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die bank 11 // 2016

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

ó BETRIEBSWIRTSCHAFT

ó BETRIEBSWIRTSCHAFT Kundenerlebnis Erhöhte KYC-Standards, d. h. Standards, die über den regulatorischen Anforderungen liegen, erfordern eine hohe Interaktion mit den Kunden, da viele Fragen nur in Kooperation mit dem Kunden beantwortet werden können. Durch die Vielzahl der Themen und die hohe Arbeitsteilung im Backoffice kommt es dabei immer häufiger zur unkoordinierten und unkonsolidierten Ansprache von Kunden und damit zu Ineffizienzen. Besonders herausfordernd ist das Einholen zusätzlicher Informationen für Banken, die als Vorreiter im Markt als Erste anspruchsvollere KYC-Standards durchsetzen. Diese First Mover haben eine intensive Kundenansprache und -überzeugung zu leisten, um die notwendigen Informationen vom Kunden zu erhalten. Viele Kunden sind noch nicht darauf vorbereitet, die höheren Anforderungen der Banken zu leisten. Insbesondere für Großunternehmen, die eine Vielzahl von Bankverbindungen unterhalten, ist es eine Herausforderung, den institutsspezifischen Anforderungen gerecht zu werden. Erschwerend kommt hinzu, dass Banken ihre Standards individuell setzen und 2 Kundensegmentierung Kundensegmentierung: Kunden werden nach gemeinsamen Charakteristiken segmentiert, um ein abgestimmtes Vorgehen entlang der Due-Dilligence-Prozesse und aller Geschäftsbereiche zu ermöglichen. Aktuelle Geschäftsbereiche Wholesale Retail Wealth Überschneidung der Kunden in den Geschäftsbereichen ohne Abstimmung innerhalb der Bankenlandschaft entwickeln. Für Kunden bedeutet dies, dass sie je nach Bank auch noch unterschiedlichen Standards gerecht werden müssen. Erste Ansätze zur Harmonisierung der Standards bestehen bereits, beispielsweise durch die Plattform KYC.com. In dieser Client-Due-Diligence-Lösung haben sich Großbanken konzeptionell abgestimmt und einen KYC-Standard festgelegt. Kunden haben die Möglichkeit, auf dieser Plattform ihre Daten und Dokumente zur Verfügung zu stellen, auf die alle angeschlossenen Banken zugreifen können. Dadurch wird der Aufwand auf der Kundenseite deutlich reduziert. Entscheidend für den Erfolg sind allerdings die Marktdurchdringung und die Akzeptanz durch Kunden und Banken. fl Durch Vereinheitlichung von Abläufen können Prozesse effizienter gestaltet und damit das langfristige Zielbild erreicht werden. Split nach ähnlichen Kunden- Charakteristika Aktuelle Ansätze zum Aufbau einer zukunftsfähigen KYC-Organisation Abgeleitet aus den genannten Problemfeldern sind im Ausland bereits zukunftsweisende KYC-Organisationen entstanden. Hierbei haben sich folgende Lösungen bewährt: óó Schaffung von Rahmenwerken und organisatorische Eingliederung óó Kundensegmentierung und darauf aufbauende Prozessautomatisierung óó Beachtung der „Macht des Kunden“ (frühzeitige Beteiligung der Betroffenen) Neue Kundentypen Klassische Retail-Privatkunden Priorisierte Privatkunden Kleine und mittlere Firmenkunden Priorisierte Firmenkunden Schaffung von Rahmenwerken und organisatorische Eingliederung Zur angemessenen Behandlung von AFC- Themen haben Banken eigene Kompetenz-Center aufgebaut, häufig mit direkter Reporting-Linie zum COO oder CFO. Es werden entsprechende Financial Crime Capability Frameworks für die konzernweit geltenden Policies und Procedures auf- und einheitlich umgesetzt. Hierzu gehören auch die Implementierung von eindeutigen Eskalationsinstanzen, Gremien und Vorgehensweisen beim Beenden einer Geschäftsverbindung zum Kunden. Insgesamt sollte während der Transformationsphase für die erfolgreiche Einführung des Rahmenwerks ein begleitendes Change Management sichergestellt werden. Damit soll gewährleistet werden, dass insbesondere die Mitarbeiter frühzeitig die Veränderungen verstehen und umsetzen können ” 1. Beim organisatorischen Aufbau von KYC-Instanzen wird häufig das Thema Shared Service Center bzw. Outsourcing 46 diebank 11.2016

BETRIEBSWIRTSCHAFT ó diskutiert: Inwieweit können unterstützende, repetitive Tätigkeiten ausgelagert werden, wie die Recherche von Informationen? Um lokal die Entscheidungsmacht zu behalten, übernehmen lokale Experten die finale Freigabe, unter Einhaltung des Vier-Augen-Prinzips. Verschiedentlich besteht erhebliches Einsparpotenzial durch Outsourcing bzw. die Einrichtung von Shared Services Centern. Außerhalb von Deutschland haben sich bereits in einer Reihe von Ländern KYC-Communities, teilweise sogar Center of Excellence mit entsprechendem Know-how etabliert, die für entsprechend hohe Qualität bürgen. verser Self-Service Channels wurden die Kunden mehrfach kontaktiert (Contact Center, Berater, Backoffice). Letztendlich hat es sich als beste Lösung erwiesen, an einer zentralen Stelle ein Client Management einzurichten, welches ausschließlich für sämtliche Kundenanfragen gebündelt aus dem Backoffice zuständig ist. Durch diese Zentralisierung wird die Mehrfachansprache vermieden und ein Beitrag zu einem entsprechend positiven Kundenerlebnis geliefert. Da Banken bei der KYC-Prüfung auf die Mitarbeit ihrer Kunden angewiesen sind, ist dieser Aspekt nicht zu unterschätzen. Bei der Vereinheitlichung unter den Banken in Deutschland, aber auch weltweit, gibt es noch viel zu tun, da hier jeweils unterschiedliche Unterlagen angefordert werden. Von den Banken ist noch erhebliche Aufklärungsarbeit beim Kunden zu leisten, warum und wofür die entsprechenden Unterlagen benötigt werden, um die Akzeptanz für den Mehraufwand zu schaffen. Der Kundennutzen ist dabei stärker in den Vordergrund zu stellen. Kunden von Banken, die schon hohe Standards implementiert haben, sind bereits auf die neu entstehenden Anforderungen im Compliance-Bereich vorbereitet. Hat ein Kunde die hohen Anforderungen der Due-Diligence-Prüfung bestanden, so kann die Erfüllung der Standards als eine Art Qualitätssiegel für das Unternehmen angesehen werden. fl Besonders riskante Kundengruppen – betrachtet aus der Geldwäsche- Risikoperspektive – erfordern jedoch auch eine erhöhte Sorgfaltspflicht. Zu den Kundengruppen zählen u. a. Korrespondesbanken. Kundensegmentierung und Prozessautomatisierung Zur risikogerechten und effizienten Einstufung sollten Kunden unterschiedlich klassifiziert und verschiedenen Gruppen zugeordnet werden. Je nach Gruppe sind unterschiedliche Kompetenzen und verschiedene Standardisierungsgrade bei der Bearbeitung erforderlich. Eine passende Kundensegmentierung ist vom jeweiligen Geschäftsmodell der Bank abhängig und sollte daher institutsspezifisch vorgenommen werden. Beispielhaft könnte eine Kundensegmentierung wie folgt aussehen: Klassische Retail-Privatkunden, priorisierte Privatkunden, kleine und mittlere Firmenkunden sowie priorisierte Firmenkunden ” 2. Für jede dieser Differenzierungen sind Prozesse neu zu gestalten und Standardisierungsmöglichkeiten zu prüfen. Insbesondere die klassischen Retail-Privatkunden sowie kleine und mittlere Firmenkunden bergen ein hohes Potenzial an Standardisierungsmöglichkeiten und Effizienzgewinnen. Für diese Kundensegmente sollte das Ziel darin bestehen, dass sowohl der Vertrieb als auch das Backoffice vollständig automatisierte Prozesse durchlaufen und lediglich das Vier-Augen-Prinzip noch manuell durchgeführt wird. Client-Management-Ansatz (Customer Center) Sämtliche Prozesse und Technologien bringen keinen Mehrwert, wenn am Ende der Kunde nicht mitspielt. Die richtige Kontaktform zum Einholen der relevanten Unterlagen und Informationen hat sich als eines der schwierigsten Elemente in der Kundenkommunikation herausgestellt. Durch die Implementierung di- Fazit Neben der Notwendigkeit, regulatorische Vorgaben umzusetzen, ist es wesentlich, dass Banken eine KYC-Roadmap mit einem Horizont für die nächsten Jahre aufsetzen, um Ressourcenengpässe zu vermeiden bzw. Potenziale heben zu können. Hierfür bietet sich eine schrittweise Umsetzung der Roadmap und die Teilung in eine Interims- und eine Langfristlösung an. Der Zugang zu neuen Technologien wird das Arbeiten im KYC-Bereich vielfach erleichtern und kosteneffizient gestalten. So wird eine effektive Mischung aus regulatorischen Anforderungen und internen Wünschen ermöglicht. Als entscheidende Komponente sollten jedoch die Bedürfnisse des Kunden und die Akzeptanz durch ihn deutlich stärker berücksichtigt werden, da der Kunde für eine erfolgreiche Due Diligence bei der Bereitstellung der Daten und Informationen Hilfestellung geben muss. Hier gilt es, einen kundenfreundlichen Weg zwischen Aufklärungsarbeit und effizienter Informationseinholung zu finden. Ein begleitendes Change Management hilft der Organisation und den Mitarbeitern auf dem Weg zu einer zukunftsorientierten KYC-Organisation. ó Autoren: Corinna Reibchen ist Geschäftsführerin der passcon GmbH, Hamburg. Alwin Bathija ist als Bereichsleiter der HSBC Transactions Services GmbH in Düsseldorf tätig. 11.2016 diebank 47

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