DIGITALISIERUNG flüsse abgebildet. Der Bankkunde hat außerdem die Möglichkeit, seine monatlichen Ausgabebudgets je Kategorie zu planen. Erreichungsgrade der vom Kunden gesetzten Sparziele sind ebenfalls ersichtlich. Einmal in der PFM eingerichtet, werden automatisch monatliche Sparbeträge auf ein separates Sparkonto überwiesen. Schließlich werden noch die zuletzt getätigten Ausgaben des Kunden aufgelistet sowie nicht automatisch kategorisierte Umsätze angezeigt. Der Bankkunde kann diese dann manuell kategorisieren. Für unsere Studie nutzten wir anonymisierte Daten von mehr als 65.000 Kunden. Während der Feldbeobachtungsphase zwischen dem 1. September 2015 und dem 29. Februar 2016 aktivierten 15.077 Kunden die PFM. 49.996 Kunden ohne PFM dienen als Basis-Vergleichsgruppe. Die Daten beinhalten für die Aktivierenden über zwei Mio. individuelle Kontotransaktionen, bei denen Transaktionsbetrag und zugeordnete PFM-Kategorie vor und nach Aktivierung zur Verfügung stehen. Außerdem sind für sämtliche Kunden in der Stichprobe monatliche Salden aller Girokonten sowie etwaiger Sparkonten und Kundendepots bei der Deutschen Bank verfügbar. PFM ist beliebt bei jungen Männern mit eher niedrigen Spareinlagen Mithilfe einer multivarianten, robusten Probit Analyse testen wir zunächst, welche Kundentypen eine signifikant höhere Wahrscheinlichkeit besitzen, die PFM zu aktivieren. Wir können folgende Schlussfolgerungen ziehen: Jüngere, männliche Kunden (zwischen 16 und 40 Jahren) haben eine signifikant höhere Wahrscheinlichkeit, die PFM zu aktivieren. Kunden, die in ihren Stammdaten angeben, (Fach- ) Arbeiter oder arbeitslos zu sein, besitzen eine signifikant geringere Aktivierungswahrscheinlichkeit im Vergleich zu Angestellten. Regional gibt es ein Gefälle zwischen Kunden aus Südwestdeutschland (hohe Aktivierungswahrscheinlichkeit) und aus 64 10 // 2017
DIGITALISIERUNG Ostdeutschland (geringe Aktivierungswahrscheinlichkeit). Kunden mit niedrigen Depotsalden sowie niedrigen Spareinlagen aktivieren die PFM signifikant häufiger. Hier scheinen zwei Motivationen durch, die mit verwandten Ergebnissen der Finanzforschung gut vereinbar sind. Personen mit niedrigen Spar- und Depoteinlagen, die jung und männlich sind, verfügen typischerweise über weniger finanzielle Erfahrung und verund überschulden sich häufiger. 3 Ein erhoffter Nutzenzuwachs durch mehr Ausgabentransparenz und vor allem -kontrolle könnte daher eine überdurchschnittlich hohe Aktivierungswahrscheinlichkeit dieser Gruppe bedingen. Auf der anderen Seite ist empirisch belegt, dass das Finanzwissen bei Arbeitern, Facharbeitern, Arbeitslosen oder Personen aus Ostdeutschland durchschnittlich niedriger ist. 4 Jener Mangel an Finanzwissen mag den wahrgenommenen individuellen Aufwand für Einarbeitung und Nutzung der PFM als zu hoch im Vergleich zu den erwarteten eigenen Vorteilen erscheinen lassen, sodass die Aktivierungswahrscheinlichkeit für diese Gruppen sinkt. Steigende Sparvolumen und vermehrte Gehaltseingänge mit PFM Im zweiten Schritt analysieren wir die Entwicklung der monatlichen Finanzsalden zwischen Aktivierenden und einer repräsentativen Kontrollgruppe vor und nach PFM-Aktivierung mithilfe einer Cluster-robusten Difference-in-Differences-Analyse. 5 Es zeigt sich, dass das durchschnittliche Einlagevolumen nach Aktivierung der PFM in der Nutzungsgruppe um 409 € höher ist als in der Kontrollgruppe. Diese Differenz ist signifikant und entspricht einer Erhöhung des durchschnittlichen Einlagevolumens der Nutzergruppe um ca. vier Prozent. Dieser Anstieg bei den Gesamteinlagen teilt sich auf in einen Anstieg der Spareinlagen um 268 € (+ 6,9 Prozent) und eine Erhöhung der Girokontosalden um ca. 141 €. Die anschließende Analyse individueller Transaktionen der Aktivierenden vor und nach PFM-Aktivierung bestätigt die ersten Ergebnisse und findet einen signifikanten und dauerhaften Anstieg des monatlichen Transaktionsvolumens für „Sparziele“ nach Aktivierung. Diese Kategorie erfasst u. a. Transaktionen, die automatischen Überweisungen der Sparziel-Funktion der PFM entsprechen. Jene Funktion kann wie beschrieben einfach im Finanzplaner aktiviert werden, wodurch reglmäßig ein bestimmter Betrag vom Girokonto auf ein Sparkonto überwiesen wird. Wir nutzen die Analyse individueller Kundentransaktionen, um auch den Anstieg der Girokontosalden zu erklären. Es zeigt sich, dass basierend auf der Kategorisierung des PFM-Algorithmus ca. 72 Prozent der aktivierenden Kunden einen Gehaltseingang vor Aktivierung der PFM hatten. 6 Dieser Anteil steigt nach Aktivierung signifikant um ca. zwei Prozentpunkte an. Dieses Ergebnis ist umso bedeutender, da keine Neukunden betrachtet werden und der Effekt bestehen bleibt, selbst wenn Kunden unter 31 Jahren – mögliche erstmalige Gehaltsempfänger – aus dem Sample entfernt werden. Zusätzlich finden sich Indikationen, dass Kunden mit erstmaligem Gehaltseingang nach Aktivierung der PFM diese auch überdurchschnittlich intensiv nutzen. Die Studie zeigt somit, dass eine signifikante Zahl an Kunden die Beziehung zur Bank nach Aktivierung der PFM intensiviert. Gleichwohl deutet sich an, dass viele Kunden die PFM bereits nach einem Monat weniger intensiv nutzen. So werden zum Beispiel nicht kategorisierte Ausgaben mit fortschreitender Zeit seltener manuell korrigiert. Anbieter sind demzufolge gefragt, das Momentum ihrer Kunden nach Erstnutzung der PFM aufrechtzuerhalten. Dies könnte durch den Ausbau der Nutzerfreundlichkeit, die Integration des Tools und seiner Daten in weitere Anwendungen sowie zusätzliche motivierende Maßnahmen und Nudges erreicht werden. FAZIT Erstmals kann im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie gezeigt werden, dass PFM einen positiven Effekt auf das Kundenengagement haben. Sie sind vor allem bei jungen, männlichen Kunden beliebt, die zuvor über geringe Spar- und Depoteinlagen bei der Bank verfügen. Für die Gruppe der Nutzer konnte ein Anstieg des Sparvolumens und erstmalige Gehaltseingänge bei der PFM-anbietenden Bank nach der Aktivierung beobachtet werden. Zur Generierung eines nachhaltigen Wettbewerbsvorteils besteht allerdings die Notwendigkeit, weiter in die Nutzerfreundlichkeit und eine hohe Nutzungsaktivität zu investieren und die Analyseergebnisse der PFM mit den anderen Angeboten der Bank zu vernetzen. Autoren: Prof. Dr. Andreas Hackethal ist Lehrstuhlinhaber für Personal Finance an der Goethe Universität Frankfurt. Gregor Becker ist Promotionsstudent ebenda. Dr. Raimund Blache ist Leiter des Bereichs Smart Data & Omni Channel, Michael Koch ist Leiter des Bereichs Digitalfabrik/ Online- & Mobile-Banking, Tobias Niermann ist Leiter des Fachbereichs New Services & Products in der Digitalfabrik und Dr. René Michel ist Leiter der Abteilung High Performance Analytics, alle bei der Deutschen Bank. 1 Fischer und Wagner (2015). 2 Bildquelle: Deutsche Bank Demokonto. 3 Finke (2014); Calvet, Campbell, und Sodini (2009, 2007). 4 Fuchs-Schundeln und Schundeln (2005); Mincer (1991); Lusardi und Mitchell (2007). 5 Cluster-robuste Difference-in-Differences-Analyse nach Anwendung von Coarsened Exact Matching (Iacus, King und Porro (2012)) in Kombination mit Propensity Score Matching (Leuven und Sianesi (2003)) zur Generierung einer repräsentativen Kontrollgruppe. 6 Neben Gehalt werden außerdem Lohn-, Arbeitslosengeld- oder Renteneingänge als Gehaltsäqivalente berücksichtigt. Interessierte können bei der Redaktion ein Literaturverzeichnis zu diesem Beitrag anfordern. 10 // 2017 65
NR. 10 Oktober 2017 ZEITSCHRIFT FÜ
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