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diebank 07 // 2020

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

BERUF & KARRIERE

BERUF & KARRIERE BERUFSSTART IN ZEITEN DER CORONA-KRISE Stresstest für Azubis Geschlossene Filialen, abgesagte Prüfungen, kaum noch persönliche Kundenkontakte: Die Auszubildenden bei den Banken müssen in diesem Jahr schon früh ihren ersten Stresstest bestehen. Wie meistern sie die Corona-Krise? Wie wirkt sich Covid-19 auf die Zahl der Ausbildungsplätze im neuen Jahrgang aus? Was versprechen sich die Banken von der neuen Ausbildungsordnung? Gute Nerven brauchen die Personaler der Banken seit Ausbruch der Pandemie allemal. Zum 1. August, spätestens aber zum 1. September, wollten sie ihre neuen Auszubildenden begrüßen. Bei den großen Instituten sind es mehrere hundert. Wo und wie die Einführungswoche in diesem Jahr stattfindet, stand bei vielen bis kurz vor Beginn des Ausbildungsjahrs immer noch nicht fest. Etwas leichter taten sich nur Banken, bei denen nicht ganz so viele Schulabgänger starten, etwa die KfW. Die Förderbank verlegte ihre Einführungswoche in den großen Festsaal des Gesellschaftshauses Palmengarten, mietete zusätzliche Räume an, um auch die üblichen IT-Schulungen abhalten zu können. Kleine Abstriche wurden dennoch gemacht. Gewöhnlich lädt die KfW zum Ende der Woche alle Eltern der neuen Azubis zu Kaffee und Kuchen ein und führt sie im Gebäude herum. Das musste in diesem Jahr ausfallen. Schwieriges Startjahr 2020 Sie stehen noch ganz am Anfang ihres Berufslebens und mussten schon ihren ersten Stresstest bestehen. Berufsschulen und Filialen machten von jetzt auf gleich dicht, persönliche Kundenkontakte wurden auf ein Minimum reduziert, Abschlussprüfungen auf unbestimmte Zeit verschoben. Wie nehmen die Azubis die Krise wahr? Welche Auswirkungen hat die Covid-19-Pandemie auf die Zahl der Ausbildungsplätze bei den Banken? Wie hat sich das Interesse bei den Bewerbern seit Ausbruch von Corona verändert? Wie die Auszubildenden (siehe Fotos) sind auch die Personaler gefordert. Sie mussten nicht nur von einem auf den anderen Tag den Alltag der Auszubildenden neu organisieren, sondern auch das laufende Recruiting der neuen Bewerber zügig von persönlichen auf virtuelle Treffen umstellen. „Wir haben regelmäßig mit den Bewerbern kommuniziert, damit sie sich sicher sein konnten, dass wir die Stellen weiterhin besetzen“, sagt Isabell Müller, die das Team Junior & Employee Concepts bei der Commerzbank leitet. „Und anders als in den Vorjahren haben wir noch bis in den Juli mit Hochdruck rekrutiert.“ Gleichzeitig musste die Bank Ausbildungsverträge teils bis zum 30. September 2020 verlängern, da einige IHKs ihre Prüfungstermine bis in den August verschoben hatten. TIM SANDAU kam es eigentlich ganz gelegen, dass die schriftliche Abschlussprüfung um einen Monat nach hinten geschoben wurde. „So hatte ich etwas mehr Zeit zum Lernen“, sagt der 20-Jährige, der bei der Commerzbank in Rostock seine Ausbildung zum Bankkaufmann von zweieinhalb auf zwei Jahre verkürzt hat und im Juli 2020 ausgelernt haben sollte. „Von der Commerzbank haben wir ein iPad bekommen und konnten die Seminare zur Vorbereitung auf die Prüfung dann via Zoom-Call online machen.“ Unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen fanden die Klausuren schließlich in der Stadthalle Rostock und in der IHK statt. „Wir mussten eine eidesstattliche Erklärung abgeben, dass wir wissentlich zu niemandem Kontakt hatten, der mit Corona infiziert ist“, erzählt Sandau. Wenn sich ein Prüfling nicht an die Abstands- und Hygieneregeln vor Ort gehalten hätte, wäre er durchgefallen. Da auch die mündliche Prüfung verschoben wurde, hat die Commerzbank Sandaus Vertrag um einige Wochen verlängern müssen. Seine weiteren Pläne hat das nicht durchkreuzt. Von Herbst an studiert Sandau in Hamburg „Management und Digitalisierung“ und arbeitet parallel dazu als Teilzeitkraft im Bereich Privat- und Unternehmerkunden. Der junge Mann hat sich bewusst für die Ausbildung bei einer großen Bank entschieden: „Bei einer international aufgestellten Bank kann man viel besser über den Tellerrand schauen.“ 66 07 // 2020

BERUF & KARRIERE „Für uns war es vor allem wichtig, pragmatische Lösungen zu finden, angefangen von digitalisierten Trainings für die Zeit des Arbeitens von zu Hause über die Ausbildung in Filialen, die für Laufkunden geschlossen waren, bis hin zu Einzelfalllösungen wie der tageweisen Freistellung eines Azubis, der ehrenamtlich die Freiwillige Feuerwehr unterstützt“, sagt Sarah Daun, Ausbildungsreferentin bei der Targobank. Besonders gute Nerven mussten die Azubis beweisen, deren Prüfung in die Hochzeit von Corona fiel. LINDA WLASSAK von der HypoVereins- bank in München hätte eigentlich Anfang April zur schriftlichen Prüfung bei der IHK München erscheinen müssen. Doch die Kammer sagte kurzfristig ab und verschob sie schließlich auf den 18. und 19. Juni. Die Bürokauffrau schloss dann Mitte Juli mit der mündlichen Prüfung ihre Ausbildung ab. „Nach der Schließung der Berufsschulen bekamen wir die Aufgaben per Mail und konnten bei Fragen die Lehrer per Handy kontaktieren.“ Zwischendurch hätten die Lehrer kleine Tests zur Selbstkontrolle geschickt. Trotz der terminlichen Unwägbarkeiten und der Eigeninitiative, die beim Lernen gefordert war, empfindet Wlassak die Zeit der Krise auch positiv. „In der Corona-Zeit war es besonders spannend zu erleben, wie wir die Kunden auch digital gut unterstützen können und wie flexibel sie waren, über digitale Kanäle zu kommunizieren“, sagt Wlassak, die wie das Gros der Azubis übernommen wurde und jetzt bei der HVB in Merseburg (Sachsen-Anhalt) im Privatkundenbereich arbeitet. Mit dem komplett virtuellen Recruiting haben die Institute dann aber so gute Erfahrungen gemacht, dass viele von ihnen an neuen digitalen Formaten festhalten. „Wir wollten ohnehin das Recruiting komplett überarbeiten. Da hat uns Corona in die Hände gespielt“, sagt Heinrich Gerhard, Teamleiter Nachwuchsförderung bei der KfW. Vor der Krise bestand das dreistufige Auswahlverfahren aus einem kurzen Online-Test, der zu Hause gemacht wurde, einem dreistündigen Online- Test an einem der drei Standorte der KfW und schließlich einem halbtägigen Assessment Center vor Ort. Jetzt findet auch der zweite Test zu Hause statt, und ein Interview per WebEX ersetzt das Assessment Center. „Wegen des hohen Aufwands für Bank und Bewerber werden wir künftig darauf achten, dass die Bewerber nur noch maximal einmal zu uns kommen müssen“, so Gerhard. Auch die Deutsche Bank prüfe, ob Einzelinterviews in besonderen Fällen auch weiterhin per Video-Call durchgeführt werden können, sagt Katja Hain, Leiterin Ausbildung & Nachwuchsgruppen. Auf das Angebot an Ausbildungsplätzen hat sich die Corona-Krise bei den Banken unterschiedlich ausgewirkt. Die Deutsche Bank etwa plant (Stand Ende Juli) in diesem Jahr laut Katja Hain insgesamt 727 Auszubildende und duale Studenten in Deutschland einzustellen (bei der Deutsche Bank 374, bei der Postbank 353). Im Jahr 2019 waren es mit insgesamt 667 Auszubildenden und dualen Studenten deutlich weniger. Die Commerzbank stellte in diesem Jahr wie geplant 100 Fachinformatiker ein, sodass 450 junge Menschen eine Ausbildung starteten, nach 365 im Vorjahr. Bei der HypoVereinsbank sind es wie im Vorjahr 130, was Lisa Geitz, Leiterin Talent Center der HypoVereinsbank, auch als Signal wertet, dass Ausbildung in Krisenzeiten ihren hohen Stellenwert behält. Bei der KfW stieg die Zahl der diesjährig eingestellten „Stuzubis“, wie Azubi und Duale Studenten intern genannt werden, um sechs auf 51. Die Targobank stellte ihr Recruiting in der Hochphase der Pandemie ganz ein, weil sie die Kandidaten nicht mehr zu Assessment Centern einladen konnte. Zum 1. August begannen deshalb nur 210 neue Azubis und du- 07 // 2020 67

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