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die bank 10 // 2022

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

MARKT Mit verheerenden

MARKT Mit verheerenden Folgen für die deutschen Bauunternehmen: Deren Aufträge brachen im Wohnungsbau zuletzt um real 24 Prozent ein. „In der Baufinanzierung sind die Kunden und Kundinnen zurückhaltender geworden. Dabei spielen die gestiegenen Zinskosten sicher eine Rolle. Aber auch die allgemein gestiegenen Preise für Bauleistungen, Energie etc. lassen Interessenten genauer nachrechnen“, beobachtet Dr. Ulrich Stephan, Chefanlagestratege für Privat- und Firmenkunden der Deutschen Bank. Weil die Zinslandschaft weiter in Bewegung sei und im Markt große Unsicherheit über die weitere Entwicklung herrsche, würden Instrumente zur Zinssicherung deutlich stärker nachgefragt. Dazu zählen Forward- Darlehen ebenso wie das Bausparen mit seiner Aussicht auf vergleichsweise günstige Sollzinsen für künftige Finanzierungsvorhaben. Laut Stephan rückt das Bausparen als Möglichkeit, sich günstige Finanzierungskonditionen für die Zukunft zu sichern, wieder sehr viel stärker in den Blick der Kunden. Gleichzeitig eigneten sich Bausparfinanzierungen besonders auch für kleinere Finanzierungs- Losgrößen, wie sie etwa bei einer Gebäudemodernisierung oder energetischen Sanierung in der Praxis häufig vorkommen. Das Ende des Immobilienbooms setzt auch Banken und Sparkassen unter Druck, die die schwächelnde Baufinanzierung angesichts der drohenden Rezession in einer kritischen Phase trifft. Private Immobiliendarlehen stellen mit 43 Prozent immerhin den größten Anteil im Kreditbuch deutscher Geldhäuser dar, so die Beratungsgesellschaft PwC. Raimund Röseler, Exekutivdirektor der Bafin, sagte dazu jüngst: „Wir gehen davon aus, dass die Bedeutung dieser Ertragsquelle sinken kann, weil die Nachfrage nach Immobilienfinanzierungen fällt.“ Laut einer Analyse von PwC sind die Bruttomargen bei Immobilienkrediten im August auf 0,49 Prozent abgeabgerutscht, im Jahr 2020 hatten sie noch bei 1,18 Prozent gelegen. Ertragsdruck kommt also von zwei Seiten: vom sinkenden Neugeschäft und von fallenden Margen. Was diese Entwicklung für die Branche bedeutet, zeigt das Beispiel des einst so erfolgsverwöhnten Immobilienfinanzierers Hypoport. Dessen Ergebnis (Ebit) brach im dritten Quartal dieses Jahres um 95 Prozent auf 0,5 Mio. € ein. Eine derartige Entschleunigung habe der deutsche Wohnimmobilienmarkt in den vergangenen 25 Jahren noch nicht erlebt, sagte Hypoport-Chef Ronald Slabke. Auch die Anbieter gewerblicher Immobilienfinanzierung bleiben nicht verschont. „Wie der Verband Deutscher Pfandbriefbanken rechnen wir mit einem sinkenden Neugeschä ft“, sagt Teresa Dreo-Tempsch, Marktvorständin bei der Berlin Hyp. Transaktionen würden aktuell verschoben. Das Finanzierungsvolumen werde auch auf der institutionellen Seite insgesamt geringer ausfallen als im vergangenen Jahr. Die Berlin Hyp rechnet für das zweite Halbjahr deshalb mit einem Neugeschä ft, das voraussichtlich leicht unter dem Niveau des erfolgreichen ersten Halbjahrs 2022 liegen wird. Dreo-Tempsch weist jedoch darauf hin, dass die gewerbliche Immobilienfinanzierung auch in Zeiten hö heren Zinsniveaus funktioniert habe. „Letztlich gehen wir zwar von einer gewissen Re-Kalibrierung des Markts aus, die Zeit benötigt. Aber: Finanziert wird auch in Zukunft werden, nä mlich alles, was nachhaltig und zukunftsfä hig ist.“ Immobilien müssten immer hö heren Ansprüchen genügen was Lage, Ausstattung und Flexibilität angeht. „Gleichzeitig wird die Energiekrise den Umstieg auf erneuerbare Energien und Klimaneutralitä t befeuern.“ Wenn Immobilienprojekte diese Voraussetzungen erfüllten, dann hätten sie immer die Chance, eine passende Finanzierung zu finden, so Dreo- Tempsch. 10 10 | 2022

MARKT Finanzbranche erschwert Zugang zu Unternehmenskrediten Wie bei der Baufinanzierung hat die Zinswende Unternehmenskredite nicht nur verteuert, sondern auch den Zugang erschwert. Nach Baukrediten (43 Prozent) sind die Finanzierungen von Unternehmen mit einem Anteil von 36,9 Prozent der zweitstärkste Kredittyp. „Die Kredithürde für den Mittelstand hat ein neues Rekordhoch seit Einführung der aktuellen Befragungsmethodik im Jahr 2017 erreicht“, stellte jüngst die KfW fest, die gemeinsam mit dem Ifo-Institut vierteljährlich untersucht, wie sich Banken in Kreditverhandlungen verhalten. Ihre zunehmende Vorsicht begründeten die Institute mit den eingetrübten Konjunkturaussichten sowie branchen- und firmenspezifischen Faktoren. Die Zinsen für Unternehmenskredite hätten sich seit dem Tief im Jahr 2019 mehr als vervierfacht, errechnete Barkow Consulting. Damit liege der durchschnittliche Zins von Unternehmenskrediten mit fünfjähriger Laufzeit auf dem höchsten Stand seit mehr als elf Jahren. Die Folgen sind schon sichtbar. KfW und Ifo fanden heraus, dass die Nachfrage nach Finanzierungen unter dem längerfristigen Durchschnitt liege. Zu spüren bekommen das Ende der Nullzinspolitik auch Unternehmenskäufer, die für Fusionen und Übernahmen günstig auf Leveraged Loans setzen konnten, also Kredite für bereits hoch verschuldete Unternehmen oder Firmen mit schlechter Bonität. In den ersten drei Quartalen seien diese Kredite weltweit um 38 Prozent von 1,22 Bill. auf 761,9 Mill. US-$ gesunken, so eine Analyse des Datenanbieters Refinitiv für das Handelsblatt. Die Banken hielten sich vorerst zurück, weil sie wegen der ungewissen Zinsentwicklung nicht wüssten, wie sie die Kredite bepreisen sollen. Verwahrentgelte abgeschafft – Sparer sind wieder willkommen Eine drastische Wende hat das Ende der Minuszins-Ära am Einlagenmarkt eingeläutet. Bis vor wenigen Monaten hatten noch zahlreiche Geldhäuser sogenannte Verwahrentgelte für Kunden mit hohen Spareinlagen erhoben. Sukzessive ließ die Branche diese dann wieder fallen. „Angesichts der Leitzinserhöhung im Juli berechnen wir unseren Privat- und Unternehmerkunden bereits rückwirkend zum 1. Juli keine Verwahrentgelte mehr. Für Firmenkunden gelten individuelle Konditionsvereinbarungen“, sagt etwa Commerzbank-Sprecher Erik Nebel. Die HypoVereinsbank hatte ein Verwahrentgelt in Höhe von 0,5 Prozent nach Vereinbarung mit Kunden auf Sichteinlagen (Girokonto) ab 100.000 € von April 2021 bis August 2022 erhoben. Die Deutsche Bank und die Postbank strichen die Strafzinsen Mitte August 2022, während zum Beispiel die Merkur Privatbank anders als die meisten Konkurrenten zu keinem Zeitpunkt Minuszinsen erhoben hatte. „Wir sehen jetzt einen neu belebten Wettbewerb, da die Maßnahmen der EZB bedeuten, dass Banken wieder mehr Liquidität suchen. Wir werden bald wieder gute Zinsangebote im Einlagengeschäft sehen“, prognostiziert Dr. Marcus Lingel, persönlich haftender Gesellschafter von Merkur. Erste Anbieter preschten bereits nach der Zinsentscheidung der EZB vom September vor und eröffneten damit den Kampf um die Spareinlagen der Kunden. So will die deutsche Tochter des niederländischen Finanzkonzerns ING im Dezember wieder Zinsen fürs Tagesgeld einführen, und zwar 0,3 Prozent. Die Zinsen für Festgeld wurden bereits von 0,3 auf 0,5 Prozent angehoben. Experten rechnen damit, dass diese Ankündigung eines großen Geldhauses Signalwirkung für die deutsche Bankenbranche haben dürfte. Mit steigenden Leitzinsen dürfte der Zins-Trend im Wettbewerb um Einlagen weiter nach oben weisen, sagt Stephan von der Deutschen Bank voraus. „Das sind positive Nachrichten für Sparer, ebenso wie für uns als Bank. Denn die positiven Zinsen bringen für die Deutsche Bank als einlagenstärkste Bank im deutschen Markt eindeutig Rückenwind.“ Nach der EZB-Leitzinsanhebung im September hatte die Deutsche Bank für Festzins-Sparen wieder positive Zinsen gezahlt. Die Konditionen sollen weiter steigen. 10 | 2022 11

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