Aufrufe
vor 3 Jahren

diebank 07 // 2020

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

REGULIERUNG begrenzung

REGULIERUNG begrenzung für die Forderung gibt es künftig nicht mehr. Es reduziert sich lediglich der Einspareffekt aus dem KMU-Faktor, je größer der Gesamt-Risikopositionswert gegenüber der GvK des KMU ist: Infrastruktur-Unterstützungsfaktor Wie beim KMU-Faktor wird auch der Geltungsbeginn des neuen Infrastruktur-Unterstützungsfaktors gemäß Artikel 501a CRR II in Höhe von 0,75 vorverlegt. Forderungen aus den Forderungsklassen „Unternehmen“ und im IRBA „Spezialfinanzierungen“ können mit dem Faktor abgesenkt werden. Ziel der Maßnahme ist die Förderung beim Ausbau der Infrastruktur. Damit Banken den Unterstützungsfaktor anwenden können, sind eine Reihe zum Teil strenger Anforderungen an diese Finanzierungen zu erfüllen. Die berücksichtigungsfähigen Risikopositionen dürfen nur gegenüber einem Rechtsträger bestehen, der speziell zur Finanzierung oder zum Betrieb von physischen Strukturen oder Anlagen, Systemen und Netzen, die grundlegende öffentliche Dienste erbringen oder unterstützen, errichtet wurde. Zudem muss sich die Rückzahlung der Verpflichtung zu mindestens zwei Dritteln aus den durch die finanzierten Vermögenswerte generierten Einkünfte und nicht aus der unabhängigen Zahlungsfähigkeit eines größeren Wirtschaftsunternehmens speisen. Die vertraglichen Vereinbarungen müssen den Kreditgebern ein hohes Maß an Schutz bieten. Befindet sich der Schuldner noch in der Bauphase, dürfen die Eigenkapitalgeber nur ein geringes Ausfallrisiko aufweisen und müssen zudem über einschlägige Sachkenntnisse und Erfahrungen in der Überwachung von Infrastrukturprojekten verfügen. Der Schuldner muss erprobte Technologien und Konstruktionen verwenden. Auch muss er bewertet haben, ob die finanzierten Vermögenswerte zu bestimmten Umweltschutzzielen beitragen, die dem EU-Nachhaltigkeitsrahmenwerk entsprechen. Von dem Rahmenwerk werden beispielsweise der Klimaschutz, die Anpassung an den Klimawandel oder nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen erfasst. Die Anforderungen an den Infrastrukturfaktor sind sehr strikt. Es wird in der Praxis eine große Herausforderung sein, die Erfüllung der Anforderungen zu überprüfen. Dazu wird eine Vielzahl an Informationen aus den Marktbereichen benötigt, die derzeit in den allermeisten Fällen wohl nicht in einer entsprechenden Granularität vorliegen. Freistellung bestimmter Garantien Von nationalen Regierungen oder anderen öffentlichen Einrichtungen im Zuge der Covid- 19-Pandemie gewährte Garantien werden in ihrer risikomindernden Wirkung den Garantien von Exportversicherungsagenturen gleichgestellt. Dazu können auch bestimmte Risikopositionen gegenüber Zentralbanken gemäß Artikel 429a CRR I in der durch die CRR II geänderten Fassung vorübergehend von der Berechnung der Gesamtrisikopositionsmessgröße eines Instituts ausgenommen werden. Der Ermessensspielraum zur Ausnahme solcher Risikopositionen war ursprünglich erst ab dem 28. Juni 2021 anwendbar. Für die bankinternen Marktrisikomodelle ist täglich ein Backtesting durchzuführen, bei dessen Nichterfüllung unter bestimmten Bedingungen ein zusätzlicher quantitativer Multiplikator die bestehende Eigenmittelanforderung weiter erhöht. Mit den Rü ckvergleichen soll sichergestellt werden, dass die internen Modelle – aufsichtlich gesehen – ausreichend Eigenmittelanforderungen generieren, um damit Handelsbuchverluste ausgleichen zu können. Die Nichterfüllung der Rückvergleichsanforderung bezeichnet man als Überschreitung. Gehen die Überschreitungen über eine aufsichtlich festgelegte Anzahl pro Jahr hinaus, ist ein Multiplikator auf die unter Verwendung der internen Modelle berechneten Eigenmittelanforderungen für das Marktrisiko anzuwenden. Durch den CRR Quick Fix wird eine zusätzliche Flexibilität eingeführt, mit der die zuständigen Behörden die negativen Auswirkungen der während der Pandemie festgestellten extremen Marktvolatilität abschwächen können. Infolge der Krise ist der quantitative Multiplikator für das Marktrisiko stark angestiegen. Die zuständigen Behörden können die zwischen dem 1. Januar 2020 und dem 31. Dezember 2021 aufgetretenen oder noch auftretenden Überschreitungen von der Multiplikator-Betrachtung ausnehmen. Es versteht sich von selbst, dass nur Überschreitungen im Corona-Zusammenhang und nicht aufgrund von Unzulänglichkeiten der internen Modelle von der Ausnahmeregelung erfasst sind. 40 07 // 2020

REGULIERUNG Zudem wurde auch ein zeitlich befristeter aufsichtlicher Korrekturposten zur Neutralisierung extremer Volatilitäten der Finanzmärkte eingeführt. Ohne diesen hätten die Volatilitäten zu höheren Renditen und sinkenden Preisen für Staatsschuldtitel geführt. Die Folge wären nicht realisierte Verluste aus Beständen der Institute an Staatsanleihen und eine Anhebung der Mindesteigenmittelanforderung. Letztere könnte die Kreditvergabefähigkeit der Institute abschwächen, was nicht gewollt ist. Mit der CRR II wurde die vom BCBS im Jahr 2017 empfohlene Berechnung des Risikopositionswerts für die Leverage Ratio von zur Abrechnung anstehenden marktüblichen Käufen und Verkäufen überarbeitet. Die Regelungen sollten sicherstellen, dass die Behandlung die mit diesen Geschäften verbundene inhärente Hebelwirkung ordnungsgemäß widerspiegelt. Zudem sollten mögliche Unterschiede in der Rechnungslegung die Berechnung zwischen Instituten mit vergleichbaren Positionen nicht beeinträchtigen. Diese günstigere Behandlung war ursprünglich erst ab dem 28. Juni 2021 vorgesehen und wurde durch den CRR Quick Fix vorgezogen. FAZIT Derzeit kann nicht abgeschätzt werden, ob die Maßnahmen des CRR Quick Fix ausreichen, den negativen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie entgegenzuwirken. Die Krise kam im ersten und zweiten Quartal des Jahres bei den Instituten letztlich noch nicht an. Die Banken werden erst nachgelagert zur Realwirtschaft betroffen sein, wenn erste Kreditausfälle und Bonitätsverschlechterungen die Risikovorsorgen nach oben treiben. Ferner beeinflussen die vielen staatlichen Maßnahmen wie etwa Hilfsprogramme und Moratorien die Auswirkungen, sodass ein klares Bild erst im dritten Quartal oder zum Jahresende zu erwarten ist. Weitere aufsichtsrechtliche Maßnahmen sind also nicht auszuschließen. Banken sollten Umsetzungsplanungen aktualisieren Mehrere im Rahmen der CRR II einführte Anforderungen, die für die Banken vorteilhaft sind, sind durch den CRR Quick Fix bereits ab Juli 2020 anwendbar und somit deutlich eher als ursprünglich vorgesehen. Auch bei anderen entlastenden aufsichtlichen Regelungen der CRR II wurde der Geltungsbeginn vorgezogen. Dazu gehören der überarbeitete Unterstützungsfaktor für kleine- und mittelständische Unternehmen (KMU), der Faktor zur Unterstützung von Infrastrukturfinanzierungen, Erleichterungen beim Abzug von immateriellen Vermögensgegenständen (Software) sowie die Vorzugsbehandlung von Krediten, die durch die Rente oder das Gehalt des Kreditnehmers gesichert sind. Auch werden Kredite, die vom öffentlichen Sektor garantiert werden, bei der Berechnung des NPE-Backstopps bevorzugt behandelt. Die Planungen für die Umsetzungen dieser Änderungen waren auf Mitte 2021 ausgelegt. Vor dem Hintergrund der teilweise signifikanten Erleichterungen sollten Banken die Umsetzungsplanungen aktualisieren, um möglichst schnell die Erleichterungen realisieren zu können. Dass die Banken die Erleichterungen bereits zum ersten Meldestichtag angewendet haben werden, ist eher unwahrscheinlich. Erste Proberechnungen zeigen, dass die Höhe des CET1-Abzugs einzelner Software- Vermögenswerte nach EBA-Vorschlag im Zeitablauf schwanken kann. Inwieweit die neue Regelung zu einer tatsächlichen Entlastung führt, hängt von einer Reihe von Faktoren ab. Hierzu gehören unter anderem der angewendete Bilanzierungsstandard, die Nutzungsdauer und die Frage, inwieweit Kosten aktivierbar sind. Bei Banken, die im Marktrisikobereich interne Modelle nutzen, hat die hohe Volatilität an den Märkten, insbesondere seit März 2020, potenziell zu mehrfachen Überschreitungen der Value-at-Risk-Werte geführt. Da die Anzahl dieser Überschreitungen mittels eines Multiplikators auf die Eigenmittelanforderungen wirkt, wird eine Möglichkeit für die zuständigen Aufsichtsbehörden geschaffen, die Überschreitungen in Einzelfällen unberücksichtigt zu lassen und den Anstieg der Eigenmittelanforderungen für das Marktrisiko hierüber zu begrenzen. Eine entsprechende Vorgabe hatte die EZB bereits am 16. April 2020 vorgesehen. Schließlich wird die durch CRR II eingeführte verbindliche Mindestanforderung für die Leverage Ratio im Hinblick auf die Behandlung von Zentralbankreserven geändert, während die Einführung des zusätzlichen Leverage-Ratio-Kapitalpuffers für global systemrelevante Institute gemäß Art. 92 CRR II um ein Jahr, auf den 1. Januar 2023 verschoben worden ist. Autoren Martin Neisen ist Partner im Bereich Regulatory Management und Global Basel IV Leader bei Pricewaterhouse- Coopers (PwC) in Frankfurt am Main. Prof. Dr. Hermann Schulte-Mattler ist Professor für Betriebswirtschaftslehre insbesondere Finanzwirtschaft und Controlling an der Fachhochschule Dortmund. 07 // 2020 41

die bank