MARKT „Die Zinswende markiert für uns einen wichtigen Wendepunkt und beweist, dass einfache Sparprodukte Zukunft haben“, sagt Dr. Tamaz Georgadze, Geschäftsführer der Berliner Raisin GmbH (Weltsparen). Die im Jahr 2012 gegründete Gesellschaft verschafft Anlegern auf einer Plattform Zugang zu Spar- und Investmentprodukten. Seit der Gründung waren die Zinsen fast kontinuierlich gesunken. „Für viele Menschen sind Sparprodukte gerade in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit und hoher Volatilität am Aktienmarkt eine sichere Alternative, die zunehmend attraktiv verzinst wird.“ Zu den Kunden der Bank gehören auch andere Banken. Ihnen bieten die Berliner Zugang zur Einlagenfinanzierung im Privatkundengeschäft. „Durch den schnellen Zinsanstieg und erhöhte Spread-Risiken ist die Refinanzierung über Privatkundeneinlagen für Banken nicht nur eine stabile, sondern in den vergangenen Monaten auch kostengünstigere Funding-Quelle“, unterstreicht Georgadze. In Deutschland, aber auch in seinen anderen Märkten wie Großbritannien, den Niederlanden oder den USA verzeichnet das Einlagenportal aktuell eine verstärkte Nachfrage nach Sparprodukten. Besonders kurzfristige Festgelder seien beliebt. Auch aufseiten der Banken steige das Interesse, mit Raisin zu kooperieren. Zu den Newcomern zählt zum Beispiel die Aareal Bank, die bislang nur auf dem „ZinsMarkt“ der Deutschen Bank, einem Marktplatz für Festgelder aus dem Inland und europäischen Ausland, mit einem Festgeld-Angebot vertreten war. Zinswende verbessert Erträge unerwartet stark Wie stark sich die Zinswende auf die Ergebnisse einiger Banken ausgewirkt hat, zeigen die jüngsten Quartalszahlen, z. B. bei der Deutschen Bank und bei der HypoVereinsbank-Mutter UniCredit. Im dritten Quartal 2022 verdiente Deutschlands größtes Geldhaus so viel wie seit 15 Jahren nicht. Der Nettogewinn stieg auf 1,1 Mill. € und war fünfmal so hoch wie im Vorjahr. Die Bank profitierte zum einen von den Zinserhöhungen der Notenbanken, zum anderen vom weiter wachsenden Kreditgeschäft. Beides führte zu einem deutlichen Anstieg des Zinsüberschusses. Die italienische Großbank UniCredit meldete jüngst für das dritte Quartal 2022 einen satten Gewinnsprung von 62 Prozent auf 1,7 Mill. €. Analysten hatten mit deutlich weniger gerechnet. Die HVB-Mutter profitierte vor allem von den höheren Zinsen und unerwartet geringen Kreditausfällen. Ihre Prognose für das Gesamtjahr hob UniCredit nach Bekanntgabe der Quartalszahlen von 4,0 auf mehr als 4,8 Mill. € an. Commerzbank-Sprecher Erik Nebel: „Wir gehen davon aus, dass unser Zinsüberschuss von steigenden Zinsen unter dem Strich klar profitieren wird. Wir rechnen schon in diesem Jahr mit positiven Ertragseffekten und erwarten, dass sich die Entwicklung bei weiter steigenden Zinsen im kommenden Jahr weiter verstärkt.“ Die genaue Entwicklung hänge neben der tatsächlichen Zinsentwicklung auch davon ab, in welchem Umfang künftig wieder Zinsen für Kundeneinlagen gezahlt würden. Das Kreditgeschäft werde angesichts der großen wirtschaftlichen Unsicherheit kurzfristig stark von der konjunkturellen Entwicklung abhängen. „Jenseits der aktuellen Krise gibt es aber großen Investitionsbedarf (Stichworte Nachhaltigkeit und Digitalisierung), das wird die Kreditnachfrage stärken“, so Nebel. Mirko Sedlacek von der KfW erwartet für das laufende Jahr hingegen noch keine großen Auswirkungen der Zinswende auf das Ergebnis der Bank. Da die KfW im Kreditgeschäft als Langfrist-Finanzierer unterwegs sei, werde sich das veränderte Umfeld erst sukzessive bemerkbar machen. „Im Neugeschä ft ist eine Dämpfung der Nachfrage nach dem Wohneigentumsprogramm aufgrund des Marktzinsanstiegs für Baufinanzierungen möglich.“ Gleichzeitig erwarte die KfW aber aufgrund ihres Engagements in verschiedenen Initiativen zur Abfederung der wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Kriegs in der Ukraine sowie einer stabilen Nach- frage im inländischen Fö rdergeschä ft ein starkes Neugeschä ft für das laufende Jahr. Sedlacek weist zudem darauf hin, dass ein höheres Zinsumfeld grundsätzlich wieder eine stärkere Differenzierung von KfW- Fö rderprodukten zulasse. Kreditprodukte mit höherer Fö rderwirkung können mit attraktiveren Konditionen als Produkte mit geringerer Fö rderwirkung ausgestaltet werden. „Dies ist grundsätzlich positiv und war in einem Null- bzw. Negativzinsumfeld nicht in gleichem Maße möglich.“ Unter dem Strich bewegt die überraschend starke Zinswende die Branche also sehr unterschiedlich. Für Ulrich Stephan von der Deutschen Bank bringen positive Zinsen wieder mehr Normalität in das Einlagen- und Finanzierungsgeschäft – im Kontrast zur jahrelang währenden und historisch außergewöhnlichen Nullzins-Phase. „Je nach Geschäftsfeld befördern bzw. dämpfen die steigenden Zinsen die Nachfrage nach Bankprodukten und Dienstleistungen: Starken Rückenwind bedeuten höhere Zinsen für unser umfangreiches Einlagengeschäft, wohingegen die Baufinanzierung gebremst wird.“ Der Effekt höherer Zinsen sei somit nicht eindeutig. Bei alldem sei zu berücksichtigen, dass „die Notenbanken die höheren Leitzinsen gezielt als Instrument zur Bekämpfung der Inflation einsetzen und eine solche Zinspolitik ja im Interesse aller Marktteilnehmer geschieht, seien es Banken, Wirtschaftsunternehmen oder Privatkunden und -kundinnen“. Autorin Eli Hamacher ist Diplom-Volkswirtin und arbeitet seit 30 Jahren als Wirtschaftsjournalistin. Die Freelancerin schreibt für „die bank“ vor allem über die Branche und Porträts über einzelne Unternehmen. Ein weiterer Fokus ihrer Arbeit sind Auslandsmärkte. 12 10 | 2022
MARKT KREDITLINIEN ANFANG DES JAHRES SCHON AUFGESTOCKT Die Banken werden spürbar vorsichtiger Unternehmer brauchen aktuell besonders gute Nerven. Mögen Pandemie und Ahr-Flut die Wirtschaft unterschiedlich hart getroffen haben, die drastisch gestiegenen Energiekosten, Rekordinflation und Zinswende setzen jede Firma unter Druck. Dr. Mario Englert, CFO bei der Lauda Dr. R. Wobser GmbH, über den unternehmerischen Alltag nach der Zinswende. die bank: Lauda ist der weltweit führende Hersteller von innovativen Temperiergeräten und -anlagen für Forschung, Anwendungstechnik und Produktion. Wie haben die Krisen Ihr Geschäft beeinträchtigt? Mario Englert: Wir sind in jeder Hinsicht sehr diversifiziert, haben Kunden in vielen Branchen und decken die Wertschöpfungskette von der Forschung über die Fertigung bis zum Qualitätsmanagement ab und waren deshalb zum Glück recht resistent. Aktuell haben wir jedoch Angebote auf dem Tisch, die eine Vervierfachung der Energiepreise bedeuten würden. Damit würden 10 bis 15 Prozent unseres Gewinns weggefressen werden. Das ist substanziell. Gleichzeitig hat sich Material in diesem Jahr um 10 bis 15 Prozent – bei Chips noch deutlich mehr – verteuert, bei einem Materialeinsatz von 30 bis 45 Prozent tut uns das schon weh. 10 | 2022 13
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