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die bank 06 // 2019

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

MARKT 1 | Die

MARKT 1 | Die Geeignetheitserklärung im Überblick Inhalt Die erbrachte Beratung Kenntnisse des Kunden Risikobereitschaft Erläuterungen » Datum und Anlass der Anlageberatung » Teilnehmer/-innen der Anlageberatung » Worüber wurde in der Anlageberatung gesprochen? » Was waren die Anlageziele des Kunden? » Welches Gewicht hatten diese Ziele für den Kunden? » Welche Kenntnisse hat der Kunde in Wertpapieren? » Was weiß der Kunde zu einzelnen Wertpapiergattungen? » Hat er Erfahrungen in der Wertpapieranlage? Für welche Anlageformen? » Wann hat er sein Wissen/seine Erfahrungen gesammelt? » Wie oft und mit welchen Beträgen hat er worin angelegt? » Wie risikobereit ist der Kunde seinen Angaben nach? » Ist der Kunde hinsichtlich der Bedeutung seiner Risikobereitschaft informiert? Die finanziellen Verhältnisse » Wie sind die finanziellen Verhältnisse des Kunden? » Welcher Betrag steht ihm monatlich/jährlich zur freien (Anlage-) Verfügung? » Über welche Vermögenswerte verfügt der Kunde? (Bestandsvermögen mit Beträgen) » Wie sind diese strukturiert (Anlageformen)? » Wie sind diese zeitlich eingeordnet (Anlagedauer)? » Welche laufenden finanziellen Verpflichtungen hat der Kunde? Die Anlageempfehlung » Was wurde dem Anleger empfohlen? » Weshalb wurde diese Empfehlung ausgesprochen? » Wunsch des Kunden? » Wie passt die Anlage zur Risikotoleranz und zu den finanziellen Verhältnissen des Kunden? (Kann er Verluste verkraften?) » Wie passt die Anlage zu den Anlagezielen des Kunden? (Sind Verluste tolerabel? Stimmt die Prognoserechnung mit den Zielen des Kunden überein? Sind die Ziele in der Anlage richtig gewichtet?) » Hat der Kunde die empfohlene Anlage mit seinen Kenntnissen und Erfahrungen in Wertpapieranlagen verstanden? Die Geeignetheitserklärung des Anlageberaters sollte daher aus drei Teilen bestehen: (i) Zunächst den generellen persönlichen Umständen der Kundin A (ihre Vermögenslage, ihre grundsätzliche Risikobereitschaft), ihre Kenntnisse und Erfahrungen mit Wertpapieranlagen; dann (ii) die besonderen Umstände der Anlage zum Autokauf sowie (iii) die besonderen Umstände der Anlage für die Altersvorsorge. In Teil 1 (generelle Umstände, Risikoneigung, Kenntnisse) würden sich also folgende Informationen finden: Z A ist Beamtin mit einem monatlichen Einkommen in Höhe von X €. Z Z Z Z Sie wohnt in ihrer bezahlten Eigentumswohnung. A verfügt über die folgenden Anlagen (jeweils mit Struktur und Betrag) A hat seit Y Jahren in Rententitel (beispielhafte Nennung von Titeln) bzw. entsprechende Rentenfonds (ggf. auch hier Nennung) und seit Z Jahren in DAX-Aktien sowie in den DAX-Aktienfonds (Nennung) investiert. A bezeichnet sich selbst auf der fünfstufigen Risikotabelle der Bank als „mittel risikogeneigt (Stufe 3)“. A erwartet grundsätzlich höhere Renditen, als sie deutsche Staatspapiere erbringen und ist im Gegenzug bereit, das damit verbundene gesteigerte Risiko zu tragen. Der Teil 2 (Empfehlung für die Anlage zum Autokauf) könnte wie folgt aussehen: Z Grundsätzlich könnte A in Wertpapiere mittleren Risikos investieren, also auch in DAX-Aktienfonds. Z Da zum Autokauf aber bereits in zwei Jahren 10.000 € benötigt werden, kommt hierfür nur eine risikolose Anlageform in Betracht. Der Umstand, dass A hier keine Verluste hinnehmen kann, wiegt stärker als ihre gesteigerte Renditeerwartung. Eine Anlage mittleren Risikos könnte hier 10 06 // 2019

MARKT zum Verfehlen des Anlageziels in zwei Jahren führen. Z Es wird daher empfohlen, einen Betrag von X € (der Betrag entspricht dem um den Anlagezins über zwei Jahre abdiskontierten Betrag) in den hauseigenen Sparbrief „Effekt“ zu investieren (bei angenommen zwei Prozent Jahresrendite wäre dies ein Anlagebetrag von ca. 9.600 €). Schließlich folgt Teil 3 (Empfehlung für die Anlage zur Altersvorsorge), der ein wenig komplexer gestaltet sein würde. Hier fände sich im Idealfall eine mehrgliedrige Anlage: Z Eine Anlage zur Altersvorsorge bedingt, dass am Ende der Anlagezeit das eingesetzte Kapital (hier: ca. 40.400 €) zuzüglich einer prognostizierten Verzinsung ungeschmälert zur Verfügung steht. Denn hierbei handelt es sich um Geld, auf das die Anlegerin in Zukunft angewiesen sein wird. Hiergegen spricht auch nicht, dass A zurzeit über diesen Betrag noch keine genaue Vorstellung hat. Diese zu präzisieren, ist u. a. Aufgabe professioneller Anlageberatung. Deshalb empfiehlt es sich in der Praxis, gerade wenn – wie hier – die Anlegerin keine genaue Vorstellung von dem zukünftigen Geldbetrag hat, diesen zu berechnen, also zu „monetarisieren“. Dann lässt sich die Anlage passgenau planen und A weiß, was sie im Alter erwarten kann. Z Aus ihren persönlichen Umständen ergibt sich, dass sie als Beamtin in sicheren Verhältnissen lebt und mit der abgezahlten Eigentumswohnung bereits einen soliden Grundstein für ihr Alter gelegt hat. Trotz der zu erwartenden, sicheren Beamtenpension ist Altersvorsorge sinnvoll, weil auch die finanzielle Situation des Staats in 30 Jahren nicht sicher vorhergesagt werden kann. Z Z Z Da A ihre eigene Risikotoleranz mit „mittel“ angibt, kommen grundsätzlich auch Anlagen mit durchschnittlich höheren Renditen, aber auch mit höheren (nämlich mittleren) Risiken infrage. Auf die Frage der Risikotoleranz, insbesondere darauf, was diese konkret bedeutet, sollte der Anlageberater in der Geeignetheitserklärung präzise eingehen. Damit schützt er sich vor dem Argument, der Anleger habe die Risikoeinstufung in ihrer konkreten Ausprägung gar nicht verstanden – was leicht vorgehalten werden kann, wenn nur die Risikostufe ohne weitere Erläuterungen genannt wird. Aufgrund der Erwägungen über die Altersvorsorge soll der zu erwartende Endbetrag der Anlage jedoch möglichst verlässlich prognostiziert werden. Eine Anlage allein in Papiere mittleren Risikos kommt daher nicht infrage, weil hier das Risiko besteht, zwischenzeitlich Verluste zu erleiden, die den erwarteten (prognostizierten) Endbetrag zum Teil zunichtemachen könnten. Deshalb empfiehlt sich hier eine hinsichtlich der Anlageformen wie hinsichtlich der Anlagezeiten kombinierte Anlage. So könnte A die Hälfte des Anlagekapitals (ca. 20.200 €) in einen deutschen Rentenfonds mit zwei Prozent Jahresrendite investieren. In 30 Jahren würden daraus ca. 36.600 € werden. Für die andere Hälfte des Anlagekapitals (wiederum ca. 20.200 €) könnte A einen DAX-Aktienfonds erwerben. Aktienfonds können durchschnittlich mit bis zu 8 Prozent jährlich und mehr rentieren; hier werden für die Prognose 6 Prozent jährlich angesetzt. Nun soll dieser Teil der Anlage nicht über die gesamte Anlagezeit im Aktienfonds investiert bleiben, da Kursschwankungen nach unten gerade gegen Ende der Anlagezeit der Gesamtanlage deren Ergebnis beeinträchtigen könnten. Deshalb sollte nach ca. 15 Jahren eine Umschichtung in einen Rentenfonds vorgenommen werden. Der genaue Zeitpunkt ergibt sich unter anderem aus dem Kursverlauf sowie aus der Anlagetaktik, die A in ca. 15 Jahren verfolgen wird. Geht man von den etwa 6 Prozent Durchschnittsrendite jährlich aus, dann hätte A in 15 Jahren ein Kapital von ca. 48.400 € aufgebaut. Dieses würde dann für weitere 15 Jahre im Rentenfonds zu angenommenen 2 Prozent Jahresrendite angelegt, sodass sich für A ein Gesamt-Endkapital von ca. 101.700 € ergäbe. Würde A allein in den Rentenfonds investieren, so hätte sie „nur“ ca. 73.200 € Endkapital zu erwarten – ein Unterschied von ca. 28.500 €. FAZIT Die Geeignetheitserklärung entspricht im Wesentlichen dem bislang bekannten Beratungsprotokoll. Schon aus dem Gesichtspunkt der Beweissicherung sollte der Anlageberater ebenso wie der Anlagekunde ein Interesse an der Fertigung einer präzisen Geeignetheitserklärung haben. Ungeachtet dieses Aspekts bietet eine gut gefasste Geeignetheitserklärung die Basis für künftige weitere Anlagegeschäfte mit diesem Kunden. Autor Dr. Christoph T. Bauerle, LL.M., lehrt an der FOM Hochschule für Oekonomie & Management in Bonn und Köln (internationales) Wirtschafts- und Vertragsrecht, Europa- sowie Steuerrecht. Daneben berät er Banken auf dem Gebiet der praktischen Umsetzung kapitalmarktrechtlicher Vorgaben. 06 // 2019 11

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