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die bank 10 // 2022

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

MARKT 2 | Historische

MARKT 2 | Historische Verlustwahrscheinlichkeit und Kapitalerhalt mit Aktien des DAX in Abhängigkeit vom Anlagehorizont (Kursentwicklung und Dividenden) seit 1967 100 % 90 % 68 % 70 % 84 % 97 % 100 % 100 % 80 % 70 % Historische Wahrscheinlichkeit 60 % 50 % 40 % 30 % 20 % 4 % 7 % 10 % 0 % 28 % 23 % 5 % 3 % 11 % 1 5 10 15 20 25 Historische Anlagezeiträume (in Jahren) Verlust Nur nominaler Kapitalerhalt Realer Kapitalerhalt Quelle: Deutsches Aktieninstitut, Daten: Deutsche Börse AG, Stehle/Huber/Maier (1996), eigene Berechnungen. Vermögenserhalt und Erträge durch Aktien am Beispiel des DAX Eine steuerbefreite Stiftung könnte bei festverzinslichen Anlagen nur einen (kleinen) Teil ihrer Zinserträge an ihre Destinatäre ausschütten, wenn sie den realen Wert ihres Kapitalstocks erhalten will. Bei einer Anlage in Aktien steht demgegenüber ein höherer Ertrag zur Ausschüttung – oder zur Erhöhung des Kapitalstocks, soweit rechtlich zulässig – zur Verfügung. Eine Stiftung, die vermeiden möchte, in einer Verlustperiode Aktien zu niedrigen Kursen verkaufen zu müssen, um die Zahlungen an ihre Destinatäre zu finanzieren, kann eine kombinierte Strategie wählen: Sie legt den Großteil ihres Vermögens breit gestreut am Aktienmarkt an und hält eine weniger kursschwankungsanfällige Liquiditätsreserve z. B. in festverzinslichen Papieren, aus der bei Bedarf die Zahlungen finanziert werden. Da die jährlichen Zahlungen bei einer Ewigkeitsstiftung nur wenige Prozent des Stiftungsvermögens betragen können, dürfte eine Liquiditätsreserve von ca. 25 bis 30 Prozent völlig ausreichen, um auch mehrjährige Baisse-Phasen zu überstehen. Aktienanlagen bieten auf lange Sicht also gute Chancen, nicht nur das Vermögen real zu erhalten, sondern darüber hinaus auch noch regelmäßige Kapitalerträge zu erzielen, die für Stiftungszwecke verwendet werden können. Der für Aktienanlagen notwendige langfristige Anlagehorizont ist bei Stiftungen ebenso wie bei Kirchen gegeben. Dazu ein praktisches Beispiel: Wer 1987 breit gestreut in DAX-Aktien investierte, konnte sein Vermögen allein durch die sich seitdem ergebenden Kursveränderungen trotz aller Börsenrückschläge in den 35 Jahren bis heute (Stand September 2022) etwa verfünffachen. 3 Damit blieb das Vermögen substanziell nicht nur erhalten, es vermehrte sich real sogar deutlich, denn die Verbraucherpreise haben sich seit 1987 nicht mehr als etwa verdoppelt. Zudem gab es regelmäßige Vermögenserträge in Form von Dividenden, deren Höhe im Lauf der 35 Jahre nach und nach beträchtlich zunahm. Um bei dem Beispiel zu bleiben: Wer 1987 einen Betrag von umgerechnet 100.000 € breit gestreut in DAX-Werte investierte und die Dividenden nicht dem Kapital zuschlug sondern verausgabte, verfügte im September 2022 über ein Vermögen von rund 500.000 €. Bei derzeit etwa 3 Prozent durchschnittlicher Dividendenrendite kommen jährlich Dividendenausschüttungen von etwa 15.000 € hinzu. Bezogen auf das ursprüngliche Ausgangsvermögen von 100.000 € ist das eine Ausschüttungsrendite von 15 Prozent. Aktieneinstieg zu Höchstkursen? Nun mag man einwenden, dass nach dem Börsencrash von 1987 die Kurse am Jahresende 1987 (als der DAX mit 1.000 Punkten eingeführt wurde) für einen Einstieg besonders günstig waren. Wie hätte es ausgesehen, wenn der Aktienkauf zu Höchstkursen vor Beginn des Aktiencrashs 1987 vorgenommen worden wäre? Auch dann hätte sich die Aktienanlage gelohnt. Allerdings wären aus den 100.000 € Kapital bis heute (Stand September 2022) „nur“ gut 300.000 € geworden, und die Dividendenausschüttungen würden sich gegenwärtig auf „nur“ etwa 10.000 € im Jahr belaufen. Die Dividendenrendite bezogen auf den ursprünglich investierten Anlagebetrag entspräche dann immerhin noch etwa 10 Prozent. 22 10 | 2022

MARKT Im Vergleich dazu ein Blick auf die Alternative: Was wäre aus Anlagen in Bundesanleihen und Pfandbriefen geworden? Das eingesetzte Kapital wäre konstant bei 100.000 € geblieben, und seine Kaufkraft hätte sich in den 35 Jahren bis heute aufgrund der Geldentwertung halbiert. Damit nicht genug, läge die Verzinsung seit einigen Jahren bedingt durch die Nullzinspolitik bei nahezu 0 Prozent. Im Ergebnis also weder Vermögenserhalt noch regelmäßige Erträge – ganz im Gegenteil. Auch ausgeklügelte Modelle mit vermeintlich optimalen Kombinationen zwischen Anleihen und Aktien im Portfolio bringen langfristig keine besseren Ergebnisse als breit gestreute Aktiendepots. Es ist ein Trugschluss zu glauben, dass mit ausgetüftelten gemischten Depots langfristig auf Dauer bessere Ergebnis erzielt werden können als mit breit gestreuten Aktienanlagen. Die regelmäßig aktualisierten Statistiken des deutschen Fondsverbands BVI zeigen, dass Mischfonds bei langen Laufzeiten regelmäßig schlechter abschneiden als Aktienfonds. 4 Das ist auch nicht verwunderlich, denn sie fahren konstruktionsbedingt ja eine niedrigere Aktienquote. Wie diverse historische Untersuchungen zeigen, geht bei sehr langen Zeiträumen das Verlustrisiko breit gestreuter Aktienanlagen gegen null. Auf lange Sicht (20 Jahre und mehr) sind die Renditevorteile von Aktien gegenüber Anleihen trotz stärkerer Kursschwankungen bei Aktien eindeutig. Das Deutsche Aktieninstitut hat dies in empirischen Studien immer wieder nachgewiesen. 5 Geldgeschichte ist Inflationsgeschichte Wer die Geld- und Währungsgeschichte kennt, weiß, dass sie geprägt ist von einem fortlaufenden Geldwertschwund, nur vorübergehend unterbrochen durch kurze Deflationsphasen. Geldgeschichte ist Inflationsgeschichte. Als Nominalwert definierte Anleihen sind diesem säkularen Kaufkraftverlust des Geldes ausgeliefert. Aktien dagegen sind Substanzwerte und damit weit weniger inflationsanfällig. Das wird besonders deutlich in Zeiten extremer Währungskrisen. So hat der deutsche Staat im 20. Jahrhundert zweimal seine Schulden nicht zurückgezahlt. Das bedeutete: Staatsanleihen verloren, ebenso wie Spareinlagen, in den Wirren der Hyperinflation 1923 und bei der Währungsreform 1948 weitgehend ihren Wert. Aktien überstanden Inflationen und Währungsreformen deutlich besser als Schuldverschreibungen und Geldbestände. Leider verblassen die historischen Erfahrungen großer Finanzkrisen und Währungsreformen wie 1923 und 1948. Es gibt kaum noch Zeitgenossen, die aus persönlichem Erleben darüber berichten könnten. Wenn doch, sind es oft interessante, aufschlussreiche Gespräche. Ein Vermögensberater berichtete von einer Unterhaltung, die er mit einem Herrn von über 80 vor einigen Jahren führte. Dieser verfügte über ein Geldvermögen von etwa 500.000 €, das zu 90 Prozent in einem Dutzend Aktien großer Unternehmen angelegt war. Der Anleger bezeichnete sich selbst als konservativ und sicherheitsorientiert. Der Vermögensberater riet ihm zu einer Verringerung der hohen Aktienquote. Darauf die Antwort des Anlegers: Warum sollte er das tun? Aktien seien doch sichere Anlagen! Und Sachwerte! Seine Familie habe Spareinlagen und Rentenpapiere bei der Währungsreform 1948 verloren, während die Aktien überdauerten. Seit den fünfziger Jahren seien seine Aktien immer weiter gestiegen, trotz mehrfacher Börsencrashs, und sie würden regelmäßig Dividenden ausschütten, während das Geld auf Sparkonten doch durch Inflation auf Dauer immer weniger wert würde … Die abgeklärte Antwort des alten Herrn verblüffte den Vermögensberater. Aufschlussreich ist auch das Beispiel von Gertrud Cassel. Sie hinterließ 2007 der Universität Frankfurt ein Vermögen von 30 Mio. €, das Ergebnis eines seit 1975 unveränderten, von ihrem Mann geerbten Portfolios. Seitdem hatte sie allein von den Dividenden gelebt und die Aktien unangetastet gelassen. Eine jährliche Rendite von 10 Prozent – plus Dividenden – war das Resultat. 10 | 2022 23

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