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diebank 07 // 2020

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

terin braucht

terin braucht ausreichend Zeit, die Fassung wiederzugewinnen. Gelingt dies nicht, sollte das Gespräch über die Trennungsmodalitäten vertagt werden. Zuweilen müssen Führungskräfte Kündigungen aussprechen, von denen sie nicht überzeugt sind. Zum Beispiel, weil sie selbst am Sinn der beschlossenen Umstrukturierung zweifeln. Oder, weil sie sich lieber von einem anderen Mitarbeiter getrennt hätten, aufgrund der Sozialauswahl jedoch keine andere Entscheidung möglich war. Diese Bedenken darf er im Gespräch mit dem Mitarbeiter jedoch nicht äußern, denn er nimmt die Aufgabe der Kündigung stellvertretend für die Unternehmensleitung wahr. Anderenfalls gerät er in eine schwierige Situation, wenn der Gekündigte gegen Dritten äußert: „Sogar mein Chef empfindet die Kündigung als ungerecht!“ und ihn als Kronzeugen gegen die Unternehmensführung verwendet, wenn er rechtliche Schritte gegen die Kündigung ergreift. Ein häufiger Vorwurf: „Sie haben doch gesagt, .....“ Ein Vorwurf, mit dem Führungskräfte bei Kündigungen oft konfrontiert werden, ist: „Aber vor einem Monat planten Sie mit mir doch noch...“ Oder: „Bei der Weihnachtsfeier erklärten Sie noch, unsere Arbeitsplätze seien sicher.“ Dann sollte die Führungskraft zu ihren Worten stehen, den Irrtum bedauern und sagen, dass sie zum damaligen Zeitpunkt die Situation anders eingeschätzt habe, diese sich aber in der Zwischenzeit geändert hat. Nicht selten erfahren Führungskräfte in Kündigungs- und Trennungsgesprächen Dinge aus dem Privatleben der Gekündigten, von denen sie zuvor nichts wussten. Zum Beispiel, wenn der Gekündigte verzweifelt sagt: „Aber ich habe doch gerade ein Haus gebaut.“ Zuweilen stellen die neuen Informationen sogar die Kriterien der bei größeren Betrieben beim Entlassen mehrerer Mitarbeiter vorgeschriebenen Sozialauswahl infrage. Zum Beispiel, wenn ein Mitarbeiter erklärt: „Ich bin zwar ledig, lebe jedoch seit Jahren mit einer Frau mit zwei Kindern zusammen.“ Auch dann darf die Führungskraft die Kündigung nicht infrage stellen. Sonst ergibt sich ein Präzedenzfall, und die anderen zu kündigenden Mitarbeiter werden einen Kuhhandel beginnen. 76 07 // 2020

BERUF & KARRIERE Und wenn eine Kündigung aufgrund der neuen Infos rechtlich problematisch wird? Dann sollten Chef und Mitarbeiter einen Aufhebungsvertrag anstreben. Denn ein monatelanger Arbeitsgerichtsprozess mit ungewissem Ausgang belastet das Betriebsklima sehr. Dessen ungeachtet werden die zu kündigenden Mitarbeiter stets fragen: „Warum gerade ich?“ Wichtig ist dann eine inhaltlich verständliche Erklärung, keinesfalls aber eine Diskussion über die Auswahlkriterien. Denn wer die Gründe für die Kündigung diskutiert, diskutiert die Kündigung selbst. Wie schwer eine Kündigung zu begründen ist, hängt weitgehend vom Anlass ab. Bei personen- oder verhaltensbedingten Kündigungen ist das Begründen leicht. Hier gilt es vor allem, das rechtliche Prozedere zu beachten. Schwieriger ist es, wenn ein Mitarbeiter nicht die gewünschte Leistung erbringt. Dann sollte die mangelnde Passung zwischen Aufgaben und Qualifikation im Gespräch im Vordergrund stehen. Kündigung begründen, ohne die Person zu kränken Entlässt ein Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeitern betriebsbedingt eine größere Zahl von Mitarbeitern, dann muss deren Auswahl meist gemäß den gesetzlichen Vorgaben anhand von Kriterien wie Alter, Familienstand und Dauer der Betriebszugehörigkeit erfolgen. Auch dann ist das Begründen vergleichsweise einfach, denn die Auswahl basiert auf objektiven Kriterien. Deshalb kann der gekündigte Mitarbeiter eine solche Auswahl leichter akzeptieren als eine personenbezogene. Anders ist die Situation, wenn in die Auswahl auch Faktoren einfließen, wie: Wer bringt welche Leistung? Und: Welche Fertigkeiten braucht das Unternehmen? Dann wird das Begründen schnell zur heiklen Aufgabe. So zum Beispiel, wenn gegenüber einem Techniker begründet werden soll, warum er gehen muss, während seine zwei Berufskollegen, die dieselben Aufgaben verrichten, bleiben dürfen. Gerade bei solchen Kündigungen bewegen sich Unternehmen juristisch oft auf dünnem Eis. Deshalb ist es bei ihnen meist vorteilhafter, eine Aufhebungsvereinbarung anzustreben. FAZIT Die Übergangszeit bis zum Ausscheiden regeln Ist die Kündigung ausgesprochen und begründet, geht es darum, die Zeit zwischen der Kündigung und dem Austritt aus dem Unternehmen zu regeln. Hierfür kann ein separater Termin vereinbart werden. Im Trennungsgespräch selbst sollte dem Mitarbeiter ein Weg für den Trennungsprozess aufgezeigt werden. Außerdem sollte er Hilfe beim Suchen einer neuen Stelle erhalten, z. B. durch die Berücksichtigung seiner Wünsche beim Formulieren des Arbeitszeugnisses oder das Angebot, bei Bewerbungen als Referenzperson zu fungieren. Um den Trennungsprozess reibungslos zu gestalten, empfiehlt es sich oft, einen Karriereoder Newplacement-Berater zu engagieren, der die gekündigten Mitarbeiter beim Entwickeln einer neuen beruflichen Perspektive unterstützt. Dadurch wird der Blick der gekündigten Mitarbeiter in Richtung Zukunft gewendet und die verbleibenden Mitarbeiter sehen das Signal: „Der Betrieb lässt unsere ehemaligen Kollegen nicht im Regen stehen.“ Gerade, wenn es um das Entlassen von altbewährten und hochangesehenen Mitarbeitern geht, sollten Unternehmen das Engagieren eines solchen Beraters erwägen. Ebenso, wenn eine Kündigung rechtlich problematisch werden könnte, denn die Unterstützung beim Entwickeln einer neuen beruflichen Perspektive erleichtert Mitarbeitern das Zustimmen zu einem Aufhebungsvertrag. Den Blick wieder in Richtung Zukunft richten Oft ist eine bezahlte Freistellung bis zum Ausscheidungstermin für beide Parteien die sinnvollste Lösung. Für die Gekündigten hat dies den Vorteil: Sie können sich voll auf das Entwickeln einer neuen Perspektive konzentrieren. Auch für das Betriebsklima ist eine Freistellung meist das Beste. Denn solange der oder die gekündigten Mitarbeiter im Unternehmen verweilen, sind auch die Noch-Kollegen innerlich hin- und hergerissen. Einerseits haben sie Mitleid mit ihren Kollegen, andererseits sehen sie oft die Notwendigkeit der Kündigungen. Dieser innere Zwiespalt wirkt sich negativ auf ihre Arbeitsmoral aus. Er hindert sie zudem, ihren Blick wieder in Richtung Zukunft zu wenden. Dies sollte in dem für alle beteiligten Personen schmerzhaften Prozess Personalabbau jedoch möglichst schnell geschehen. Autor Alexander Pifczyk ist Senior Consultant und Partner bei der Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Führung, Change- und Projekt-Management. Kündigungsgespräche sind immer unschön. Um das negative Erlebnis für beide Seiten etwas erträglicher zu gestalten, sollten Führungskräfte darauf achten, dass das Selbstwertgefühl der zu kündigenden Mitarbeiter gewahrt bleibt, dass die verbleibenden Mitarbeiter nicht unnötig demotiviert werden und dass auch von der Firma selbst langfristiger Schaden abgewendet wird. 07 // 2020 77

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