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die bank 04 // 2019

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

MARKT FILIALNETZE

MARKT FILIALNETZE OPTIMIEREN Der lohnende Blick über den Tellerrand In Deutschland schreitet der Filialabbau mit großen Schritten voran. Seit 2011 wurden in Summe schon mehr als 7.000 Filialen geschlossen, und Prognosen sehen bis auf Weiteres kein Ende dieses Trends. Die radikale Reduktion der Standorte senkt Kosten, macht jedoch die verbleibenden Filialen nicht attraktiver. Gesundschrumpfen ist im Filialgeschäft nur bedingt Mittel zum Erfolg. Wie Bankfilialen attraktiver werden können, zeigt der Blick über den nationalen Tellerrand. Filialen haben einen stärkeren Einfluss auf Kundenzufriedenheit als andere Vertriebs- und Servicekanäle, im positiven wie im negativen Sinn. Ein gutes Filialerlebnis steigert die Kundenzufriedenheit stärker als eine reibungslose Online-Überweisung. Ein ärgerliches Filialerlebnis lastet schwerer als Probleme beim Online-Log-In. Die Schlussfolgerung muss daher lauten: wenn Filiale, dann richtig! Die konsequente Positionierung als persönlicher Servicedienstleister ist der wichtigste Erfolgsfaktor im Filialgeschäft. Die schnell wachsende britische Metro Bank ist in dieser Hinsicht ein Musterschüler. Ihr Gründungsmythos besagt, dass ihre Entstehung auf der Idee beruht, den britischen Bankenmarkt mit konsequenter Kundenorientierung aufzumischen. Die Filialen der Metro Bank öffnen und schließen beispielsweise zehn Minuten vor bzw. nach offizieller Servicezeit und das an 362 Tagen im Jahr. Bei Regen reichen Filialmitarbeiter den Kunden vor den Geldautomaten Regenschirme. Hunde werden mit Keks und Wassernapf begrüßt. Das Konzept scheint aufzugehen: Seit ihrer Gründung im Jahr 2010 hat die Bank bereits rund 1,2 Mio. Kunden gewonnen. Filialstandorte entscheidend Neben der Preisgestaltung ist der Standort für Kunden nach wie vor das wichtigste Kriterium für die Wahl der Bank. Für manche Filialbanken ist die Standortfrage aufgrund einer konsequenten Positionierung leicht zu beantworten. Die erfolgreiche Premium-Filialbank Santander Select aus Spanien wählt für ihre 200 exklusiven Filialboutiquen beispielsweise nur die besten Gegenden und Einkaufsstraßen. Die erfolgreiche M-Bank aus Polen hingegen eröffnet „M-Bank-Kioske“ in Einkaufszentren. Diese bieten reduzierten Service für Einkaufende mit knapper Zeit an und sollen mit günstigen Angeboten Neukunden locken. Filialbanken, die sich breiter positionieren, müssen Standortfragen intensiver diskutieren. Standortwahl optimieren Datengetriebenes Vorgehen ist der Erfolgsschlüssel bei Standortfragen breit aufgestellter Ketten, das gilt auch für Filialbanken. Bis heute gilt McDonalds als das Vorbild für erfolgreiche, datengetriebene Standortwahl. Und Vernon Hill, Gründer der Metro Bank, bringt aus seiner früheren Tätigkeit als Immobilienvermittler für McDonalds umfassende Kenntnisse mit. Mithilfe von umfangreichen demografischen und sozioökonomischen Einwohnerstatistiken können mögliche Standorte detailliert geprüft werden. Hinzu kommen Auswertungen von intelligenten Sensorkamerasystemen. Diverse Anbieter liefern mit ihren Systemen Informationen zu Laufrouten, Verweildauer und Kundenstruktur in Innenstädten. Mit diesen Daten rüstet sich der stationäre Handel gegen Online-Anbieter. Filialbanken sollten damit nicht nur die Standortwahl, sondern auch den Personaleinsatz, ihre Produktangebote und Werbekampagnen optimieren. Beratungsflächen statt Bankschalter Moderne Filialen fühlen sich möglichst wenig nach 1990er-Jahre-Bankfiliale und dafür mehr nach Apple-Store an. Offene Beratungsflächen, große Displays und Terminals, digitale und dennoch persönliche Prozesse, skandinavisches Design – so funktioniert das neue Erscheinungsbild westlicher Bankfilialen. Manche Geldhäuser gehen noch einen Schritt weiter. Die US-Bank Capital One gestaltet ihre Filialen als Cafés. Die britische Halifax Bank stattet ihre Filialen zusätzlich mit Kinderspielplätzen aus. Virgin Money, die britische Bank des umtriebigen Unternehmers Richard Branson, bietet ihren Kunden elegante Lounges mit eigenen Kinosälen und einer Bowlingbahn an. Zweifellos schwingt bei solchen Filialkonzepten auch der Wille nach Differenzierung vom Wettbewerb und medialer Aufmerksamkeit mit. Neue Rollenkonzepte für Banken Aus Sicht des Kunden ist ausufernde Kreativität jedoch bei Filialkonzepten nicht erforderlich, wie auch eine repräsentative Befragung von Berg Lund & Company bestätigt. Wichtig ist hingegen, dass sich die Bankfiliale mit ihrem Erscheinungsbild in die Umgebung einfügt. Die Filialen der kalifornischen Umpqua Bank kooperieren mit lokalen Einzelhändlern, bietet ihnen Präsentations- und Verkaufsflächen an und stellen ihre Räumlichkeiten auch für soziale oder kommunale Nachbarschaftsevents zur Verfügung. Die Filiale 12 04 // 2019

MARKT soll ihren Beitrag zur sozialen und wirtschaftlichen Weiterentwicklung der Nachbarschaft leisten. Mit Business Mentoring und Coworking Spaces für Selbstständige präsentiert sich die Umpqua Bank als wirtschaftlicher Erfolgsbringer. Geht es der Nachbarschaft gut, geht es auch der Bank gut. Servicefreundlichkeit und Lösungsorientierung gelten vielen Kunden als wichtigste Anforderungen an Bankfilialen, das wurde in der zuvor erwähnten Untersuchung bestätigt. Ein durchdachtes Personalkonzept, das die Erfüllung dieser Bedürfnisse fördert, ist zentraler Erfolgsfaktor für den Filialerfolg. In vielen US-amerikanischen Bankfilialen werden deshalb verstärkt bedürfnisorientierte Rollenprofile wie Social Facilitator, Problem Solver, Financial Educator, Sales Closer oder Business Mentor eingesetzt. Anders als die typischerweise an Kundensegmenten oder fachlichen Qualifikationen ausgerichteten Profile ermöglichen diese eine stärkere Förderung von individuellen Mitarbeiterstärken sowie der Teamleistung und können so zu einer Steigerung der Kundenzufriedenheit beitragen. Agile Führungs- und Arbeitsmethoden komplettieren das Personalkonzept. Unmotivierte Mitarbeiter sind auf lange Sicht durch Apps, künstliche Intelligenz und Roboter ersetzbar. Motivierte Mitarbeiter hingegen sind unersetzlich, sie bedeuten auch künftig die wahre Legitimation für Bankfilialen. FAZIT Aus der Analyse erfolgreicher internationaler Banken lassen sich acht Kriterien für den Filialerfolg zusammenfassen: grundsätzliche Positionierung, Standortwahl, Produktangebot, Preisstrategie, Ausstattung bzw. Erscheinungsbild, Filialprozesse, Vermarktung und Personal. Im Englischen spricht man dabei von Positioning, Place, Product, Price, Physical Appearance, Processes, Promotion, People. Diese „8Ps“ gewährleisten einen systematischen, ganzheitlichen Ansatz zur regelmäßigen Prüfung des Filialnetzes. Um Filialen eine nachhaltige Legitimation zu geben, müssen auch deutsche Banken noch stärker dazu übergehen, ihr Filialnetz zu straffen und attraktiver zu gestalten. Der Blick über den Tellerrand und auf die Konkurrenz weltweit kann dabei helfen. Autoren Dr. Ingo Garczorz ist Senior Partner bei der Unternehmensberatung Berg Lund & Company. Seit 20 Jahren berät er Banken, Sparkassen und Verbände bei der Weiterentwicklung ihrer Geschäftsmodelle. Fidelius Möst ist Manager im gleichen Unternehmen. Er verfügt über ausgewiesene Expertise im Privatkundenvertrieb von Finanzdienstleistungsinstituten. 04 // 2019 13

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