REGULIERUNG ESG-RISK FORUM TEIL 2 | KEIN ZURÜCK ZUM „NORMALZUSTAND“ GRÜNE SCHWÄNE – GEKOMMEN, UM ZU BLEIBEN ESG-Risiken sind keine Ereignisse mehr, die man als selten oder unwahrscheinlich abtun könnte, das haben die jüngsten Naturkatastrophen gezeigt. Das Thema beschäftigt deshalb auch den Finanzsektor und hier das Risikomanagement ganz massiv. Was die Finanzaufsicht diesbezüglich von den Instituten erwartet, erfuhren die Besucher des ESG-Risk Forums in Köln. Schwarze Schwäne waren vor Jahrhunderten für viele Menschen undenkbar und doch gab es die wenigen, realen Trauerschwäne. In der Finanzmathematik hat sich der Begriff später für wirtschaftliche (ökonomische) Risiken durchgesetzt, die als nicht vorhersehbar galten und gleichzeitig bei Eintritt massive Schäden verursachen. Die sehr spezielle Fauna der Risikomanager wird seit geraumer Zeit von einem weiteren, seltenen Tier besiedelt, dem „Grünen Schwan“. Als Startpunkt darf ein Bericht der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIS) aus dem Januar 2020 zur Finanzstabilität in Zeiten des Klimawandels gelten. Green Swans stehen für wahrscheinlich bis ziemlich sicher eintretende Ereignisse, deren Auswirkung oder Zeitpunkt noch unbekannt ist. Dazu zählen Hitzewellen und Dürren einerseits und Überschwemmungen andererseits ebenso wie weitere Auswirkungen der klimatischen Veränderungen. Dass diese kommen werden, gilt auch unter den Risikomanagern als ausgemachte Sache. Bei einem grünen Schwan kann man deshalb nicht sagen, man habe nicht reagiert, weil man ihn nicht kommen sah. Man weiß, er kommt irgendwann angeschwommen, und lediglich die Form oder das Ausmaß der Vorbereitung ist ausschlaggebend dafür, wie man seiner Ankunft Herr wird. Im Risikomanagement steht dieser Grüne Schwan für eine neue Art von systemischem Risiko, das – angetrieben vom Klimawandel – ökologische, wirtschaftliche und geopolitische Aspekte verbindet. Dass ESG-Risiken keine „Low Probability/High Severity Events“ sind, scheint in der Branche außer Frage zu stehen, diese Erkenntnis durfte man aus dem ES Risk Forum in Köln mitnehmen. Zu deutlich zeichnet sich der Klimawandel in den letzten Jahren ab. Insgesamt gewinnt der Bereich Sustainable Finance zunehmend an Bedeutung. Kunden und der Kapitalmarkt stellen heute hohe Anforderungen an das Nachhaltigkeitsprofil der Banken, auch Investitionen in Green Bonds sind sehr beliebt. Gleichzeitig hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass physische Risikotreiber – extreme akute Wettereignisse und der fortschreitende Klimawandel – die Wirtschaft und das Finanzsystem ebenso beeinflussen wie die sogenannten Transitionsrisiken, also die Klimapolitik, neue Technologien und das sich ändernde Verhalten der Verbraucher, die massive Auswirkungen auf die Nachhaltigkeit der Geschäftsmodelle ganzer Sektoren oder einzelner Kunden im Kreditportfolio einer Bank haben können. Und wo ökologische, soziale und unternehmerische Nachhaltigkeit – wie man das Kürzel ESG (Environmental, Social and Governance) übersetzen kann – immer gewichtiger werden, sind natürlich auch belastbare Kriterien gefragt. Wegweisende, EU-weite Regelungen wie die Taxonomieverordnung, die Offenlegungsverordnung (SFDR) oder die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSR- Richtlinie) begleiten die Entwicklung. 54 10 | 2022
REGULIERUNG Was die Aufsicht von den Instituten erwartet Beim Kölner ESG-Risk Forum nahm das Management von ESG-Risiken in der Banksteuerung erwartungsgemäß breiten Raum ein. Welche Anforderungen Aufsicht und Regulierung diesbezüglich an die Institute stellen, das erläuterte Prof. Dr. Thomas Dietz in einem packenden Vortrag. Sustainable Finance sei kein Mode-, sondern ein Megatrend, betonte er, und dieser sei „gekommen, um zu bleiben“. Der Referatsleiter für bankgeschäftliche Prüfungen in der Bundesbank-Hauptverwaltung Berlin und Brandenburg zeigte den Zuhörern die gesamte Palette dessen auf, was im Rahmen von Prüfungen noch bevorsteht – aber womit sich die Banken hoffentlich bereits beschäftigen würden, denn kurz vor dem Termin des Risk Forums hatten die ersten, von der EZB beauftragten Prüfungen mit dem Themenschwerpunkt ESG bereits begonnen. Auch, so mahnte Dietz, stünden bald erste entsprechende LSI-Prüfungen ins Haus. „Lehnen Sie sich nicht zu lange zurück“, ermunterte der Referent, der auch als Honorarprofessor an der Hochschule für Finanzwirt- schaft & Management der Sparkassen-Finanzgruppe tätig ist. Dietz informierte zunächst über die ESG-Risiken in der Gesamtbanksteuerung. Aufgrund der momentanen Probleme bei der Generierung relevanter ESG-Daten für die Banksteuerung (z. B. der Treibhausgasausstoß der Unternehmen im Kreditportfolio) sei die Verwendung von ESG-Ratings aus Sicht der Aufsicht nachvollziehbar. Es sei dabei jedoch für Banken wichtig, zu verstehen, was diese Ratings eigentlich messen: (eher) die Outside-In-Perspektive oder die Inside-Out- Perspektive oder vielleicht sogar beides? 10 | 2022 55
10|2022 ZINSWENDE - BANKENWELT IN B
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