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diebank 07 // 2020

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

SCHWERPUNKT

SCHWERPUNKT ZAHLUNGSVERKEHR OPEN TRANSACTION BANKING Trusted Blended Payments – Geld verdienen mit Zahlungsverkehr Wer heute für die Finanzdienstleistungen von morgen plant, kommt um PSD2 und Echtzeit-Bezahlverfahren nicht herum. SCT Inst, das SEPA-Überweisungsverfahren für die Abwicklung von Überweisungen in Echtzeit, ist europaweit etabliert. Die Covid-19-Krise hat den Trend zum kontaktlosen Bezahlen drastisch verstärkt. Doch für die Finanzwirtschaft geht es um viel mehr als die Abschaffung des Bargelds. Die Zukunft ihrer Existenz liegt in Trusted Blended Payments.

SCHWERPUNKT ZAHLUNGSVERKEHR Corona macht im europäischen Zahlungsverkehr 2020 den Unterschied: Fast zwei Drittel der Deutschen (61 Prozent) zahlen heute beim Einkauf mobil mit Karte oder Smartphone. Das ermittelte der Bankenverband in einer aktuellen Kurzumfrage. Demnach verzichtet rund ein Viertel der Befragten (26 Prozent) aus Anlass der Corona- Krise bewusst auf Barzahlungen, während 35 Prozent schon vorher überwiegend bargeldlos zahlten. Zwar geben mehr als drei von zehn Befragten (37 Prozent) an, dass sie genauso oft bar bezahlen wie vor der Krise. Dennoch ist klar: In der Pandemie entdecken Verbraucher mehr denn je die Vorteile des kontaktlosen Bezahlens für sich. Wenn der aktuelle Trend anhält, ist davon auszugehen, dass der Baranteil bis 2025 auf etwa ein Drittel des Umsatzes in Deutschland sinken wird. Fast 50 Länder haben die Grenzwerte für kontaktlose Zahlungen bereits erhöht. Damit ist Covid-19 zu einem der wichtigsten Treiber der tiefgreifenden Veränderungsprozesse im Zahlungsverkehr avanciert. Die Pandemie wirkt fort Schon heute zeichnet sich ab, dass die beschriebenen Auswirkungen länger anhalten werden als die Pandemie selbst. Ein Grund dafür: Unternehmen – auch in der Finanzindustrie – werden mittel- bis langfristig versuchen, möglichst viele bislang manuelle Prozessschritte zu automatisieren, um sie vor den Auswirkungen von künftigen Lockdowns oder anderen Katastrophen zu schützen. In diesem Zusammenhang bietet der Zahlungsverkehr für alle Beteiligten großes Potenzial. Hinzu kommt: Infolge der durch den Lockdown ausgelösten wirtschaftlichen Krise wird es schwieriger, die steigenden Kapitalanforderungen der Aufsicht und die Shareholder-Erwartungen an die Eigenkapitalrendite zu erfüllen. Das führt dazu, dass Unternehmen weltweit und branchenübergreifend den Trend von CAPEX (Investitionsausgaben für längerfristige Anlagegüter) zu OPEX (laufen- de Ausgaben für einen funktionierenden operativen Geschäftsbetrieb) forcieren. Investitionsgüter wie Maschinen und Anlagen werden seltener gekauft. Bezahlt wird nur noch deren Nutzung – und zwar in Echtzeit. Dabei werden Zeitpunkt und Höhe der einzelnen Zahlungen immer stärker von einer Vielzahl unterschiedlicher Faktoren abhängen. Das gilt beispielsweise für Versicherungsprämien und Leasingraten ebenso wie für die flexible Gestaltung von Tilgungs- und Zinsanteilen bei der Kreditrückzahlung. Die Basis dafür sind vertrauensvolle, sichere Zahlungstransaktionen im Hintergrund, sogenannte Trusted Blended Payments. Mehr als Zahlungsabwicklung Das Modell der Trusted Blended Payments enthält eine ganze Reihe unterschiedlicher Use Cases. Ihr Mehrwert besteht unter anderem darin, dass sie Zahlungsvorgänge kundenfreundlicher gestalten. Denn Kunden, vor allem Verbraucher, wollen sich nicht mit dem Zahlungsvorgang beschäftigen, sondern mit dem Produkt oder der Leistung, die sie erwerben. Amazon Go, die Idee des kassenlosen Supermarkts, setzt diese Erkenntnis in die Praxis um – als prominentes Beispiel für den Use Case Pay As You Go. Das Konzept findet auch in Deutschland bereits Nachahmer – allerdings noch mit menschlicher Interaktion. So bietet beispielsweise Edeka in mehreren Filialen die Möglichkeit an, per App zu bezahlen – ohne die lästige Wartezeit an der Kasse. Ein solch unsichtbarer – aber falls gewünscht, jederzeit nachvollziehbarer – Zahlungsverkehr, nicht nur am Point of Sale (PoS), sondern entlang der gesamten Wertschöpfungskette, eröffnet ganz neue Geschäftsmöglichkeiten. Dazu gehören etwa automatische Ersatzteilbestellungen, nutzerbasierte Produktions- und Investitionskreditrückzahlungen oder parametrische Versicherungen in der Lebensmittellogistik, bei denen eine Unterbrechung der Kühlkette automatisch die fällige Entschädigungszahlung auslöst. Entsprechende Use Cases unter der Bezeichnung Pay As You Use oder Pay How You Use finden sich insbesondere in Branchen wie Handel, Leasinggeber, Automotive, Versicherungsunternehmen, aber auch bei klassischen Kreditinstituten. Das dritte Modell, das sehr eng mit den bereits genannten zusammenhängt, ist Pay As You Earn. Dabei werden beispielsweise Tilgungszahlungen für Investitionskredite zur Finanzierung von Industrieanlagen nur ausgelöst, wenn damit auch wirklich Erlöse generiert werden. Diese neue Zahlungsmethode beruht auf Pay As You Use, geht aber einen Schritt weiter, weil hier Zahlung und Finanzierung miteinander verschmelzen. Realer Produktions-Output Während es bei rein nutzungsorientierten Zahlungen, wie bei Car-Sharing-Abrechnungen oder beim telemetriegestützen Einzug von Kfz-Versicherungsprämien, lediglich um die Begleichung einer Verbindlichkeit geht, werden Höhe und Frequenz der Tilgungszahlungen bei modernen Maschinen-Investitionsfinanzierungen vom realen Produktions-Output bestimmt und sind damit unmittelbar mit den damit verbundenen Einnahmen verknüpft. Zu den ersten Anbietern von Trusted Blended Payments gehört die Commerzbank. Das Unternehmen vergibt in einem Pilotprojekt Landmaschinenfinanzierungen, die abhängig von der Nutzung der Maschinen zurückgezahlt werden. Die Voraussetzungen für die Rückzahlung werden über Sensoren an den Maschinen ermittelt und dann an unterschiedliche Systeme der Beteiligten übertragen, die anschließend automatisiert die Zahlungsabwicklung vornehmen. Solange die Eigentümerschaft der Maschine rechtlich eindeutig ist, verläuft die starke Kundenenauthentifizierung nach der Zahlungsdiensterichlinie PSD2 wie beim Bezahlen einer natürlichen Person am PoS. Bei zukünftigen M2M-Payments (Bezahlvorgänge zwischen Maschinen) über Maschinenidentitäten, die von mehreren juristischen Personen benutzt werden, sind Authentifizierung, Zahlungs-Autorisierung und Haftung je- 07 // 2020 55

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