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diebank 04 // 2020

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

MARKT BANKEN UND DER

MARKT BANKEN UND DER UMGANG MIT NEGATIVZINSEN Mit kreativen Ideen dem Ernst der Lage trotzen Das Zinsumfeld ist und bleibt ein Problem für die Banken. Durch die deutlich flachere Zinsstrukturkurve ist der Strukturbeitrag mittlerweile stark gesunken. Zusätzlich hat der erhöhte Wettbewerb um Kundenkredite den Konditionsbeitrag schrumpfen lassen. Im Ergebnis ist das Zinsergebnis der meisten Banken stark zurückgegangen. Weiterhin niedrige oder gar sinkende Zinsen dürften die Strukturbeiträge weiter reduzieren, während die überschüssige Liquidität den Wettbewerb im Kreditgeschäft weiter verschärft. Erhöht die Europäische Zentralbank (EZB) die Zinsen allerdings zu schnell, wird die Refinanzierung für Banken schlagartig teurer. Dies würde ein erhebliches Ertragsrisiko nach sich ziehen. Daher ist damit zu rechnen, dass uns die niedrigen Zinsen noch einige Jahre erhalten bleiben. Wie groß das Problem für Banken in den nächsten Jahren sein wird, haben wir für nahezu alle deutschen Institute untersucht. Dabei haben wir zwei Fragen gestellt, um die Institute in einer „Ertragsrisikomatrix“ einzuordnen. Negativzinsen belasten fast alle Banken und Sparkassen in Deutschland. Wie schwer die Bürde wiegt, hängt von der Bilanzstruktur des jeweiligen Instituts ab. Im Rahmen eines deutschlandweiten Benchmarkings wurde untersucht, welchen Ertragsrisiken verschiedene Institute ausgesetzt sind, und welche Maßnahmen denkbar sind, um diesen Risiken entgegen zuwirken. Diese Matrix bildet das negative Pendant zur „Ertragspotenzialmatrix“, die wir im letzten Jahr beschrieben haben. 1 Die erste der beiden Fragen lautet: Um wie viel übersteigen die Kundeneinlagen die Kundenkredite? Dieser sogenannte Passivüberhang gibt Auskunft darüber, in welchem Maß die Bank gezwungen ist, in Eigenanlagen zu investieren. Viele Institute haben mit dem Depot A in den letzten Jahren gutes Geld verdient, weil sich Aktien und Renten in ihren Portfolien positiv entwickelt haben. Diese Institute sind jedoch auch erhebliche Risiken eingegangen. Wenn die Eigenanlagen an Wert verlieren, kann dies zu hohen Verlusten führen. Die zweite Frage lautet: Wie groß ist der Anteil der hochverzinsten Kredite, die in den nächsten Jahren auslaufen? Diese Kredite wurden aus Bankensicht zu deutlich besseren Konditionen abgeschlossen, können jedoch künftig vermutlich nicht durch Kredite mit ähnlicher Marge ersetzt werden. Daher führt das Auslaufen dieser Kredite unweigerlich dazu, dass das Zinsergebnis weiter zurückge- 14 04 // 2020

MARKT hen wird. Die Frage ist nun, wie groß dieser absehbare Ertragsverlust für das jeweilige Institut ausfällt. Neben diesem Benchmarking werden verschiedene Lösungsansätze aufgezeigt, wie der Ertragsausfall durch Negativzinsen zumindest teilweise kompensiert werden kann. Diese beinhalten neben den bekannten Ansätzen auch kreative Lösungen. Alle Ansätze werden nach den Dimensionen Ertragskompensation, Kundenakzeptanz und Vertriebsaufwand bewertet, sodass Banken entscheiden können, welche Ansätze sie weiter verfolgen wollen. Welche Daten wurden erhoben? Von allen deutschen Banken wurden zwei Gruppen in die Analyse einbezogen: die Sparkassen (386 Institute) und die Genossenschaftsbanken (875 Institute). Damit haben wir etwa 71 Prozent der deutschen Kreditinstitute erfasst. Alle anderen Institute (Großbanken, Landesbanken, Realkreditinstitute, Bausparkassen, Banken mit Sonderaufgaben, Zweigstellen ausländischer Banken, Regionalund sonstige Kreditbanken) haben wir nicht betrachtet, da diese teilweise sehr heterogene Gruppen bilden. Eine Analyse dieser Gruppen würde die Bildung von Peer Groups mit ähnlichem Geschäftsmodell erfordern, um sinnvolle Analysen zu ermöglichen. Für den Passivüberhang haben wir die durchschnittlichen Kundeneinlagen von den durchschnittlichen Kundenkrediten abgezogen und das Ergebnis ins Verhältnis zur durchschnittlichen Bilanzsumme gesetzt. Der berechnete Wert kann theoretisch zwischen minus und plus 100 Prozent liegen. Ein Wert nahe null zeigt an, dass die Bilanz hinsichtlich Einlagen und Krediten relativ ausgeglichen ist. Negative Werte bedeuten Passivüberhänge, während positive Werte Aktivüberhänge anzeigen. Das Risiko künftiger Ertragsreduzierungen durch das Auslaufen höher verzinster Finanzierungen musste approximiert werden, da dieser Wert nicht direkt veröffentlicht wird. Dabei wurde davon ausgegangen, dass es sich bei den grundpfandrechtlich besicherten Darlehen (diese werden veröffentlicht) größtenteils um langfristige Zinsbindungen handelt. Diese Darlehen wiesen in der Vergangenheit höhere Margen auf und verschwinden nun nach und nach aus den Büchern. Es ist also davon auszugehen, dass grundpfandrechtlich besicherte Darlehen in der Vergangenheit höher verzinst wurden. Diese grundpfandrechtlich besicherten Finanzierungen wurden ins Verhältnis zu den durchschnittlichen Kundenkrediten gesetzt. Die Zahl kann theoretisch einen Wert zwischen null und 100 Prozent annehmen. Dabei bedeutet ein Wert nahe null, dass kaum langlaufende Finanzierungen vorhanden sind. Ein Wert nahe 100 Prozent bedeutet hingegen, dass die Kundenkredite fast ausschließlich aus langlaufenden Finanzierungen bestehen. Blick auf die Ergebnisse Diese Analyse widmet sich nur den deutschen Sparkassen. Die Daten für die Genossenschaftsbanken sehen ähnlich aus, streuen jedoch etwas weiter. Auf das Benchmarking der anderen Institute sei an dieser Stelle verzichtet, da die Gruppen wie beschrieben zu heterogen sind und teilweise nicht vergleichbare Geschäftsmodelle verfolgen. Betrachten wir zunächst die Horizontale in ÿ 1. Etwa 77 Prozent der Sparkassen haben einen Passivüberhang. Im Durchschnitt beträgt der Passivüberhang 13 Prozent der durchschnittlichen Bilanzsumme (Median von 12 Prozent). 20 Prozent haben sogar einen Passivüberhang von 25 Prozent oder mehr. Einen Passivüberhang von mindestens 50 Prozent haben immerhin 2 Prozent der Institute. Besonders ausgeprägt ist der Passivüberhang in Ostdeutschland. Was bedeutet das? Je weiter links eine Sparkasse in der Abbildung liegt, desto stärker ist sie gezwungen, ihre überschüssige Liquidität zu negativen Zinsen bei der Europäischen Zentralbank zu parken, in häufig negativ verzinste Staatsanleihen anzulegen oder stärker ins Risiko zu gehen, um eine positive Rendite zu erwirtschaften. Keine der drei Alternativen ist aus Risikosicht normalerweise gewünscht. Daher lässt sich festhalten, dass das Risiko für eine Sparkasse tendenziell umso größer ist, je weiter links sie in der Abbildung liegt. Wie ist dagegen die Vertikale zu interpretieren? 92 Prozent der Sparkassen haben mehr als ein Drittel an langlaufenden Finanzierungen in den Büchern. Es ist davon auszugehen, dass diese Finanzierungen aus Sparkassensicht in der Regel zu besseren Konditionen abgeschlossen wurden, als dies künftig möglich sein wird. Daher haben Sparkassen, die in der Abbildung weiter oben liegen, tendenziell ein höheres Risiko, künftig Zinserträge einzubüßen. Darüber hinaus zeigt sich, dass es sowohl „Kredit-Champions“ als auch „Kredit-Verlierer“ gibt, wobei in beiden Gruppen jeweils Sparkassen mit geringem und hohem Risiko künftiger Ertragsverluste durch auslaufende Finanzierungen vertreten sind. Diese Aufteilung lässt sich analog auf alle anderen Bankengruppen übertragen. Je nach Einordnung in der Matrix ergeben sich dabei unterschiedliche Implikationen. Kredit-Verlierer und Kredit-Champions Betrachten wir zunächst die Kredit-Verlierer. Bei dieser Gruppe ist die Kreditnachfrage offenbar nicht hoch genug, um die Einlagen einer sinnvollen Verwendung zuzuführen. Der Druck, durch Negativzinsen verursachte Ertragsverluste zu kompensieren, ist hier groß. Kommt noch ein absehbares Risiko von Er- 04 // 2020 15

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