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die bank 09 // 2022

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

MANAGEMENT Kunden aus.

MANAGEMENT Kunden aus. Sie legen mehr Wert auf den Spaß bei der Nutzung digitaler Banking-Services. Außerdem orientieren sich diese Kunden bei der Wahl ihres Girokontos deutlich stärker an ihrem sozialen Umfeld. Diese Personen zählen sich selbst nicht zu den häufigen Wechslern, vielleicht auch, weil viele von ihnen noch recht neu im Bankgeschäft sind. So ist auch dieses Segment im Vergleich zum größten Kundensegment noch relativ klein, was sich auch im Marktanteil dieser Anbieter in Deutschland widerspiegelt. Die technologieaffinen Kunden gehören zum modernen Mainstream sowie den Zukunftsmilieus auf der Suche nach unkonventionellen Produkten. Zahlreiche FinTech-Anbieter adressieren gerade diese zukunftsorientierten Personen mit speziellen Produkten zu Transformationsthemen wie Nachhaltigkeit oder Mobilität. Ihr Selbstbild ist entweder primär unterhaltungsorientiert oder urban, digital und vernetzt. Interesse an Interaktionen mit der Bank Für das fünfte Kundensegment der Individual-Banking-Kunden steht die Servicequalität an oberster Stelle. Diese Gruppe legt besonderen Wert auf ein qualitativ hochwertiges und persönliches Banking-Erlebnis. Auch der stationäre Zugang über Filialen und persönliche Kundenberater sind für diese Personen bei der Angebotswahl entscheidend. Sie sind bei der Wahl ihres Girokontos weniger an digitalen Produktinnovationen interessiert, sondern in erster Linie an qualitativ hochwertigen Prozessen und Interaktionen mit ihrer Bank. Daher sind vor allem stark individualisierte Private-Banking-Angebote nachgefragt. Dennoch sind die Kunden dieses Segments grundsätzlich auch offen für neue Angebote von FinTechs, sofern die Servicequalität stimmt. Diese Verbraucher kommen vorwiegend aus den konservativen gehobenen Leitmilieus, die sich durch höhere Bildungsabschlüsse, Exklusivitätsdenken und gesellschaftlichen Leitanspruch charakterisieren. Das sechste Segment der Filial-Kunden zeigt eine hervorstechende starke Nachfrage nach stationären Zugangswegen zu ihrem Girokonto. Dieser Personenkreis bevorzugt klassische Banken mit einer guten Servicequalität, an höherwertigen Beratungsleistungen besteht jedoch kein ausgeprägtes Interesse. Die Verfügbarkeit von Kundenberatern ist bei der Auswahl des Girokontos daher nicht bedeutsam, da vor Ort in erster Linie Selbstbedienungs-Services nachgefragt sind. Kunden dieses Segments weisen einen geringeren Bildungsstand als diejenigen des traditionell innovativen Segments auf. Sie kommen eher aus dem traditionellen Mainstream, dessen Selbstbild sich in der gesellschaftlichen Mitte verankert, sowie aus dem modernen, aber prekären Mainstream, der um Orientierung und Teilhabe bemüht ist und den Anschluss an den Lebensstandard der Mitte halten möchte. Großteil der Kunden bevorzugt klassische Leistungsmerkmale Die Kundensegmentierung zeigte deutlich: Das Banking kann als ein Spiegel gesellschaftlicher Werte und Normen betrachtet werden, wonach sich auch die segmentspezifische Nachfrage nach traditionellen und digitalen Leistungsmerkmalen richtet. Es bleibt festzuhalten: Der repräsentierte deutsche Durchschnittskunde denkt bei der Wahl eines bevorzugten Girokontos weiterhin in traditionellen Kategorien. Der Großteil der Verbraucher legt großes Augenmerk auf klassische Leistungsmerkmale wie stationärem Zugang und persönliche Beratungsangebote. Die Ergebnisse zeigen, dass klassische Banken als Anbieter weiterhin hoch in der Gunst vieler Kunden stehen. Klassische Institute genießen insbesondere bei älteren Kunden einen hohen Stellenwert. In unserem Experiment wählten zudem Personen, die Wert auf den Faktor Vertrauen legen, häufiger eine klassische Bank als einen Fin- Tech als Anbieter. Die Begründung ist denkbar einfach: Die vertrauensbedürftigen Kundengruppen gehen davon aus, dass eine klassische Bank in ihrem Interesse handeln wird und nehmen sie verlässlicher als einen FinTech wahr. Dies betrifft hierbei insbesondere die – nach ihrer eigenen Einschätzung – erfahreneren Bankkunden. 24 09 | 2022

MANAGEMENT Zudem kristallisierten sich zwei wesentliche Kundenpositionen gegenüber datengetriebenen Produktinnovationen heraus. Sowohl die traditionell-innovativen Kunden als auch die FinTech-Kunden sind gegenüber datenbasierten Produktangeboten positiv eingestellt, während die anderen Kundensegmente weiterhin standardmäßige digitale Produkte (Apps) bevorzugen. Die Analyse verdeutlichte, dass datenbasierte Produktinnovationen zu einem wichtigen Auswahlkriterium in Kundensegmenten werden, deren Mitglieder zusammen fast die Hälfte der Stichprobe ausmachen. Die Zukunft des Bankings steuert somit auf hybride Girokonten- Angebote zu, die die Vorteile digitaler Produkte und Services mit den traditionellen Merkmalen des stationären Filialzugangs und persönlicher Beratung vereinen. Das größte Kundensegment wünscht sich von seiner Bank zugleich die modernen technologischen Eigenschaften eines FinTechs und die Vorzüge der persönlichen Erreichbarkeit einer Bank. FAZIT Die Zukunft der Finanzbranche wird weiter vom digitalen Wandel gekennzeichnet sein. Wenngleich vom absehbaren Fortbestand des Universalbankmodells auszugehen ist, können Banken, FinTechs und neue Big-Tech-Marktspieler durch Kooperationen in bestehende und neue Rollen der Wertschöpfung gehen. 4 Vor dem Hintergrund einer möglichen Neuverteilung der Wertschöpfung würde sich die Wettbewerbssituation für Universalbanken mit einem Interesse an der Sicherung ihrer Kundenschnittstelle deutlich verschärfen. Dennoch ist die technische Realisierung eines hybriden Bankings - bestehend aus den orchestrierten Angeboten von ausgewählten Partnern - auch für neuartige Anbieter aus dem FinTech-Sektor eine große Herausforderung, die über die Netzwerksteuerung digitaler Plattformen zu lösen ist. teidigen und die Bankkunden zugleich in Richtung kosteneffizienter, qualitativ hochwertiger digitaler Interaktionen zu bewegen. Die eigenen Kompetenzen und daraus abgeleitete individualisierte Produkte und Services können über die digitalisierten Kundenschnittstellen ausgespielt werden, wie datenbasierte digitale Apps, Chatbots sowie digitale Schnittstellen zum persönlichen Kundenberater. Finanzielle Kundenbedarfe müssen zukünftig durch personalisierte (= passgenaue) digitale Ansprachen geweckt bzw. am Ort und zum Zeitpunkt ihrer Entstehung bedient werden, da traditionelle kampagnenzentrierte Vertriebsstrategien infolge des zunehmend digitalen Kundenverhaltens immer häufiger fehlschlagen werden. Die digitale Transformation ermöglicht es Banken, diesen Spagat aus alter und neuer Welt zu schaffen. Banken sind insbesondere angehalten, ihre Prozesse, Produkte/Services und Kundenkanäle zu transformieren, um Kunden zukünftig eine höhere Servicequalität bei zugleich sinkenden Leistungserstellungskosten bieten zu können. Führende Banken haben dahingehend bereits einen Vorsprung gegenüber eher zögerlich agierenden Organisationen. 3 Im Rahmen ihrer digitalen Strategie transformieren die Vorreiter kontinuierlich ihre Prozessarchitektur und arbeiten intensiv an der Umsetzung von Data- Analytics-Anwendungen für die Organisation und ihre Kunden. Autoren Dr. Maurizio Singh arbeitet als Abteilungsdirektor Digitalisierung & Payment sowie Leiter der Gruppe Banking & Digitale Ökosysteme beim Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV) e. V. Dr. Maik Dehnert ist Referent Plattform und Data Business Modell der Gruppe Banking & Digitale Ökosysteme Digitalisierung & Payment bei demselben Verband. Implikationen für digitale Bankstrategien Ein rein digitales Angebot kann für klassische Banken keine echte strategische Option sein, da die Chance in Sachen Glaubwürdigkeit bei den Kunden im rein digitalen Wettbewerb bestehen zu können, gering ist. Ein Mehr an Glaubwürdigkeit entsteht durch die weiter vorhandenen persönlichen Interaktionsmöglichkeiten des Kunden mit seiner Bank. Das wichtigste Asset klassischer Banken bleibt das Vertrauen der Verbraucher in ihre bankfachliche Expertise. Nur durch die geschickte Kombination digitaler und persönlicher Interaktionen kann es aus Sicht der klassischen Banken gelingen, die Kundenschnittstelle gegenüber neuen digitalen Wettbewerbern zu ver- 1 Pousttchi, K., & Dehnert, M. (2018). Exploring the digitalization impact on consumer decision-making in retail banking. Electronic Markets, 28(3), 265-286. https://link.springer.com/article/10.1007/s12525-017-0283-0 [1] Pousttchi, K., & Dehnert, M. (2018). Exploring the digitalization impact on consumer decision-making in retail banking. Electronic Markets, 28(3), 265-286. https://link.springer.com/article/10.1007/s12525-017-0283-0. 2 Dehnert, M, & Schumann, J. (2022). Uncovering the digitalization impact on consumer decision-making for checking accounts in banking. Electronic Markets, 1-26. https://link.springer.com/article/10.1007/s12525-022- 00524-4. 3 Dehnert, M. (2020). Sustaining the current or pursuing the new: incumbent digital transformation strategies in the financial service industry. Business Research, 13(3), 1071-1113. https://link.springer.com/article/10.1007/ s40685-020-00136-8. 4 Dehnert, M., Kruse, L., Pousttchi, K. (2022). The impact of digital transformation on banking. Reference models for the platform economy. In: Dehnert, M. (Hrsg.): Studies on the Digital Transformation of Incumbent Organizations: Causes, Effects and Solutions for Banking (Dissertation, Universität Potsdam). https://publishup.uni-potsdam.de/frontdoor/index/index/docId/54832. 09 | 2022 25

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