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die bank 10 // 2020

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

MANAGEMENT PLANUNG IN

MANAGEMENT PLANUNG IN „POST-CORONA-ZEITEN“ Was OKR für Unternehmen leisten kann Herkömmliche Zielfindungsmethoden und tradierte Planungsprozesse verhindern Fortschritt und Agilität. OKR ist ein Ausweg aus diesem Dilemma. Das Tool ist gerade für die „Post-Coronazeit“ hochrelevant, um Auswege aus der Krise zu finden und ein Unternehmen fit für jede erdenkliche Zukunft zu machen. Klassische Unternehmen arbeiten mit dem Konstrukt einer Jahresplanung. In aufwendiger Feinabstimmung, von zermürbendem Schieben und Schachern begleitet, werden unternehmensweite Zielvorgaben für das kommende Geschäftsjahr erstellt und dann auf Quartale, Monate, Bereiche, Teams und Einzelpersonen verteilt. Auf solche Ratespiele, „Wetten auf die Zukunft“ genannt und von Wunschdenken geleitet, wird dann eine Punktlandung gefordert. Im Abarbeitungsmodus wird das, was zu tun ist, wie zuvor geplant „at target, on budget, in time“ erledigt, nicht weniger, aber auch nicht mehr. Das exakte Erreichen der Vorgaben wird bonifiziert, ein Scheitern geahndet. Solches Vorgehen ist in ungewissen Zeiten und einem komplexen Umfeld unhaltbar. Krisen und Disruptionen werden mehr und mehr Usus. Permanente Vorläufigkeit ist die neue Norm. Das Verfolgen von Planvorgaben und „Dienst nach Vorschrift“ sind das letzte, was in diesem Fall hilft. OKRs sind dafür wesentlich besser geeignet. In Hochgeschwindigkeitszeiten die bessere Wahl OKR steht für Objectives & Key Results. Ursprünglich wurde diese Methode von Andy Grove, dem Mitbegründer von Intel, entwickelt, der damit den Halbleiterhersteller an die Weltspitze katapultierte. Bei OKR handelt es sich um keinen strengen formalen Prozess, sondern um ein situativ einsetzbares Steuerungsinstrument. OKRs erzeugen Kollaboration über alle Abteilungsgrenzen hinweg. Sie machen es möglich, dass man sich einfach, flexibel und in kürzester Zeit auf jede erdenkliche Zukunft einstellen kann. Klassische Planungsprozesse hingegen sorgen für Starre, für Egoismen, für Zielkonflikte, für Limitierungen und für Abgrenzungsstrategien. OKRs sind sowohl für Gründer als auch für etablierte Anbieter relevant. Sie eignen sich für alle Unternehmensgrößen und in jeder Branche. Google nutzt OKRs praktisch von Anfang an. Viele weitere Player aus der Technologieszene folgten dem Beispiel rasch, um die Volatilität der Digitalökonomie in den Griff zu bekommen. So werden Objectives und Key Results festgelegt Im Gegensatz zu den von der Wirklichkeit zunehmend schnell überrollten üblichen einjährigen Zielsetzungs- und Planungsperioden werden OKRs auf einen Nahbereich von bis zu drei Monaten festgelegt. Agil und geschmeidig passt man sich den jeweiligen Umständen an. So wird eine hochdynamische Vorwärtsbewegung erzeugt. Die Objectives („Wo will ich hin?“) geben eine inspirierende Stoßrichtung vor. Dies ist wichtig, denn wer ankommen will, muss wissen, wohin die Reise gehen soll. Gerade selbstorganisierte Teams brauchen eine klare Ausrichtung, konkrete Orientierungspunkte und gemeinsame Ziele, denen sie folgen können. Dabei ist die Konzentration auf wenige ambitionierte Ziele pro OKR-Zyklus elementar. Die Key Results („Was muss ich tun, um das angepeilte Ziel zu erreichen, und wie kann ich das messen?“) sorgen für Fokus. Zudem fassen sie die anvisierten Schlüsselresultate konkret in Zahlen. Dabei sollte jedes Objective drei bis maximal fünf messbare Ergebnisse haben. Diese kommen nicht „von oben“, sondern werden gemeinsam im jeweiligen Team erarbeitet und dann dort beschlossen. Die Ziele sind also der Traum und demnach qualitativ, die Ergebnisse sind greifbar und somit quantitativ. Der überschaubare Zeitraum macht das Ganze agil. OKRs erzeugen Leistungswillen und hohen Output OKRs werden innerhalb der einzelnen Teams im Rahmen von Kurzmeetings definiert. Alles bleibt in der Eigenverantwortung der Teams. Die anvisierten Ziele dürfen keinesfalls vorgegeben werden. Ergebnisse werden auch nicht von oben kontrolliert. OKRs sind zudem nicht gehaltsrelevant und werden nicht incentiviert. Angesprochen wird also nicht die extrinsische, sondern die intrinsische Motivation. Mit OKRs können die Teams Bedeutsamkeit in ihre Arbeit bringen, Sinn erleben und Selbstwirksamkeit spüren. Für eigene Vorgaben legt man sich mit Freude ins Zeug. Wer hingegen für die Ziele anderer schuften soll, fühlt sich wie ein Lakai des Systems. Ein zentrales Element ist Transparenz. Alle OKRs und ihr Fortschritt werden bereichs- und hierarchieübergreifend auf einem digitalen oder physischen Statusboard veröffentlicht und so für alle sichtbar gemacht. Auch die regelmäßige Aktualisierung ist allen zugänglich. Das garantiert Synergien und stellt unter anderem sicher, dass die Ziele sich nicht konterkarieren. 46 10 // 2020

MANAGEMENT Noch mehr zum Thema OKR erläutert Anne M. Schüller im neuen „die bank”-Podcast: www.bv-events.de/podcast OKRs werden nicht nur für einzelne Mitarbeiter, Teams und Bereiche, sondern gemeinsam auch für die ganze Firma entwickelt. Alle Beschäftigten können dazu beitragen, zum Beispiel über folgende Frage: „Auf welche drei großen Ziele sollte sich das Unternehmen im nächsten Quartal konzentrieren?“ Aus den Antworten werden passende OKRs gebildet und priorisiert, die dann für alle gelten. Ein Gremium, das aus ausgewählten Vertretern der Mitarbeiter besteht, definiert die dazugehörigen messbaren Key Results, die herausfordernd, aber nicht unerreichbar sind. Daraus können dann OKRs für die einzelnen Teams abgeleitet werden. Gemeinsame Workshops sorgen dafür, dass jeder die Ziele der anderen kennt und mit unterstützt. Wöchentlich gibt es kurze Status- Updates. Nach jedem Zyklus, also zwischen ein und drei Monaten, erfolgt ein Status-Review, um zunächst Erfolge und Lernfelder zu sichten und auf dieser Basis dann die folgenden OKRs zu definieren. OKRs machen Unternehmen flexibel und zukunftsfit Bei 70 bis 90 Prozent Zielerreichung gelten OKRs als erfüllt. Somit ist immer Luft nach oben. Dies sorgt für Ansporn zum Übererfüllen und schafft zugleich Spielraum für kühne Projekte und unkonventionelle Ideen. Selbst innerhalb eines Zyklusses sind Überarbeitungen jederzeit möglich, um sich an neue Gegebenheiten anzupassen. Am Ende der gewählten Periode beginnt der Vorgang von vorn. Die dazugehörigen Budgets werden rollierend, also bei der jeweiligen Zielerreichung, nach vorne hin freigegeben. Man bekommt nicht – einfach so – einen Batzen Geld für ein ganzes Jahr, sondern muss sich stets beweisen, um erneut ein Budget zu erhalten. Die erreichten Ziele gehen nicht in die Mitarbeiterbewertung ein und sind nicht an Bonus-Malus-Systeme gekoppelt. Sie werden vielmehr als Lernerfolge gesehen. Neben einer kurzzyklischen iterativen Anpassung an neue Gegebenheiten und einer deutlich höheren Produktivität entsteht so auch ein starkes Gemeinschaftsgefühl. Autorin Anne M. Schüller ist Diplom-Betriebswirtin und als Keynote-Speaker, Buchautorin und Businesscoach aktiv. Sie gilt als Expertin für Touchpoint- Management und kundenfokussierte Unternehmensführung. Für ihr Lebenswerk wurde sie in die Hall of Fame der German Speakers Association aufgenommen. 1 Vgl. Anne M. Schüller, Alex T. Steffen: „Die Orbit-Organisation. In 9 Schritten zum Unternehmensmodell für die digitale Zukunft“. Gabal Verlag 2019. 10 // 2020 47

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