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diebank 08 // 2019

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

DIE NEUE

DIE NEUE VERBRIEFUNGSREGULIERUNG ABCP-Transaktionen mit Leasingund Handelsforderungen Nach einem langen und schwierigen Gesetzgebungsprozess ist seit Jahresbeginn die neue Verbriefungsverordnung anwendbar. Feierstimmung mochte aber nicht aufkommen: Man wurde vielmehr das Gefühl nicht los, dass der Gesetzgeber das Thema nicht richtig verstanden und daher die falschen Akzente gesetzt hat. Nach rund einem Dreivierteljahr lässt sich ein erstes Resümee auf Basis der praktischen Anwendung ziehen: Wo liegen die Herausforderungen für Sponsoren, Arranger und Originatoren, und was ist besser geworden? 08 // 2019

Die Verbriefungsverordnung war am 1. Januar 2018 in Kraft getreten und ist seit dem 1. Januar 2019 anzuwenden. Ihr offizieller Name lautet „Verordnung (EU) 2017/2402 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2017 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für Verbriefungen und zur Schaffung eines spezifischen Rahmens für einfache, transparente und standardisierte Verbriefung und zur Änderung der Richtlinien 2009/65/EG, 2009/138/EG, 2011/61/EU und der Verordnungen (EG) Nr. 1060/2009 und (EU) Nr. 648/2012“ und wird im Folgenden abgekürzt als „VVO“. Hintergrund Die VVO ist das Erbe der Finanzkrise, die 2008 begann und globale Auswirkungen auf die Finanzmärkte und Banken hatte. Schnell waren Politik, Presse und andere zum Schluss gekommen, dass Verbriefungen von amerikanischen Sub-prime Mortgages die Schuldigen waren, Verbriefungen hochgefährlich seien und dass sie dringend reguliert, wenn nicht gar verboten werden müssten. So fraglich diese Schlussfolgerung und die sich daraus ergebende gesetzgeberische Stoßrichtung ist, man kann die VVO nur einordnen, wenn man sich dieses Hintergrunds bewusst ist. Der Gesetzgeber identifizierte als Gefahrenquelle bei Verbriefungen einen Mangel an Informationen der Investoren und übermäßige Komplexität der Produkte. Dementsprechend zielt die VVO im Kern darauf ab, Verbriefungen strukturell und juristisch zu vereinfachen und möglichst viele Daten zu erheben, zu sammeln und zu veröffentlichen. Verbriefungen, die dies in gesteigertem Maß befolgen, erhalten gemäß Kapitel 4, Artikel 18 ff. der VVO das Gütesiegel für einfache, transparente und standardisierte Verbriefungen, im Jargon "STS" genannt, vom englischen Simple, Transparent and Standardised. Eine erste Schlussfolgerung kann heute allemal gezogen werden: STS ist insofern ein Erfolg, als dass der Markt sowohl im Bereich der öffentlichen Transaktionen (non-ABCP nach Artikel 19 ff. VVO) als auch im ABCP-Bereich (Artikel 23 ff. VVO) den STS-Status anstrebt. Der STS-Status ist je nach Art der Verbriefung und der Asset-Klasse unterschiedlich schwierig zu erreichen. Im Bereich der ABCP-Verbriefungen kommen besondere Probleme hinzu. Die VVO erlaubt, dass einzelne Transaktionen unter einem ABCP-Programm STS-Status erhalten oder dass ein Programm insgesamt STS-Status erhält. Letzteres setzt voraus, dass alle Transaktionen (mit kleinen Ausnahmen) unter dem Programm STS-Status genießen und dass das Programm darüber hinaus noch weitere Kriterien erfüllt. Im deutschen Markt ist gegenwärtig nicht abzusehen, dass ABCP- Sponsoren den Versuch unternehmen, ein STS-konformes ABCP-Programm aufzusetzen oder ein bestehendes Programm anzupassen. Die Voraussetzungen sind zu hoch, der Gesetzgeber ist an dieser Stelle über das Ziel hinausgeschossen. Auch beim Aufsetzen neuer oder beim Umstellen bestehender Transaktionen, mit oder ohne STS-Status, gibt es eine Vielzahl von Unklarheiten in der Auslegung. Verlegen des Sitzes der Verbriefungszweckgesellschaft Um STS-Status zu erhalten, muss gemäß Artikel 18 VVO die Verbriefungszweckgesellschaft (SSPE, vom englischen Securitisation Special Purpose Entity) ihren Sitz in der Europäischen Union haben. Eine Reihe von ABCP-Conduits haben mit Blick darauf den Entschluss gefasst, die SSPEs von Jersey, den Cayman Inseln oder ähnlichen Off-Shore- Standorten nach Irland oder Luxemburg zu verlegen. Der Aufwand ist immens, denn die SSPEs sind zentrale Stelle der Transaktionen und Partei zu allen wesentlichen Dokumenten. Da eine grenzüberschreitende Sitzverlegung aus juristischen, steuerlichen und praktischen Gründen nicht möglich oder praktikabel ist, muss das außereuropäische SSPE aus der Transaktion ausscheiden, abgewickelt und die bestehende Transaktion mit dem europäischen SSPE neu abgeschlossen werden. Dabei sind für STS-Status die Anforderungen des Artikel 24 VVO zu erfüllen. Besondere Schwierigkeiten treten auf, wenn das verkaufte Forderungsportfolio vom alten auf das neue SSPE übertragen werden soll. Hierfür gibt es zwei Wege: Entweder verkauft das alte SSPE das Portfolio an das neue SSPE oder der Seller kauft das Portfolio für eine juristische Sekunde vom alten SSPE zurück und verkauft es sodann an das neue SSPE, ggfs. zusammen mit neuen Forderungen. In aller Regel enthält das Portfolio auch Forderungen, die seit ihrem ersten Verkauf an das alte SSPE inzwischen nicht mehr den Eignungskriterien entsprechen, insbesondere, weil sie überfällig geworden sind oder ganz ausgefallen. Bei der Alternative, in welcher der Originator das Portfolio erst zurückkauft und dann an das neue SSPE weiterverkauft, ist Artikel 24 Absatz 9 VVO zu berücksichtigen. Danach dürfen keine Forderungen verkauft werden, die 90 Tage überfällig sind. Auch ist Artikel 24 Absatz 7 VVO im Blick zu behalten, der aktives Portfoliomanagement verbietet. Bei der anderen Alternative, in welcher das alte SSPE das Portfolio direkt an das neue SSPE überträgt, muss dieser Verkauf auch vollumfänglich als True Sale mittels Legal Opinion nachgewiesen werden, was erfordert, die insolvenzrechtliche Behandlung am SSPE-Standort zu prüfen. Das ist zusätzlicher Aufwand, der üblicherweise nicht angefallen wäre. Artikel 24 Absatz 18 VVO verlangt, dass die Forderungen im ordentlichen Geschäftsgang originiert wurden. Diese Regelung kann auf diesen Sachverhalt nicht wörtlich angewendet werden, denn das alte SSPE kann diese Voraussetzung nicht erfüllen und bedarf der Auslegung, dass es auf die Origination durch den Seller vor Verkauf an das alte SSPE ankommt. 08 // 2019 17

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