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die bank 12 // 2015

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

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ó FINANZMARKT fi INTERVIEW Der Rating-Pionier Seit 2014 ist Torsten Hinrichs, Jahrgang 1958, Chief Executive Officer (CEO) von Scope Ratings. Er ist seit 30 Jahren in der Finanzbranche aktiv und hat für Unternehmen in den USA, Europa und Asien gearbeitet. Vor seinem Wechsel zu Scope Ratings war Hinrichs seit 1999 als Geschäftsführer von Standard & Poor’s (S&P) für das deutschsprachige Europa, Skandinavien und Osteuropa verantwortlich. Zuvor war er 15 Jahre bei der Westdeutschen Landesbank tätig und hat dort in den Bereichen Neuemissionen/Kapitalmarkt sowie Global Derivatives/Fixed Income und Global Treasury gearbeitet. Nach Einsätzen in Düsseldorf, New York und London war Hinrichs als Head of Treasury bei der WestLB-Niederlassung Hongkong tätig. Bei S&P war er maßgeblich an der Entwicklung und Umsetzung der internationalen Strategie der Ratingagentur beteiligt und erarbeitete sich dabei den Ruf als führender Kapitalmarktexperte. Er leitete die internationale Expansion von S&P in die Schwellenländer Osteuropas sowie des Nahen Ostens und etablierte dabei die Niederlassungen in Istanbul, Dubai, Johannesburg, Moskau und Tel-Aviv.

FINANZMARKT ó Auf Augenhöhe konkurrieren Interview mit Torsten Hinrichs, CEO von Scope Ratings, über die Perspektiven einer europäischen Ratingagentur. diebank: Herr Hinrichs, Ihr Anspruch ist, Scope Ratings als Alternative zu den drei großen Ratingagenturen Fitch Ratings, Moody’s Investors Service und Standard & Poor’s (S&P) zu positionieren. In den vergangenen Jahren sind zahlreiche Projekte mit einem ähnlichen Ziel gescheitert. Inwieweit ist Scope anders? Hinrichs: Die großen US-Agenturen sind zum Teil seit mehr als hundert Jahre aktiv. Dieser Vorsprung lässt sich nicht in wenigen Jahren vollständig aufholen. Fakt ist aber auch, dass Investoren und Emittenten eine europäische Stimme auf den Kapitalmärkten fordern. Unser Ziel ist es, diese Stimme zu sein. Wenn Investoren und Emittenten an eine europäische Alternative zu den US-Agenturen denken, dann soll ihnen künftig nur noch Scope Ratings in den Sinn kommen. Was uns von den anderen Initiativen in Europa unterscheidet, ist der strategische Ansatz: Wir operieren vom Start weg international und bieten in nahezu allen Segmenten Ratings an. Darüber hinaus haben wir sehr erfahrene und hoch angesehene Analysten eingestellt, die unsere Akzeptanz an den Märkten schnell herstellen sollen. Das bedeutet zwar ein hohes Anfangsinvestment, ist aber die einzige Möglichkeit, auf Augenhöhe mit den etablierten Agenturen zu konkurrieren. diebank: Um ein Full-Service-Ratinganbieter zu werden, fehlen Ihnen bislang noch Länderratings. Wie sind Ihre Planungen in diesem Segment? Hinrichs: Auch wenn wir bislang darauf verzichten, explizite Länderratings zu veröffentlichen, so haben wir dennoch eine klare Meinung zur Bonität einzelner Staaten – schon alleine deshalb, weil sie im Rahmen von Bankenratings von Bedeutung ist. Richtig ist aber auch, dass Länderratings bislang auf der Prioritätsliste nicht ganz oben standen, sodass wir uns zuvorderst dem Aufbau anderer Ratingsegmente zugewandt haben. Grundsätzlich wäre ein weiterer Kapazitätsaufbau in Richtung Länderratings aber denkbar. In unserem Rating-Portfolio befinden sich übrigens bislang auch keine Versicherungsratings. diebank: Nun haben Sie mit A. M. Best in diesem Marktbereich auch noch einen weiteren internationalen Champion, gegen den Sie im Versicherungsmarkt antreten müssten. Hinrichs: A. M. Best ist vor allem in den USA stark, aber in Europa sehe ich dies nicht als Eintrittsbarriere. Der Bedarf muss von uns erst noch erarbeitet werden. Hinzu kommt, dass sich der Nutzen von Versicherungsratings etwas anders darstellt. Sie haben es hier mit unterschiedlichen Zielgruppen zu tun. Auf der einen Seite sehen wir die Policy Takers, also die Versicherungsnehmer und deren Vermittler, auf der anderen Seite die Bond Holders, also Investoren die an den Emissionen der Unternehmen interessiert sind. Sofern wir uns in diesem Markt engagieren wollen, müssten wir beide Zielgruppen bedienen. fl Investoren und Emittenten fordern eine europäische Stimme auf den Kapitalmärkten. diebank: Amerikanische Agenturen verdienen gutes Geld mit Ratings für Emittenten aus dem öffentlichen Sektor – wird Ihnen dieses Standbein fehlen? Hinrichs: Dieses Standbein haben wir bereits – und zwar durchaus mit Kapazitäten. Unsere Strategie ist es, hier weiter aufzubauen. Wir haben bereits ein Mandat aus Frankreich, an dem momentan gearbeitet wird. Weitere Rating-Mandate aus dem öffentlichen Sektor werden folgen. diebank: Ein prominentes Projekt mit ähnlichem Ziel, einen neuen europäischen Champion aufzubauen, ist unter anderem daran gescheitert, dass das geplante Stiftungskapital von mehreren hundert Millionen Euro nicht eingesammelt werden konnte. Wie sieht es mit der Finanzierung der Expansion von Scope aus? Hinrichs: Unser Geschäftsmodell benötigt keine Stiftung. Insofern müssen wir auch kein Stiftungskapital einwerben. Wir finanzieren unsere Expansion über die Einnahmen aus laufenden Ratingmandaten und durch die Aufnahme neuer Investoren. In der jüngsten Kapitalerhöhung im Frühjahr beispielsweise haben wir 7,5 Mio. € Eigenkapital eingesammelt. Zu den neuen Aktionären zählt unter anderem AQTON SE – die Beteiligungsgesellschaft des deutschen Unternehmers Stefan Quandt. Hinzu kommen weitere namhafte Persönlichkeiten aus der Industrie und dem Finanzwesen wie z. B. Manfred Gentz, langjähriges Vorstandsmitglied der damaligen Daimler-Chrysler AG und heutiger Vorsitzender der Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex, Prof. Hermann Simon, Gründer und langjähriger CEO des Beratungsunternehmens Simon-Kucher & Partners, 12.2015 diebank 9

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