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die bank 10 // 2022

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

MANAGEMENT DIE

MANAGEMENT DIE ESG-TRANSFORMATION WAS KANN DER DERIVATE- HANDEL BEITRAGEN? Den Instituten des Finanzsektors wird ein zentraler Beitrag zur Transformation der gesamten Wirtschaft in Richtung Nachhaltigkeit zugewiesen. In diesem Kontext sind in den letzten Jahren eine Vielzahl von Innovationen im Bereich der Kreditvergabe (z. B. ESG-linked Loans) und Mittelaufnahme (z. B. Green Bonds) entstanden. Wie ein Beitrag des Derivatehandels zur ESG-Transformation aussehen kann und welche Hindernisse es zu überwinden gilt, zeigt folgender Artikel. Für Finanzierungs- und Anlageprodukte wurden in den vergangenen Jahren zahlreiche ESG-konforme (hier und fortfolgend im Sinne „die ESG-Transformation unterstützend“ gemeint) Ausgestaltungen erarbeitet. Beispiele sind Zweckbindungen der Mittelverwendung oder Staffelungen des Zinses nach einer Art Bonus-Malus-System auf Basis von ESG-Kennzahlen. Insofern existieren für die Marktabteilungen dieser Produkte verschiedenste Möglichkeiten, ihren Beitrag zur ESG-Transformation darzulegen, zu bemessen und zu steuern. Für den Derivatehandel sieht dies grundlegend anders aus – trotz positiver, pionierhafter Beispiele im Kundengeschäft, wie z. B. durch die ING Bank. So werden zur internen Banksteuerung sowie im Asset-Liability-Management Derivate wie Zinsswaps eingesetzt, für die völlig unklar ist, wie eine ESG-konforme Ausgestaltung unter Erhaltung der origi- 34 10 | 2022

MANAGEMENT nären Steuerungsfunktion sowie unter Berücksichtigung regulatorischer und/oder operativer Anforderungen, z. B. mit Blick auf das zentrale Clearing, überhaupt aussehen könnte. Gleichwohl fragen – insbesondere in öffentlichen Finanzinstituten – Eigentümer, Verwaltungsräte etc. immer häufiger, welchen Beitrag jede Abteilung und damit speziell auch der Derivatehandel im Rahmen der ESG-Transformation künftig leisten könnte. Diese grundlegende Fragestellung aufnehmend wollen wir in diesem Artikel uns nicht darauf fokussieren, Antworten zu finden, inwiefern Derivate als Produkt selbst ESG-konform ausgestaltet werden können (und was dies überhaupt heißen kann). Wir machen hingegen einen Vorschlag, wie die Handelstätigkeit selbst (und eben nicht das Produkt) nach marktwirtschaftlichen Prinzipien (also eben nicht beispielsweise durch eine reine Blacklist) mit messbarem, positivem Beitrag zur ESG-Transformation ausgestaltet werden kann und wie die hiermit für das Institut anfallenden Kosten erhoben und kontrolliert werden können. Hierbei ist unser leitendes Szenario ein Institut, das regelmäßig OTC-Derivate (insbesondere Zinsswaps) zu Risikosteuerungszwecken mit verschiedenen Gegenparteien abschließt, diese weit überwiegend über eine zentrale Gegenpartei (CCP) abwickelt und hierbei ausschließlich als Preisnehmer auftritt. Grundprinzipien ESG-Steuerung Die Risikosteuerung selbst – also der eigentliche Zweck des Derivathandels in unserem Kontext – soll grundsätzlich unberührt bleiben. Dies gilt sowohl für den ökonomischen Ansatz der Steuerung (Durationssteuerung, Cashflow-Matching etc.) als auch für deren bilanzielle Reflektion (Mikrooder Makrosicherungsbeziehungen etc.) sowie die Abwicklung. Der Ansatzpunkt ist daher nicht das Produkt, sondern die Auswahl des konkreten Derivatepartners für eine konkrete Transaktion. Hierbei soll systematisch dessen ESG-Standing zum Zeitpunkt der Ausübung des Handelsgeschäfts einfließen mit dem Zweck, dass die – aus Sicht des Instituts – vorbildliche Erfüllung von ESG-Kriterien einen Wettbewerbsvorteil für den jeweiligen Geschäftspartner generiert. Der Klarheit halber sei betont, dass das ESG-Standing hier eine Einwertung (bspw. operationalisiert durch eine Art ESG-Rating/ Score, wie es auch im Finanzierungs- und Anlagegeschäft genutzt wird) dahingehend ist, inwiefern der Derivatepartner nachhaltig in den Dimensionen ESG aufgestellt ist (etwa Auswirkungen seines Geschäftsmodells auf Umwelt und Gesellschaft, Management von Nachhaltigkeitsrisiken, Umfang der Offenlegung etc.). Es ist keine Beurteilung, inwiefern sich die klassischen Risiken durch ESG-bezogene Risikofaktoren verändern, beispielsweise inwiefern sich die Gegenparteiausfallrisiken durch den Einfluss des Klimawandels verändern. Diese Faktoren gehen zunehmend standardisiert zum Beispiel in (klassische) Ratings und damit bei Derivaten konkret in das Credit Valuation Adjustment (CVA) ein. Der Einfachheit der Darstellung halber betrachten wir sie hier nicht weiter, da kein Widerspruch zum nachfolgenden Konzept besteht. In der praktischen Implementierung sind Zusammenhänge genauer herauszuarbeiten. Das resultierende Grundprinzip ist mithin denkbar einfach: Es wird für eine konkrete Derivattransaktion im Rahmen der Beurteilung der betriebswirtschaftlichen Vorteilhaftigkeit (Pricing) nicht automatisch jene Gegenpartei ausgewählt, die absolut den besten Preis (bzw. Coupon, Spread etc.) aufruft. Stattdessen wird die Auswahl nach dem folgenden Schema getroffen: 1. Strukturierung des Derivats, Festlegung der potenziellen Gegenparteien und Einholung der Angebote dieser Gegenparteien 2. Feststellung des ESG-Standings für jede potenzielle Gegenpartei 10 | 2022 35

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