vorschrift betreffend die Empfehlungen hinsichtlich von Handlungen wie Kauf, Verkauf, Zeichnung oder Halten von Finanzinstrumenten. Die Charakteristik der Anlageberatung besteht insbesondere darin, dass der Kunde selbst die Entscheidung über die Anlage zu treffen hat – nicht der Berater, wie z. B. bei der Finanzportfolioverwaltung. Konkret sollte damit das Ziel der Anlageberatung sein, mithilfe der Beratung einen „verstehenden“ Kunden zu schaffen, der, ausgestattet mit dem Wissen der Beratung, eine sinnvolle Entscheidung treffen kann. Aus dieser Sicht sind die Regelungen von MiFID II, soweit sie die Anlageberatung regeln, zu beurteilen. Der Beitrag soll sich dabei auf ausgewählte Neuregelungen beschränken. 56 08 // 2019

REGULIERUNG Ausgewählte Neuregelungen durch MiFID II Telefonaufzeichnungen (Taping): Wertpapierdienstleistungsunternehmen müssen gemäß § 83 Abs. 3 WpHG hinsichtlich der beim Handel für eigene Rechnung getätigten Geschäfte und der Erbringung von Dienstleistungen, die sich auf die Annahme, Übermittlung und Ausführung von Kundenaufträgen beziehen, die Inhalte der Telefongespräche und der elektronischen Kommunikation aufzeichnen. Der Kunde ist vorab über die Aufzeichnung zu informieren; ohne seine Zustimmung darf das Wertpapierdienstleistungsunternehmen nicht tätig werden. Die Neuregelung, die auch für die Anlageberatung gilt, ist von den Kunden gemäß den Umfragen der BaFin nach gewissen Anlaufschwierigkeiten weitgehend akzeptiert worden. Der Nutzen für den Kunden bleibt aber dennoch fraglich, da die Qualität und das Ziel der Anlageberatung – die Schaffung eines „verstehenden“ Kunden – durch das Taping nicht verbessert werden dürften. Bedenkt man den erheblichen bürokratischen Aufwand und die hiermit verbundenen Kosten für die beratenden Unternehmen sind hier ggf. Änderungen sinnvoll. Möglich wäre es z. B., anstelle der Telefonaufzeichnungen bei der Anlageberatung wesentliche Inhalte der Gespräche in die Geeignetheitserklärung zu integrieren. Das sind insbesondere jene Teile der Telefongespräche und der elektronischen Kommunikation, in welchen die Risiken, die Erfolgschancen oder auch die Ausgestaltung von Finanzinstrumenten erläutert werden. Kostentransparenz: Wertpapierdienstleistungsunternehmen sind gemäß § 63 Abs. 7 WpHG i. V. m. den Art. 50 und 51 DV 2017/565 verpflichtet, den Kunden auch Informationen über die Gesamtkosten und deren Auswirkungen auf die Rendite eines abzuschließenden Geschäfts zu geben (Kostentransparenz). Konkret erhalten die Kunden 08 // 2019 57

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