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die bank 10 // 2017

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

BERUF & KARRIERE wie

BERUF & KARRIERE wie dessen Entwicklung. Es gilt, die Ressource Wissen permanent den aktuellen Erfordernissen anzupassen, neue Expertisen aufzubauen und zu optimieren. Anspruchsgruppen sind insbesondere das Management der Fachbereiche und die Mitarbeiter einer Bank mit ihren verschiedenen Interessenlagen. Mit den Anspruchsgruppen sind deren Anliegen und Interessen zu diskutieren und mit den Normen und Werten des Unternehmens abzugleichen. Des Weiteren bestimmen auch Umwelteinflüsse das Wissensmanagement. So müssen Ressourcen für die Sicherstellung der Ausbildung optimal zugeordnet werden. Eine in Hinsicht auf Aktualität und Relevanz von Wissen beispielgebende Organisation ist Wikipedia. Die Online-Wissenssammlung erreicht mit wenigen Mitarbeitern eine weltweit hohe Anerkennung. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor besteht darin, dass Wikipedia ähnlichen Gestaltungsprinzipien folgt wie sie von Ostrom mit Bezug auf die Nutzung beschränkter Ressourcen bei kollektivem Handeln beschrieben werden. Damit umfasst Wikipedia mehr als die bloße Verwendung des Wiki-Systems. Vielmehr handelt es sich um eine Organisation, die es geschafft hat, eine relevante und sehr breite Wissensplattform zu managen. Deshalb ist es zielgerecht, die Gestaltungsmerkmale von Wikipedia in diesem Kontext vergleichend heranzuziehen. Design-Prinzipien von Wissensmanagement und Ausbildung Für die Gestaltung von Wissensmanagement und Ausbildung ist es bedeutsam, dass sich die Design-Prinzipien zur Lösung von Allmende-Problemen mit dem St. Galler-Konzept verknüpfen lassen. Mit Bezug auf dessen Aufbau und Konfiguration empfiehlt der integrierte Management-Ansatz zunächst, einen möglichst optimalen Soll-Status zu bestimmen. Auf seiner Grundlage sowie dem aktuellen Ist-Status werden dann Wege und Maßnahmen zur Erreichung des Soll-Status festgelegt. Dabei sind verschiedene Optionen hinsichtlich ihrer Realisierbarkeit und der damit verbundenen Risiken zu prüfen. Auf dieser Grundlage lassen sich dann Projekte oder Teilprozesse zur Erreichung des Soll-Status festlegen. Zu beachten ist hier die Rekursivität des Vorgehens; jedem Teilprozess wird ein ähnliches Konfigurationsmanagement zugrunde gelegt. Auf der Grundlage der Konfigurationsentscheidungen erfolgen im Anschluss das Transitions- sowie das Optimierungs- und Performance-Management, worauf hier allerdings nicht eingegangen werden soll. Der Soll-Zustand des Wissensmanagement-Systems einer Bank mit zahlreichen Mitarbeitern verlangt: Mechanismen der Kontrolle, Dokumentation und Überwachung, inhaltliche Mitarbeit und Entscheidungen von Sachverständigen, Wege und Mechanismen zur Konfliktlösung und einen Grad der Institutionalisierung des Wissensmanagements. Dies sind jene Herausforderungen, die auch Ostrom in ihren Arbeiten zum kollektiven Handeln betrachtet. Sie bezieht sich dabei insbesondere auf knappe natürliche Ressourcen, die Konflikte zwischen Parteien auslösen und daher reguliert werden müssen. Eine ähnliche Regulation von Konflikten ist auch beim Wissensmanagement nötig. Denn Wissen ist eine knappe, immer wieder zu validierende und vor allem eine in Gemeinschaft zu pflegende Ressource. Kollektives Handeln bei knappen Ressourcen Ostrom benennt wesentliche Design-Prinzipien von Systemen, welche die Probleme des kollektiven Handelns bei knappen natürlichen Ressourcen regulieren. Ziel ist nun zu zeigen, dass jene Prinzipien, die Wissensmanager wie Wikipedia erfolgreich umsetzen, auch in einem breiteren universelleren Kontext gedacht und angewendet werden können. So empfehlen sie sich auch als Grundlage für das Wissensmanagement in Banken, dessen Nutzer alle Bankmitarbeiter sind. In erfolgreichen Wissensmanagement- Systemen hat jeder Nutzer die Möglichkeit, auf einer Plattform Wissen beizutragen, aber auch die Beiträge anderer zu überarbeiten („reviewen“). Diese Berechtigung gründet nicht auf bürokratischen Regeln, sondern auf einer durch die Gemeinschaft der Nutzer anerkannten Kompetenz. Durch diese Möglichkeit und das gemeinschaftliche Ziel, die Gemeinschaft voran zu bringen, werden die Nutzer angeregt, zum Gemeinschaftswissen beizutragen – die Wissensbasis zu erweitern. Jedoch muss sichergestellt werden, dass dieses Wissen auch für die Gemeinschaft brauchbar ist und die Wissensbasis als Ressource nicht „verunreinigt“ wird. Es werden somit Freiheiten gegeben, aber es werden auch Grenzen gesetzt. Letztere sollen jedoch nicht starr, sondern durch Expertise und durch das Ziel der Gemeinschaft begründbar sein. Deshalb werden die zu befolgenden Regeln von den Nutzern gemeinschaftlich entwickelt. Dafür werden diese öffentlich publiziert und diskutiert. Jeder Nutzer kann an diesen öffentlichen Debatten teilnehmen. Mittels dieser Regeln werden gemeinschaftlich basierte Ent- 74 10 // 2017

BERUF & KARRIERE scheidungen getroffen, die von der Gemeinschaft getragen werden – ohne die Einhaltung strenger Hierarchien. Grenzen begrenzen, aber sie lassen Sachverhalte auch klarer erscheinen. Ein zentrales Problem ist die Balance. Es gilt, Fairness und Individualität zuzulassen, aber auch die inhaltliche Ausgewogenheit und Korrektheit zu gewährleisten. Deshalb unterliegen auch die Kontrollmechanismen selbst der gemeinschaftlichen Kontrolle. Wissen sollte relevant und korrekt sein. Deshalb wird angestrebt, das Monitoring von Wissensinhalten sowie auch die Nutzung von Informationen möglichst für alle Nutzer einsehbar und offen zu gestalten. Ein geeigneter Indikator für die Relevanz und die Korrektheit von Wissen ist die Häufigkeit seiner Nutzung und der Referenzierung auf eben jenes. Durch ausgewogene Monitoring-Mechanismen erhält jeder Nutzer der Gemeinschaft die Möglichkeit, unbürokratisch auf kritische Punkte oder Fehler aufmerksam zu machen. Dadurch werden die Nutzer motiviert, ad hoc Fehler anzumerken oder Korrekturen vorzuschlagen. Dies muss einfach sein, um Nutzer nicht durch unnötig bürokratische Prozesse abzuschrecken. Ebenfalls sollten die Aneignungs- und Bereitstellungsregeln von Informationen aufeinander abgestimmt, d. h. kongruent sein. So werden die relevanten Nutzer (basierend auf Datenanalysen) sofort auf Änderungen spezieller Informationen aufmerksam gemacht und zum zeitnahen Review angeregt. Diejenigen, die sich für bestimmte Informationen verantwortlich fühlen, können dann auf diese auch schnell und unkompliziert Einfluss nehmen. Wissen ist mit Konflikten und Auseinandersetzungen verbunden. Deshalb ist die Gestaltung von Konfliktlösungsmechanismen ein wichtiges Thema bei der Organisation von Wissens. Diese müssen effizient anwendbar und leicht verfügbar sein. Es soll vermieden werden, dass Nutzer und Autoren subjektive Einschätzungen abgeben. Diskussionen über Inhalte müssen geleitet werden und sollten, soweit möglich, anonymisiert erfolgen. Funktionierende Wissensmanagement- Systeme verfügen neben Peer-Review-Mechanismen auch über ein Mediationskomitee, welches Konflikte reguliert. Die Mediation von Konflikten erfolgt wiederum auf einer gemeinschaftlich akzeptierten Basis. Bei der Regulierung von Konflikten kommen gelegentlich auch abgestufte Sanktionen zur Anwendung. Diese können gegen einzelne Nutzer oder Nutzergruppen erhoben werden. Administratoren können z. B. bestimmte Nutzerkonten blocken. Auch ist es möglich, be- stimmte Informationen vor Veränderungen oder Kommentaren zu schützen oder Informationsinhalte auf eine Watchlist zu setzen. Dies ist insbesondere dann in Banken von Wichtigkeit, wenn Wissen von rechtlicher Relevanz oder bedeutsam für die Compliance ist. Ein wichtiges Merkmal aller erfolgreichen Systeme liegt in der Akzeptanz und Anerkennung. Um diese zu erreichen, sollten den Nutzern Mitspracherechte an der Gestaltung des Systems eingeräumt und diese systematisch gefördert werden. FAZIT Die Einbettung eines Wissensmanagement- Systems in das Unternehmensumfeld muss gekonnt erfolgen. Es unterstützt einerseits das Management, sollte aber andererseits von diesem auch aktiv promotet werden. Diese Wechselbeziehung gilt es, positiv verstärkend zu gestalten. Bei Organisationen wie Wikipedia werden diese Design-Prinzipien durch eine offene und dezentralisierte Organisationsstruktur unterstützt. Auch für Banken ist es in dieser Beziehung wichtig, durch die Unternehmenskultur eine offene und lernbereite Denkweise auf allen Ebenen anzuregen. Auf diese Weise können sie den Anforderungen einer Wissens- und Informationsgesellschaft effektiver gerecht werden. Mitarbeiter wie Kunden benötigen zugängliche und verständliche Informationen um Geschäfte abzuwickeln. Wer über diese verfügt, begünstigt Geschäftsabschlüsse und erhält langfristig seine Wettbewerbsfähigkeit. Autoren: Dr. Martin Schnauss, CFA, FRM, Berater und Dozent, Dr. Oliver Bachmann Projektleiter und Dozent. Beide sind am Institut für Wealth & Asset Management der ZHAW in Winterthur tätig. 1 Vgl. Bleicher, K., „Das Konzept Integriertes Management“ sowie Abegglen, C., Zehnder, P. & Rippberger, A.: „Das Konzept Integriertes Management in der Praxis“. 2 Vgl. Ostrom, E.: „Governing the Commons“. 3 Vgl. Viegas, F.: „The Hidden Order of Wikipedia“. 10 // 2017 75

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