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diebank 07 // 2019

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MARKT NULLZINSPOLITIK

MARKT NULLZINSPOLITIK Wie die EZB dem Sparer Vermögen und Wohlstand raubt Seit dem 16. März 2016 liegt der Leitzins in der Eurozone bei 0 Prozent. Nach der letzten EZB-Notenbankkonferenz im portugiesischen Sintra ist zudem klar, dass es vorerst keine Zinswende geben wird. Für deutsche Sparer ist das besonders schmerzhaft, da ihre Ersparnisse weiter an Wert verlieren. Aber auch die marktwirtschaftliche Ordnung droht nun gänzlich aus den Fugen zu geraten. 18 07 // 2019

MARKT Seit nunmehr zehn Jahren überschwemmt die Europäische Zentralbank die Märkte mit billigem Geld. Damals war der Druck auf die EZB groß, mit einer ultraexpansiven Geldpolitik gegen die Deflationssorgen vorzugehen und ihr Mandat der Preisniveaustabilität zu erfüllen. Im letzten Jahr haben die Maßnahmen dann auch erste Wirkungen gezeigt: Die Inflationsrate in der Eurozone lag von Mai bis November 2018 nahe oder über der von der EZB angestrebten Zielmarke von 2 Prozent. Viele Volkswirte gingen deshalb davon aus, dass die EZB die Zinswende spätestens Ende 2019 einläuten werde. Die letzte Notenbankkonferenz hat sie jedoch eines Besseren belehrt. Angesichts der unsicheren konjunkturellen Lage und der nun wieder wenig zufriedenstellenden Inflationsraten in der Eurozone hat die Zentralbank die Zinswende abermals nach hinten verschoben. Bis mindestens Mitte 2020 wollen die Währungshüter die Leitzinsen unangetastet lassen. Falls die Wirtschaft schwächelt und in eine Rezession abzurutschen droht, hat EZB-Präsident Mario Draghi zudem eine weitere Lockerung der Geldpolitik mit zusätzlichen Zinssenkungen und weiteren Anleihekäufen in Aussicht gestellt. Die Währungshüter begründen ihre jüngste Entscheidung mit aufflammenden und nicht beizulegenden Risiken für das weltweite und somit auch das europäische Wirtschaftswachstum. Der Handelsstreit zwischen den USA und China, die angespannte Situation zwischen Washington und Teheran sowie die Gefahr eines ungeordneten Brexits werden dabei als die größten Risiken angesehen. Daneben hat sich die Inflation wieder von dem Wert von 2 Prozent entfernt, den die EZB auf mittlere Sicht im Euro-Raum erreichen will. Ersten Schätzungen zufolge ist die Teuerungsrate im Juli 2019 mit 1,1 Prozent gegenüber dem Vormonat leicht gesunken. Im Juni 2019 lag die Inflationsrate noch bei 1,3 Prozent. Die Kerninflationsrate, aus der besonders schwankungsanfällige Güter herausgerechnet werden, stieg im Juli auf 0,9 Prozent, nach 1,1 Prozent im Juni. Entwertung von Sparvermögen geht weiter Für den deutschen Sparer ist die Ankündigung der EZB, im Notfall eine weitere Lockerung ihrer Geldpolitik vorzunehmen, alles andere als erfreulich. Denn insbesondere Haushalte mit mittlerem Einkommen legen ihr Vermögen trotz Niedrigzinsphase in sichere und damit in niedrig verzinste Anlageformen an. Laut dem Monatbericht der Deutschen Bundesbank schlummerten Ende 2018 rund 2,2 Bio. € auf Tages-, Fest- und Girokonten sowie Sparbüchern. Gegenüber dem Vorjahr betrug der Einlagenzuwachs 110 Mrd. € oder rund 5 Prozent. Bei einem Geldvermögen von über 6 Bio. € machten Bankeinlagen so mit rund 37 Prozent den größten Anteil im Portfolio deutscher Privathaushalte aus. Die Anteile an Investmentfonds und Aktien beliefen sich hingegen lediglich auf jeweils rund 9 Prozent. Diese Zahlen belegen eindrucksvoll, dass sich die EZB im Hinblick auf das Verhalten der deutschen Sparer verschätzt hat. Sie unterstellte, dass die Sparer dank Nullzinspolitik ihre Sparanstrengungen einstellen und stattdessen lieber konsumieren. Die Praxis zeigt jedoch genau den gegenläufigen Fall: Statt ihr Anlageverhalten zu verändern, horten die Sparer auch weiterhin ihr Geld und denken gar nicht daran, Güter und Dienstleistungen vermehrt nachzufragen oder in risikoreichere und somit renditestärkere Anlageprodukte zu investieren. Das mag zum einen daran liegen, dass sich die Aktienmärkte angesichts zahlreicher Belastungsfaktoren in den vergangenen Monaten stark schwankungsanfällig zeigten. Zum anderen ist das klassische Sparen untrennbar mit der deutschen Mentalität verbunden. Die Deutschen sind wenig risikobereit und setzen vielmehr alles daran, ihre Vermögensverluste durch höhere Sparanstrengungen zu kompensieren. Dass dies ein schwieriges und wenig rationales Unterfangen ist, zeigt die Entwicklung der Realzinssätze für Einlagen privater Haushalte für das Neugeschäft, getrennt nach den verschiedenen Laufzeiten oder Kündigungsfristen ab Januar 2003. Laut der Statistik der Deutschen Bundesbank ist der Realzins seit Ende 2016 für das Neugeschäft durchgängig negativ, sodass Sparvermögen seitdem von Jahr zu Jahr an Wert verlieren. ÿ 1 Interessant ist auch der mit negativen Realzinsen einhergehende Wertverlust. Diesen be- 07 // 2019 19

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