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diebank 04 // 2020

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REGULIERUNG GEHT

REGULIERUNG GEHT REGULIERUNG AN DER PRAXIS VORBEI? Im Hochfrequenzhandelsgesetz ist eine Novellierung erforderlich Mit der Finanzmarktrichtlinie wurden neue regulatorische Vorgaben für den Finanzmarkt geschaffen, die insbesondere von den Börsenhändlern scharf kritisiert werden. Im nachfolgenden Beitrag setzen sich die Verfasser mit den durch die MiFID II umgesetzten Änderungen auf dem Gebiet des algorithmischen Handels auseinander; sie stellen die mit dem algorithmischen Handel verbundenen rechtlichen, insbesondere regulatorischen Probleme dar und durchleuchten diese kritisch. In den letzten 70 Jahren veränderte sich das allgemeine Verständnis vom Börsenhandel elementar. Einst geprägt durch laut rufende Aktienhändler an Präsenzbörsen denkt man heutzutage, auch mit Blick auf die stetige Technisierung des Börsenhandels seit den 1980er- Jahren, viel eher an Kollokationscomputer, Künstliche Intelligenz und Algorithmen. Als Folge der Finanzkrise von 2007 begann der europäische Gesetzgeber sodann mit der strengeren Regulierung des Finanzmarkts, die 2013 in Form des Hochfrequenzhandelsgesetzes und 2014 in Form der Markets in Financial Instruments Directive II (MiFID II) auch die algorithmischen Händler endgültig erreichte. Ziel des Gesetzgebers war es, durch die gesteigerte Regulierung den Risiken einer solchen, der Menschenhand weitgehend entzo- genen Handelspraxis, wie z. B. erhöhte Volatilität und Flash Crashes, aber auch dem Marktmissbrauch unter Ausnutzung von Geschwindigkeitsvorteilen, vorzubeugen. 1 Pflichten, Pflichten, Pflichten… Die Relevanz des algorithmischen Handels im Sinne der MiFID II ergibt sich insbesondere aus den zahlreichen Folgepflichten, die mit der gesetzlichen Regulierung einhergingen. Eine für algorithmische Händler hohe Hürde stellt die Erlaubnispflicht nach dem Kreditwesengesetz dar (§ 32 Abs. 1 KWG i.V. m. § 1 Abs. 1a Nr. 4d KWG). Händler, die mittels einer hochfrequenten, algorithmischen Handelstechnik arbeiten, qualifizieren sich mithin als Finanzdienstleistungsinstitute und bedürfen in der Folge einer Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), die indes mit weitreichenden Organisations- und Reporting-Verpflichtungen einhergeht. Begründet wurde diese – im Zuge des Hochfrequenzhandelsgesetzes eingeführte – Erlaubnispflicht u. a. mit den Risiken algorithmischer Handelstechniken. Vor dem Hintergrund der mangelnden Einzelfallpraxis ist nicht ersichtlich, welche genauen Anforderungen die BaFin an ein Erlaubnisverfahren für algorithmische Händler stellen würde. Es ist in diesem Zusammenhang gesetzlich nicht explizit geregelt, wann der Erlaubnisantrag bei der BaFin nach Überschreitung der Schwelle zum algorithmischen Handel erfolgen muss und ob die BaFin während der Entscheidungsphase über Eingriffsrechte verfügt. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die BaFin hier, mangels Rechtsgrundlage, keine Sanktionen vornehmen wird, 54 04 // 2020

REGULIERUNG sofern der Antrag unverzüglich nach absehbarer Schwellenüberschreitung gestellt wurde. 2 Algorithmische Händler müssen zudem laut Wertpapierhandelsgesetz (§ 80 Abs. 2 WpHG) laufende Kennzeichnungspflichten erfüllen. So haben algorithmische Händler sowohl der BaFin als auch den jeweils zuständigen Organen der Börse (regelmäßig die Handelsüberwachungsstelle der jeweiligen Börse) das Betreiben algorithmischen Handels anzuzeigen. Für den Zeitpunkt der Anzeige gelten dieselben Ausführungen wie für die Erlaubnispflicht. 3 Zu den weiteren Wohlverhaltenspflichten algorithmischer Händler gehören bspw. die chronologische Aufzeichnungspflicht (sog. „Taping“) algorithmisch generierter Handelsaufträge für insgesamt fünf Jahre und die Verpflichtung zu System- und Risikokontrollen, durch die Unternehmen die Vereinbarkeit ihrer Handelsansätze mit dem regulatorischen Rahmen prüfen sollen. Definition algorithmischer Handel Für den Händler ist in der Praxis die Frage elementar, ab wann eine Handelsstrategie als manueller oder algorithmischer Handel eingestuft wird. Dies ist eine Frage des Einzelfalls. Zugrunde zu legen ist in diesem Zusammenhang zudem, dass der europäische Gesetzgeber den Hochfrequenzhandel (HFT) als eine Unterkategorie des algorithmischen Handels (AT) einstuft und daher auf eine Definition des Hochfrequenzhandels in der MiFID II verzichtet hat. 4 Bei der Definition des algorithmischen Handels ist das Kriterium der sogenannten „menschlichen Intervention“ entscheidend. So definiert die MiFID II den algorithmischen Handel als „Handel mit einem Finanzinstrument, bei welchem ein Computeralgorithmus die einzelnen Auftragsparameter automatisch bestimmt, z. B. ob der Auftrag eingeleitet werden soll, Zeitpunkt, Preis bzw. Quantität des Auftrags oder wie der Auftrag nach seiner Einreichung mit eingeschränkter oder gar keiner menschlichen Beteiligung bearbeitet werden soll, unter Ausschluss von Systemen, die nur zur Weiterleitung von Aufträgen zu einem oder mehreren Handelsplätzen, zur Bearbeitung von Aufträgen ohne Bestimmung von Auftragsparametern, zur Bestätigung von Aufträgen oder zur Nachhandelsbearbeitung ausgeführter Aufträge verwendet werden“ (Art. 4 Abs. 1 Nr. 39). Zusätzlich zu dieser Legaldefinition fügt Erwägungsgrund 21 der delegierten Verordnung (EU) 2017/565 hinzu, dass der algorithmische Handel „Vorkehrungen“ umfassen soll, „bei denen das System in jeder Phase der Handelsprozesse, einschließlich der Phase der Initiierung, Generierung, dem Routen oder der Ausführung von Aufträgen, Entscheidungen trifft, die über die bloße Festlegung des Handelsplatzes oder der Handelsplätze, an den oder die der Auftrag übermittelt werden sollte, hinausgehen“. Aus beiden Definitionen folgt somit, dass der algorithmische Handel Handelsansätze umfasst, bei denen lediglich eine eingeschränkte oder gar keine menschliche Beteiligung vorhanden ist. Das bedeutet, das Handelssystem bzw. der Handelsalgorithmus muss eigenständige Entscheidungen ohne menschliche Intervention treffen. Das deutsche Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) setzt diese europäischen Definitionen um und legt hierbei ebenfalls einen Schwerpunkt auf das Nichtvorhandensein unmittelbaren menschlichen Eingreifens. Der deutsche Gesetzgeber lässt jedoch offen, wie viele Auftragsparameter denn nun ohne menschliches Eingreifen bestimmt werden müssen, um algorithmischen Handel zu begründen. Während der Wortlaut des WpHG („einzelne Parameter“) die Vermutung zulässt, alle Parameter müssten automatisch bestimmt werden, spricht die abschließende Aufzählung von Beispielsparametern (in § 80 Abs. 2 04 // 2020 55

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