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diebank 07 // 2020

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

SCHWERPUNKT

SCHWERPUNKT ZAHLUNGSVERKEHR besondere im Kontext der automatisierten und digitalen Kommunikation immer wichtiger. „Durch KI und die Auswertung aktueller und historischer Daten über den Kunden und sein Verhalten kann eine Bank bei Anfragen des Kunden im Chat sofort Vorschläge unterbreiten und ihm individuell relevante Informationen liefern. Die kontextbasierte Verarbeitung und Weiterverarbeitung von Informationen ist ein Aspekt dieser Automatisierung“, so Karl im Brahm, CEO der Avaloq Sourcing (Europe) AG und Head of Germany der Avaloq Gruppe mit Geschäftssitz in der Schweiz. Transformative Maßnahmen Im Open-Experience-Zeitalter arbeiten Fin- Techs, Banken und Unternehmen unabhängig von Größe und Branche zusammen. Gerade Banken kommt dabei die Rolle als Lieferant, Aggregator oder Orchestrator zu, und sie nutzen vor allem die Fähigkeiten von Drittanbietern für die Begeisterung der Kunden an allen Markenkontaktpunkten einer Customer Journey in der Welt des API-Banking. Hierfür bedarf es modernster Kernbanksysteme, die zu einem wesentlichen Teil eines Finanzökosystems avancieren. Aber was bedeutet das für Banken konkret, und welche strategischen Optionen gibt es bislang? Kernbanksysteme bestehen aus dem Hauptbuch (General Ledger) und dem Buchungskern (Booking Engine). Eines der wichtigsten Kernbanksysteme ist CoRealK. Es wird von der Commerzbank und der Comdirect genutzt und stellt für beide Häuser das zentrale Backend-System für das Kontokorrent- und Einlagengeschäft (Tages- und Termingelder) dar. Die zentrale Aufgabe der Hauptbuchhaltung ist die Gesamtdarstellung des externen Rechnungswesens und damit der Sachkonten. Die Sammlung aller Geschäftsvorfälle in einem betriebswirtschaftlich integrierten Software-System garantiert zu jedem Zeitpunkt, dass die Kontenführung vollständig und abgestimmt ist. Eine wichtige Funktion von CoRealK ist die Neartime-Verarbeitung von allen Banktransaktionen auf Kundenkonten, insbesondere aus dem Zahlungsverkehr (Booking Engine). „Es gibt auf dem Markt eine Vielzahl verschiedener Core-Banking-Lösungen, die sich grundsätzlich anhand des Betriebsmodells – On Premises oder als Software as a Service (SaaS) – unterscheiden lassen“, klärt Oliver Dlugosch, CEO und Mitgründer des FinTechs ndgit auf und betont zugleich: „Durch die zunehmende Öffnung von Banken für Dritte gewinnen SaaS-Lösungen an Bedeutung und werden unter anderem von Neobanken gerne eingesetzt. Generell erleichtern neuere Core- Banking-Lösungen im SaaS-Betrieb die Anbindung an Partner und damit den Zugriff auf Daten, der für Open Banking notwendig ist.“ Die Firma ndgit bietet eine Software als Middleware zwischen Kernbanksystemen und digitalen Partnern an, die auf die Funktionalität der Kernbanksysteme aufsetzt. Als Enabler für Banken ermöglicht das Unternehmen somit unabhängig vom jeweils gewählten Kernbanksystem Open-Banking-Anwendungen. Einen innovativen Gedankengang zur Blockchain bringt auf Nachfrage von „die bank“ FIS-Experte Boris Strucken ins Spiel: „Momentan ist das moderne Kernbanksystem in erster Linie modular, skalierbar und hoch performant, was die etablierten Blockchain- Technologien vor größere Herausforderungen stellt. Vielleicht kann eine NextGen DLT hier verteilte und trust-basierte Modelle ermöglichen. Einzelne Banking Use Cases auf einer Blockchain umzusetzen und mit einem Kernbanksystem zu verknüpfen, könnte helfen, hier die unterschiedlichen Paradigmen besser zu beurteilen. Wenn man innovativ denken möchte, könnte man erwägen, gleich eine Bank über eine Blockchain abzubilden, also nicht nur das Core Banking, sondern sämtliche Geschäftsprozesse.“ Strategische Entscheidungen Die Gretchenfrage, ob ein Institut das eigene Kernbanksystem innovieren oder eine völlig neue Core-Banking-Lösung einkaufen soll, bleibt für Privatbanken jedoch weiterhin bestehen. Zu den Anbietern externer Lösungen zählen etwa Avaloq, Finnova, FIS oder Mambu. Die Big Two sind hierzulande jedoch die Fiducia & GAD IT AG für den genossenschaftlichen Sektor sowie die Finanz Informatik GmbH & Co. KG (FI) der Sparkassen- Finanzgruppe. Die beiden großen Rechenzentren vereinen zusammen einen Marktanteil von nahezu 80 Prozent im deutschen Bankenmarkt. Hinzu kommen Banken, die ein eigenes Core- 46 07 // 2020

DIGITALISIERUNG Banking-System realisiert haben und jenes im Hinblick auf IT-Legacy und Regulatorik warten müssen. Das bindet insbesondere kostbare interne IT-Ressourcen. Vielleicht ist das auch ein Grund, weshalb nicht nur Genossenschaftsbanken, sondern auch Privatbanken wie die Donner & Reuschel AG das Kernbanksystem der Fiducia & GAD mitnutzen. Was ist also zu tun? Dazu Oliver Dlugosch, CEO von ndgit: „Einfach gesagt ist eine Buy-Entscheidung die richtige, wenn die Lösung schnell implementiert werden soll und die Anforderungen der Bank mit dem angebotenen Standardfunktionsumfang erfüllt werden können. Eine Make-Entscheidung kann sinnvoll sein, wenn die Bank sehr spezielle Anforderungen hat und intern über die notwendigen Ressourcen verfügt – allerdings ist das heute eher unüblich.“ Aber wo kommt bei diesen Transformationserfordernissen im Kundengeschäft noch der Mensch zum Einsatz? „Wir kooperieren mit FinTechs an der Stelle, wo wir die Customer Journey schnell und effizient umsetzen können. Für komplexe Herausforderungen, zum Beispiel für die Nachfolgeplanung eines Unternehmens, kann allerdings kein Algorithmus die Antwort liefern. Hier braucht es einen qualifizierten Berater“, stellt Marcus Vitt, Vorstandssprecher des Bankhauses Donner & Reuschel, abschließend fest. FAZIT Plattformbasierte Finanzökosysteme müssen das Vertrauen der Kunden in den Schutz ihrer Daten sicherstellen und zeitgemäße, kanalübergreifende sowie nutzerfreundliche Anwendungen anbieten. Ferner muss bei einem Zugriff durch eine Vielzahl von Anbietern gewährleistet sein, dass jeder nur die Daten erhält, die für die Erbringung der Leistung wichtig sind. Hierfür braucht es offene Schnittstellen, neue Kommunikationstechnologien sowie Künstliche Intelligenz zur Auswertung des wertvollsten Rohstoffs in der digitalen Welt – und das sind Daten. Letzteres erfordert ebenso eine Öffnung von Altsystemen oder die Etablierung eines völlig neuen Gesamtbankkonzepts. Autor François Baumgartner ist freiberuflicher Journalist, Kommunikationsmanager und Berater für Start-ups und mittelständische Unternehmen. 07 // 2020 47

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