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die bank 09 // 2018

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

DIGITALISIERUNG DIGITALE

DIGITALISIERUNG DIGITALE BANKING-SERVICES ERFOLGREICH VERMITTELN Kommunikation ist Gold Kreditinstitute verfügen heute über eine Vielzahl digitaler Lösungen für das Banking. Ein entscheidender Erfolgsfaktor wird jedoch sein, dass sie es schaffen, eigene Plattformen zu entwickeln, mit deren Hilfe sie ihre Services anbieten und gezielt vermarkten können. Nur wer es schafft, Kunden an eigene Lösungslandschaften zu binden und darüber Mehrwertfunktionen bereitstellt, wird sich im Bewusstsein der Kunden verankern und für deren Lebensalltag langfristig Relevanz besitzen. Das Thema ist bekannt und treibt Banken und Sparkassen dennoch um wie wenige zuvor. Sie wissen: Um die eigenen Kunden zu halten und neue Zielgruppen anzusprechen, müssen sie sich strecken. Denn ob Online-Banken, FinTechs oder auch Global Player wie Google oder Amazon – das Konkurrenzumfeld für etablierte Finanzinstitute in Deutschland wächst. Studien belegen, dass in Deutschland die Bindung der Kunden an ihre Hausbanken nach wie vor stark ist. Doch dasselbe können auch die bekannten Tech-Giganten aus den USA behaupten: Per Smartphone oder Tablet, Apps und in sozialen Netzwerken sind sie tief im Leben der Nutzer verwurzelt. Dazu kommt, dass Anbieter wie Amazon es in den letzten Jahren geschafft haben, digitale Plattformen zu etablieren, auf denen sie ihren Kunden unterschiedlichste Dienstleistungen verkaufen. Eine Strategie, die sich die Finanzinstitute zum Vorbild nehmen können. Indem sie digitale Services nicht nur entwickeln, sondern diese langfristig auch auf eigenen Plattformen anbieten, können sie die Bindung sowohl zu bestehenden als auch zu neuen Kundengruppen stärken. Fest steht schon heute, dass in absehbarer Zeit ein großer Teil der Kunden überwiegend über Plattformen und andere digitale Kanäle mit seiner Bank in Kontakt treten wird. Keine Angst vor den Newcomern: Die Chancen überwiegen Zweifelsohne sind Bankkunden durch das Internet viel selbstbestimmter geworden. Die Abwicklung alltäglicher Banking-Geschäfte findet heute ganz selbstverständlich zunehmend digital statt. Stellen sie es richtig an, ist diese Digitalisierung und „Mobilisierung“ der Finanzdienstleistungen für die etablierten Kreditinstitute mit vielen Chancen verbunden. Sie haben bei der Entwicklung der Services eine Reihe von Trümpfen in den Händen, die sie ausspielen können. Dazu gehören ein hohes Vertrauen sowie oft weit zurückreichende Daten über die finanziellen Bedürfnisse jedes einzelnen Kunden. Die langjährigen Kundenbeziehungen machen es möglich. Aufgrund digitaler Datenströme sind die Institute heute so gut wie nie zuvor in der Lage, eine klarere Vorstellung davon zu haben, was der Kunde gerade will oder wonach er sucht. Anlässe wie der erste Mietvertrag oder die Anschaffung eines neuen Autos können heute auf Basis von Nutzerdaten im Internet erkannt werden. Die Finanzinstitute können solche Anlässe dann nutzen, um Kunden ganz gezielt mit passenden, anlassbezogenen Services anzusprechen. Unterzeichnet also ein Kunde seinen ersten Mietvertrag, kann die Bank mit einem Kreditangebot für den Möbelkauf auf ihn zugehen. Innovationen, die auf künstlicher Intelligenz basieren, werden den Finanzinstituten in Zukunft dabei helfen, in der Kundenansprache noch akkurater zu werden und die richtigen Angebote zur richtigen Zeit auszuspielen. Kognitive Technologien, wie etwa Deep Learning, werden kontinuierlich weiterentwickelt und können die klassischen Bots ersetzen. Intelligente Chatbots können dann ihren Wissensspeicher durch Anfragen, Dialoge und Gesprächstrainings erweitern und lernen durch diesen Optimierungsprozess pausenlos dazu. Im Gegensatz zu klassischen Lösungen, die auf lokalen Speichern basieren, wird das Wissen der intelligenten Chatbots aufgrund von Cloudspeicherungen unbegrenzt sein. Sie werden in der Lage sein, auch komplexe Kundenanfragen individuell zu beantworten. Die Datenanalyse und die darauf aufbauende Generierung von Services ist für Banken und Sparkassen daher eines der relevantesten Forschungsfelder. Kooperationen bieten Mehrwert für beide Seiten In der Praxis gehen viele Institute längst dazu über, eigene Angebote mit den Diensten von Finanz-Start-ups zu ergänzen. Die Kooperationen lohnen sich für beide Seiten: Banken können ihren Kunden zusätzliche Dienste anbieten, FinTechs erhalten Zugang zu einer größeren Kundenbasis. Nach einer Untersuchung der Beratungsgesellschaft Capgemini sehen mittlerweile drei Viertel der FinTechs ihr primäres Geschäftsziel in der Zusammenarbeit mit traditionellen Finanzfirmen. FinTechs wollen nicht mehr in Konkurrenz zu den Banken stehen, sondern sie als Kunden gewinnen. Die Finanzinstitute wiederum öffnen sich mit Programmierschnittstellen der Innovationskraft von FinTechs. Im Rahmen von Kooperationsprojekten ist eine Vielzahl von Partnerunternehmen damit beschäftigt, innovative Anwendungen in den Bereichen Privat- und Firmenkunden zu entwickeln, die die Institute wiederum nach eigenem Bedarf für sich nutzen können. Erfolgsbeispiele gibt es in allen Banking-Bereichen. So wurde beispielsweise die Fotoüberweisung durch das FinTech Gini zur Marktreife gebracht. Mittlerweile ist sie in den Apps vieler Banken und Sparkassen integriert. 66 09 // 2018

DIGITALISIERUNG Vermarktung neuer Services in den Fokus rücken Fast alle Banken und Sparkassen treiben entsprechende digitale Projekte voran. Bei der Kommunikation und Vermarktung digitaler Services tun sich jedoch oft noch Lücken auf. Hier können die Finanzinstitute ansetzen, denn auch die innovativsten Apps bringen nichts, wenn die Kunden sie nicht kennen und nutzen. Bei der Kommunikation der digitalen Services nach außen sind die etablierten Finanzinstitute durch ihre Marktpräsenz und Bekanntheit eigentlich in einer starken Position. Doch auch hier ist ein Umdenken Voraussetzung, um die Kanäle, über die die Sparkassen und Banken ihre Kunden erreichen, optimal zu bespielen. Apps, die zum Beispiel mit Papier-Mailings beworben werden, sind eine vertane Chance. Stattdessen sollte auf die Ausgestaltung und Umsetzung zielgerichteter Onlineund Direkt-Marketing-Kampagnen gesetzt werden. Ein Beispiel ist die bei den Sparkassen im vergangenen Jahr lancierte Instant-Payment-Funktion „Kwitt“. Die neue Lösung ist in die Sparkassen-App integriert und wurde im Rahmen einer stark zielgruppengerichteten Kampagne konsequent auf den digitalen Kanälen beworben. Die Anzahl der Downloads in den App-Stores sowie die Transaktionen in der App geben schnell Aufschluss über den Erfolg einzelner Werbemaßnahmen. Nicht zu vernachlässigen sind zudem Marketingeffekte, die sich durch Bankanwendungen auf den Smartphones der Nutzer ergeben. So erzielen einige Apps zwar unmittelbar keine Erlöse, bringen die Bank aber durch die Präsenz auf dem mobilen Endgerät beinahe stündlich ins Bewusstsein der Kunden. Die Banken profitieren alleine, indem ihr Logo auf dem Display zu sehen ist. Die weitere Kundenansprache kann über die App erfolgen. Interne Kommunikation ist Schlüsselfaktor jeder Digitalisierungsstrategie Trotz der Digitalisierung nehmen aber auch Bankfilialen in der Kundenberatung nach wie vor eine Schlüsselrolle ein. Einige Häuser richten in ihren Filialen digitale Plätze ein, in denen Kunden technische Innovationen, auch abseits des Bankings, erleben können. Hier können beispielsweise Apps, Chatbots oder Virtual- Reality-Brillen getestet werden. Das Konzept soll die digitale Transformation jedoch nicht nur den Kunden, sondern genauso den eigenen Kundenberatern näherbringen. So schaffen einige Institute für ihre Mitarbeiter Bereiche, in denen sie Workshops abhalten oder Schulungen zur digitalen Fitness besuchen können. Filialleiter, die ihre Berater mit Smartphones und Tablets ausstatten, haben die Möglichkeit, die Interaktionen auf den digitalen Kanälen zu forcieren und die Mitarbeiter so zu motivieren, Geräte und Anwendungen aktiv zu nutzen. Die Kundenberater sollen sich möglichst praxisnah damit auseinandersetzen, wie sich im Zuge der Digitalisierung ihre Aufgaben verändern. Neue Techniken, wie Mobile Payment, Mobile Cash und viele weitere digitale Bankprodukte prägen und verändern den Arbeitsalltag der Bankangestellten. Die Schulung der Mitarbeiter ist ein entsprechend wichtiger Bestandteil der gesamten Digitalisierungsstrategie. Sie sollte darauf abzielen, die Mitarbeiter zu animieren, neue Technologien auszuprobieren. Nur so sind sie in der Lage, die digitalen Angebote in der Praxis kennenzulernen, zu verstehen, selbst anzuwenden und diese wiederum in der Beratung an die richtigen Kunden weiterzuempfehlen. Im Idealfall werden sie für die Kunden zu Lotsen durch die digitale Finanzwelt. Autor Dr. Christian Kastner ist Geschäftsführer der Star Finanz und verantwortet die Bereiche Markt und Finanzen. Zuvor war er als Leiter des Bereichs Beteiligungsmanagement der Finanz Informatik und Geschäftsführer der SFirm tätig. FAZIT Eine Plattformstrategie wird Sparkassen und Banken dabei unterstützen, nutzerzentrierte Anwendungen zu entwickeln und zielgenau zu vermarkten. Eine moderne und modular aufgebaute Plattform hat den Vorteil, dass sie es ermöglicht, Lösungen schneller zur Marktreife zu führen. Schaffen es die Sparkassen und Banken, innovative Services zu entwickeln und diese auf Basis personenbezogener Daten zu vermarkten, haben sie die Chance, mit den Kunden auf individuelle Art und Weise in Kontakt zu treten. Das ist der Schlüssel, um Bestandskunden zu halten, langfristig neue Kundengruppen an das Institut zu binden und so auch in Zukunft neue Erlösmöglichkeiten für sich zu erschließen. Zu den aktuellen digitalen Trends, für die sich vor allem jüngere Zielgruppen offen zeigen, gehören beispielsweise P2P-Payments oder Echtzeitüberweisungen. Darüber hinaus werden Sprache und Sprachsteuerung eine exponierte Stellung im Banking einnehmen. Die Möglichkeit, per Sprachbefehl Überweisungen zu tätigen oder Kontostände abzufragen, wird in nicht allzu ferner Zukunft genauso üblich sein, wie gegenwärtig das klassische Online Banking. Entscheidend ist, dass die Mehrwerte für die Nutzer klar ersichtlich werden; alleine die Bedürfnisse und Ziele der Anwender sind ausschlaggebend. 09 // 2018 67

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