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die bank 10 // 2022

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

DIGITALISIERUNG um eine

DIGITALISIERUNG um eine oder mehrere Longpositionen in einer oder mehrerer Klassen von Krypto-Assets handelt. Für eine einzelne Rohwarenposition hingegen beträgt das Risikogewicht und somit die Eigenkapitalunterlegung je nach Rohwarenart 20 bis 80 Prozent. Sofern jedoch mehrere Positionen bestehen, dürfen mindernde Diversifikationseffekte berücksichtigt werden, unabhängig davon, ob damit auch eine reale Risikominderung einhergeht. Eigene Simulationsrechnungen für 500 zufällig zusammengestellte Portfolios, die nur aus Long- oder Short-Positionen in nur einer Rohwarenklasse bestehen, ergaben, dass die Eigenkapitalanforderungen je nach Rohwarenklasse und den für die Klassen vorgegebenen, unterschiedlich hohen Korrelationskoeffizienten gegenüber den vorgegebenen Risikogewichten von 20 Prozent bis 80 Prozent um 0 Prozent bis 50 Prozent auf 12 Prozent bis 80 Prozent sanken. Für ebenfalls zufällig zusammengestellte Portfolios mit Long- oder Short-Positionen in zehn verschiedenen Rohwarenklassen ergaben eigene Simulationsrechnungen für 10 * 500 = 5.000 Portfolios, dass Diversifikationseffekte zwischen den Klassen die Eigenkapitalanforderung gegenüber der Summe über alle Klassen von 31 bis 37 Prozent um durchschnittlich 40 Prozent auf 19 bis 24 Prozent reduzierten. 3 Vergleich von Long- und Short-Positionen Im einfachsten Fall mit nur einer geschlossenen Position in einem Krypto-Asset etwa bestehend aus einer Position von 100 € long und einer Position von 100 € short ist das Szenario mit niedriger Korrelation ρ kl low = 0,88 relevant, da es den geringsten Entlastungseffekt bzw. die höchste Eigenkapitalanforderung ergibt. Diese beträgt gemäß der Formel in dem sehr einfachen Beispiel: Kb = √(100² + 100² + 2*0,88*100*-100) = 48,99 € bzw. 24,5 Prozent bezogen auf die Summe der absoluten Werte der beiden Long- und Short-Positionen von 200 €. Die jeweiligen Eigenkapitalanforderungen für die oben beschriebene geschlossene Position (100 € long und 100 € short) in einer der elf vorgegebenen Rohstoffklassen, für die jeweils unterschiedliche Risikogewichte und Korrelationskoeffizienten vorgeschrieben sind, liegen zwischen 7,8 Prozent und 35,8 Prozent ÿ 3. Es ist unverständlich, dass die Eigenkapitalanforderungen der beiden Asset-Klassen so nahe beieinander liegen und drei der elf Rohstoffklassen sogar als risikoreicher angesehen werden als Krypto-Assets, obwohl Rohstoffe über einen intrinsischen Wert verfügen, und Krypto-Assets der Gruppe 2a nicht unbedingt. Für komplexe Portfolios zeigte sich auf Basis von 3 * 500 = 1.500 eigenen Simulationen für zufällig zusammengestellte Portfolios mit Long- und Short-Positionen innerhalb einer Klasse von Krypto-Assets, dass die Eigenkapitalanforderung sogar auf bis zu 9,6 Prozent bei einem mittleren Wert von etwa 25 Prozent reduziert werden konnte. Für identische Portfolios von Rohwarenpositionen ergaben die Simulationsrechnungen für die Eigenkapitalanforderung einzelner Rohwarenklassen Mindestwerte zwischen 3 und 14,1 Prozent, also erneut z. T. höher als für Krypto-Assets, bei mittleren Werten zwischen 5,8 und 22,5 Prozent, also etwas unterhalb des Mittelwerts für Krypto-Assets. Durch die Diversifizierung über zehn Rohwarenklassen hinweg, die für Krypto-Assets nicht erlaubt ist (über die Buckets b hinweg sind die Eigenkapitalanforderungen zu addieren), konnte eine weitere Reduzierung der Eigenkapitalanforderung auf 2,3 bis 7,7 Prozent bei einem Mittelwert von 4,1 Prozent beobachtet werden. Besteht ein Portfolio nur aus Long - oder nur aus Short-Positionen, können die Eigenkapitalanforderungen für Rohwarenpositionen, insbesondere dann, wenn die Bank Positionen verschiedener Rohwarenklassen hält, deutlich unter denen für Krypto-Assets (100 Prozent) liegen. Besteht ein Portfolio hingegen aus Long- und Short-Positionen, kann es zu dem paradoxen Ergebnis kommen, dass die Eigenkapitalanforderungen für eine Klasse von Krypto-Assets der Gruppe 2a unter denen bestimmter Rohwarenklassen liegt. Die problematische Anerkennung von Diversifikationseffekten über die Rohwarenklassen hinweg, die für Krypto-Assets zu Recht nicht zulässig ist, kann die Eigenkapitalanforderungen für Rohwaren zwar weiter senken. Allerdings erscheinen die Abstände zwischen den beiden Asset-Klassen sowie die Höhe der Anforderungen für beide Asset-Klassen viel zu gering. Weitere Erleichterungen auch hinsichtlich sonstiger Anforderungen Im ersten Konsultationspapier ging der BCBS noch davon aus, dass Krypto-Assets nicht zu den liquiden Aktiva hoher Qualität (High-Quality Liquid Assets, HQLA) zählen würden. Das Gremium wollte allerdings prüfen, ob Krypto-Assets der Gruppe 1a, sofern sie als äquivalent zu traditionellen HQLA angesehen werden, ebenfalls als HQLA anerkannt werden können und ob dabei Abschläge für Cashflow-Risiken zu berücksichtigen seien. Zu Recht weist der BCBS darauf hin, dass die Marktliquidität für Krypto-Assets der Gruppe 1 geringer sein kann als die traditioneller Aktiva. Für die Gruppe 2 hingegen war vorgesehen, sie als illiquide Aktiva bzw. instabile Refinanzierungsinstrumente anzusehen. Obwohl der BCBS die besonderen zusätzlichen Risiken im Vergleich zu traditionellen Aktiva betont und auf den Mangel an historischen Daten verweist, hat er auch in dieser Frage dem Drängen des Bankensektors nachgegeben. So sollen Krypto-Assets der Gruppe 1a wie traditionelle Aktiva behandelt werden, wenn sie tatsächlich die Anforderungen für HQLA erfüllen. Dabei bleibt u. a. abzuwarten, ob die Bedingung, dass Zentralbanken solche Krypto-Assets als Sicherheiten akzeptieren werden, erfüllt werden wird. Gleichzeitig sollen jedoch Bankaufseher eine strengere Behandlung vorsehen, sofern sie beispielsweise Eventualrisiken identifizieren. Während also einerseits der BCBS die Regeln trotz bestehender Bedenken lockert, sollen andererseits die Aufsichtsbehörden bei Fehl- 64 10 | 2022

DIGITALISIERUNG entwicklungen fallweise eingreifen, was jedoch in der Praxis eher unüblich sein dürfte. Bei der Berechnung der Leverage Ratio und der Großkreditgrenzen werden Krypto- Assets zwar einbezogen. Allerdings wird die Berechnung der Leverage Ratio dadurch verwässert, dass Krypto-Assets selbst dann, wenn sie als immaterielle Güter bilanziert werden, nicht mehr wie andere immaterielle Aktiva vom harten Kernkapital abgezogen werden müssen. Damit gibt der BCBS nicht nur ungerechtfertigten Forderungen der Finanzindustrie nach, sondern schafft mit dieser Ausnahmeregelung, die insbesondere Krypto-Assets in Form von Payment-Token wie Bitcoin oder Utility-Token begünstigt, zudem eine die Komplexität erhöhende Ungleichbehandlung unter den immateriellen Aktiva. Autoren Diplom-Volkswirt Stefan Best ist Dozent an der Wiesbaden Business School, Hochschule RheinMain University of Applied Sciences, und war Managing Director, Financial Institutions, bei Standard & Poor´s. Prof. Dr. Oliver Read ist Professor für Finanzierung an der Wiesbaden Business School, Hochschule RheinMain University of Applied Sciences, und war im Bankensektor tätig. 1 Vgl. hierzu die Kommentierungen von Best, Stefan; Read, Oliver (2020): Krypto-Assets als Risikopositionen: Risiken vermeiden. ohne die Technologie zu behindern, „die bank“ 07/2020, S.30-33 und Best, Stefan; Read, Oliver (2022): Krypto-Assets als Risikopositionen: Ein Trennbankenprinzip könnte einige Probleme vermeiden helfen, „die bank“ 02/2022, S.52-59. 2 Im Juni 2021 veröffentlichte der BCBS ein erstes Konsultationspapier zur aufsichtsrechtlichen Behandlung von Krypto-Assets. Im März 2019 hatte er in einem Newsletter und im Dezember 2019 in einem Diskussionspapier seine vorläufige Sichtweise bezüglich aufsichtsrechtlicher Regelungen veröffentlicht und Meinungen von Marktteilnehmern eingeholt. 3 Vgl. Best, Stefan (2021): Minimum capital requirements for market risk: An overview and critical analysis of the standardized approaches under Basel III, S.41, Table 12, WIFIN Working Paper Nr. 10/2021. FAZIT Gegenüber den bisherigen Vorschlägen stellt das zweite Konsultationspapier eine weitere Verwässerung und Komplizierung der ursprünglich diskutierten Anforderungen dar. Es ist leider symptomatisch, wie die bereits mehr als 1.600 Seiten des Baseler Rahmenwerks zeigen, dass der BCBS in dem Bemühen den Wünschen der Finanzindustrie nachzugeben oder auch oftmals in dem Irrglauben, Risiken und Eigenkapitalanforderungen mathematisch exakt berechnen zu können, die Komplexität der Regeln ständig erhöht. Obwohl der BCBS an verschieden Stellen die neuartigen bzw. unbekannten Risiken und unzureichenden Erfahrungen mit Krypto- Assets betont, soll es regulatorisch praktisch keine Unterschiede zwischen traditionellen Aktiva in analoger und digitaler Form geben. Selbst der Handel mit hochriskanten Krypto-Assets der Gruppe 2, die in der Regel über keinen intrinsischen Wert verfügen dürften, soll Banken ermöglicht werden. Dies geschieht u. a. dadurch, dass man ausnahmsweise die bilanziell als immateriell eingestuften Krypto-Assets aufsichtsrechtlich gegenüber sonstigen immateriellen Aktiva privilegiert. Die vorgesehene Limitierung dieser hochriskanten, immateriellen Risikopositionen auf die Höhe des Tier-1-Eigenkapitals einer Bank erscheint angesichts des hohen Verlustpotenzials als viel zu weitgehend. Der Zusammenbruch des Terra-Luna-Netzwerks mit dem algorithmischen Stablecoin Terra UST im Mai 2022, das ähnlich wie ein Pyramidensystem konstruiert war, verdeutlicht erhebliche Verlustrisiken für naive Investoren in Krypto-Assets aufgrund mangelnder Regulierung. Zudem ist auch keine zwingende Notwendigkeit dafür erkennbar, dass Banken in diesen Instrumenten handeln müssen. Sinnvoller wäre es hingegen, zunächst einmal ausreichend Erfahrungen mit den neuen Instrumenten und damit verbundenen Risiken zu sammeln, statt bereits vorab Lockerungen zu beschließen. So wäre eine Begrenzung der Krypto-Assets der Gruppe 1 auf 1 bis 2 Prozent des harten Kernkapitals und ein Trennbankensystem für darüber hinausgehende Positionen sowie für Krypto-Assets der Gruppe 2 ein weniger riskanter Weg, ohne die Einführung neuer Technologien zu verhindern. 10 | 2022 65

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