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die bank 04 // 2019

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

BERUF & KARRIERE 2 | Das

BERUF & KARRIERE 2 | Das richtige MindSet entscheidet Werte Prinzipien MindSet Praktiken MindSet Werte Prinzipien Praktiken Prozesse & Werkzeuge Scrum, XP, Kanban, Lean Prozesse & Werkzeuge Formale Agilität Gelebte Agilität Quelle: Jimmie Butler, „Pursing Timeless Agility: The Path to Lasting Agile Transformation.” Doch die Arbeit des Product Owners beginnt viel früher. Im Mittelpunkt seiner Tätigkeit steht der Kundennutzen. Daher benötigt er eine Vielzahl weiterer Methoden, um die Anforderungen des Markts und die Sicht des Anwenders in den Entwicklungsprozess einzubeziehen. So ist es zum Beispiel erforderlich, die fertiggestellten Software-Bausteine regelmäßig am Markt beziehungsweise am Kunden zu testen und das Produkt auf Basis der daraus gewonnenen Erkenntnisse anzupassen. Allzu oft verzichten die Teams jedoch darauf, die Prioritäten auf dieser Grundlage neu zu ordnen. Statt die Vorteile der Agilität zu nutzen, lassen sie das Product Backlog damit zu einem sinnlosen Werkzeug verkommen. Mythos 4: Mitarbeiter müssen in agilen Methoden zertifiziert sein Die Mythen ranken sich nicht nur um die Methode Scrum, ihr Werkzeug und die Rolle der IT-Experten in den Instituten. Ein weiterer Irrglaube am Markt lautet, die Bank-Mitarbeiter müssten in agilen Vorgehensweisen ausgebildet und idealerweise zertifiziert werden. Gerade zu Beginn sei es wichtig, dass sie nicht von den Regeln abwichen. Während agile Methoden ursprünglich entstanden sind, um nicht funktionierenden Vorgehensweisen mit gesundem Menschenverstand zu begegnen, zielen die heutigen Trainings und Zertifizierungen anscheinend nur noch darauf, die Testfragen zu bestehen. Gerade beim Thema Agilität herrscht viel Dogmatik. Das ist jedoch falsch. Jedes Unternehmen arbeitet anders und hat seine eigene Expertise. Deshalb stellen sich hier zwei Fragen: Kann man komplexen Problemen wirklich mit antrainierten Methoden nach dem Prinzip eines Kochrezepts begegnen? Und braucht es nicht deutlich mehr als nur eine Vorgehensweise, um wirklich agil zu arbeiten? Schon die Entscheidung für das richtige Werkzeug hängt von vielen Parametern ab. Die Antwort auf den Mythos lautet: Mitarbeiter brauchen Methodenkompetenz und die Freiheit, die für sie geeignete Arbeitsweise zu wählen. Dafür sollten sie die für ihre Rolle im interdisziplinären Team wichtigen Grundlagen der agilen Vorgehensweisen kennen – ob es nun Scrum ist oder Kanban, Extreme Programming (XP) oder das Spotify- Modell. Letzteres ist zugleich ein Beispiel für eine gelungene Umsetzung im Geschäftsleben. So wählt beim Streaming-Dienst Spotify jedes Team individuell aus, nach welcher agilen Methode es arbeitet. Das jeweilige Methoden-Set variiert mit der Rolle im Team. Ein Fachmitarbeiter in einem Projekt für einen neuen Wertpapierberatungs-Prozess beispielsweise muss wissen, wie er ein Product Backlog unter Scrum erstellt, die Sicht des Kunden einbindet und die fachlichen Anforderungen für die Programmierer beschreibt. ÿ 3 Der Entwickler hingegen muss u. a. automatisierte Testfälle erstellen und abschätzen, wie komplex die Umsetzung der fachlichen Erfordernisse sein wird. Zusätzlich ist es für alle Projektmitglieder sinnvoll, einen Überblick über agile, minimal-invasive Basismethoden zu haben. Dieses Rüstzeug ist unabhängig von der Finanzbranche und fasst unter Bezeichnungen wie „Management 3.0 Practices“ oder „Work Hacks“ diverse Möglichkeiten zusammen, die den Beschäftigten helfen sollen, besser miteinander zu arbeiten. Auch hier gibt es kein Patentrezept, sondern jedes Team kann testen, was ihm gerade hilft. Viele Arbeitsgruppen favorisieren beispielsweise die Fokuszeit – eine gesprächsfreie Phase am Tag ohne Besprechungen, die es erlaubt, konzentriert an einem Thema zu arbeiten. Kudo-Karten sind ein Werkzeug, mit dem sich ein Mitarbeiter bei einem Projektkollegen mit einer geschriebenen Nachricht bedanken kann. Damit wird Feedback innerhalb des Teams gefördert und Wertschätzung für mannschaftsdienliches Verhalten gezeigt. Die minimal-invasiven Methoden helfen Teams nicht nur dabei, Verantwortung für die Art ihrer Zusammenarbeit zu übernehmen, sondern sie schaffen auch ein Bewusstsein dafür, dass agile Methoden ausgewählt und variiert werden können, um die aktuell passende für sich herauszufinden. 64 04 // 2019

BERUF & KARRIERE 3 | Agiles Methodenset Fachbereich Frameworks Scrum, Kanban, XP, ... Safe, Spotify-Model, ... User-Research-Methoden Agile Fachmethoden Agile Planungsmethoden – Plan to Re-Plan Management Reporting Minimal-Invasive Basismethoden Quelle: © concedro. Mythos 5: Agiler Umbruch braucht Management-Unterstützung Und welche Rolle spielen die Führungskräfte bei alledem? Da das Management Agilität einführen möchte, fühlt es sich nicht selten berufen, selbst einen aktiven Beitrag zu leisten. Doch wer Eigenverantwortung fördern möchte, muss lernen, sich selbst zurückzunehmen. Wer meint, mangelnde Einmischung des Managements auf der Teamebene führe zu Kontrollverlust oder schlechteren Arbeitsergebnissen, dem fehlt es an Respekt gegenüber dem Einsatz, den Erfahrungen und Kompetenzen seiner Mitarbeiter. Andere leitende Angestellte denken hierarchisch und überfahren ihre Teams regelrecht mit der Idee, ab sofort agile Methoden einzusetzen. Funktioniert das nicht gemäß ihrer Vorstellung, formulieren sie Vorgaben noch detaillierter und die Rahmenbedingungen noch enger, was das selbstorganisierte Arbeiten der Mitarbeiter ad absurdum führt. Denn statt zu überlegen, welche Schritte eigentlich sinnvoll sind, schielen diese Angestellten nur noch darauf, was ihre Führungskräfte gerade wollen. Für das Management gilt: Es sollte den agilen Umbruch im Unternehmen unterstützen, indem es zunächst die Rahmenbedingungen definiert und dann loslässt. Im ersten Schritt sollte es transparente Regeln bezüglich der Delegation und Entscheidungskompetenz entwickeln. Wofür sind die jeweiligen Arbeitsgruppen verantwortlich, und was dürfen sie entscheiden? Nach dem Festlegen der Spielregeln kann das Management vielleicht noch gemeinsam mit dem Team die Produktvision entwickeln. Ab diesem Zeitpunkt ist jedoch Zurückhaltung angesagt. Wer als Führungskraft glaube, Agilität top-down delegieren zu können, werde scheitern, sagt auch der Frankfurter Agilitätsexperte Michael Riermeier. Es erfordere von den Entscheidern Haltung und Mut, Linienverantwortung aufzubrechen. Wer bereit sei, die Bedeutung der eigenen Position zu relativieren, könne erstaunt sein, zu welchen Leistungen seine Teams fähig seien. FAZIT In vielen Instituten herrscht Frust über die agilen Methoden. Es ist wichtig zu verstehen, woher die Enttäuschung rührt. Das kann in jedem Haus andere Gründe haben. Die Rückkehr zu klassischen Vorgehensweisen stellt in einem komplexen Marktumfeld sicherlich keine Alternative mehr dar. Allerdings können Unternehmen der Komplexität auch nicht mit agilen Blaupausen begegnen. Vielmehr müssen sie Agilität verstehen, die Werte und Prinzipien verinnerlichen und die Situation schrittweise verbessern. Das bedeutet auch, dass sich Banken wieder auf den Kundennutzen und ihre Kernkompetenz, also ihre Fachexpertise, fokussieren müssen, statt sich von einem IT-getriebenen Vorgehen steuern zu lassen. Entscheidend für den Erfolg wird dabei sein, wie schnell sich das Management in seine geänderte Rolle einfindet und den Mitarbeitern die erforderliche Freiheit zugesteht. Autoren Alexandra Pirmann ist als Business Expert bei der Concedro GmbH in Frankfurt am Main tätig. Ihr Themenschwerpunkt ist die Initiierung von agilen Projekten sowie der methodische Know-how-Aufbau. Christoph Otten, Consultant im gleichen Unternehmen, hat Genossenschafts- und Privatbanken im Rahmen verschiedener agiler Projekte unterstützt. Sein Schwerpunkt liegt auf der prozessualen und methodischen Unterstützung der Fachbereichsmitarbeiter. 04 // 2019 65

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