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die bank 09 // 2018

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

MANAGEMENT Die Bank

MANAGEMENT Die Bank agiert beim Eingehen von Kooperationen ähnlich wie Frühphasen-Wagniskapitalgeber, die wissen, dass nur ein bis zwei von zehn ihrer Investments 80 Prozent der Rendite liefern müssen. Das Haus blickt auf eine bessere Quote, wenngleich aber auch intensive Gespräche mit rund 200 Interessenten sowie über 50 vertiefte Integrationsverhandlungen mit Workshops, Testanbindungen oder Vertragsdiskussionen geführt werden mussten, um letztlich mit einer Handvoll Kooperationen am Markt zu sein. Innovationen dürfen nicht überfordern Innovationen werden „markt- und bankrelativ“ bewertet. Marktrelativ bedeutet: Es wird analysiert, ob in dem Angebot ein alleinstellender Wettbewerbsvorteil steckt, ob es sich um eine Kopie handelt oder inwieweit sich ein Weg zwischen den Kriterien „total neu“ und „nur optimiert“ ergibt. Dabei muss der Wettbewerbsvorteil nicht unbedingt direkt aus der Innovation entstehen. Machen das Team oder die Investoren glaubhaft, dass sie sich gegen die bereits am Markt agierenden Konkurrenten durchsetzen können, etwa weil sie über eine hinreichend üppige Kapitalkraft oder viele bestehende Kunden verfügen, würde die Bank auch ohne eine Alleinstellung in die Gespräche einsteigen. „Bankrelativ“ bedeutet, dass analysiert wird, wie sich eine Innovation im Kontext des Hauses darstellt. Wichtig dabei ist, dass die Innovationshöhe das Institut nicht organisatorisch, technisch oder bilanziell überfordert. Auch bei der grundsätzlichen Bereitschaft, größere Innovationsschritte zu gehen, sollte immer nur ein Schritt nach dem anderen getan werden – und nicht mehrere Schritte gleichzeitig in verschiedene Richtungen mit der Gefahr, sich zu verstolpern. Aufsichtsrechtliches Neuland Die Analyse und die Bewertung des aufsichtsrechtlichen Kontexts sowie die nachfolgende Einbettung des Angebots in den regulatorischen Rahmen gehören immer zu den komplexesten, aufwendigsten und risikoreichsten Komponenten eines Kooperationsprojekts. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat erklärt, sie könne nicht vorauseilend regulieren und nur „nach-innovativ“ tätig werden. Eine Bank mit tatsächlich innovativen Vorhaben bewegt sich schnell auf aufsichtsrechtlich noch nicht kartiertem Gebiet. Deshalb muss kalkuliert werden, wie die Aufsicht ein Geschäftsmodell sehen und wie sie es vielleicht Jahre später regulieren könnte. Was vor fünf Jahren für fast alle FinTech-Geschäftsmodelle von unregulierten Unternehmen galt, betrifft heute beispielsweise Geschäftsmodelle rund um Kryptowährungen und Blockchain-Technologien. Das Eingehen von kalkulierten aufsichtsrechtlichen – und damit einhergehend zivilrechtlichen – Risiken gehört deshalb untrennbar zu einer innovationsbasierten Geschäftsentwicklung. Klein anfangen, dann skalieren Die organisatorisch-technische Herausforderung liegt darin, einen Partner anzuschließen, ohne bereits zu Beginn einer noch erfolgsunsicheren Kooperation mit viel Aufwand Prozesse zu gestalten und in Technik zu investieren. Dabei arbeitet die Sutor Bank mit Minimum Viable Products (MVPs). Prozesse und Technik werden nicht gleich End-to-End digital durchautomatisiert, sondern können auch manuelle Elemente enthalten. Erst wenn das Geschäftsmodell des Partners bereit zur Skalierung ist, werden die Prozesse vollständig automatisiert und das nötige Personal allokiert. Generell liegt der Fokus dabei auf Partnern mit hochskalierbaren Geschäftsmodellen, für die gemeinsam individuelle Lösungen entwickelt werden. Andere Banken setzen eher auf Standardprozesse, auf die möglichst viele Partner mit einem ähnlichen Geschäftsmodell gesetzt werden, um diesen Prozess dann zu skalieren. 20 09 // 2018

MANAGEMENT ebenso, was an welcher Stelle angestoßen werden muss, damit nicht funktionierende, aber zukunftswichtige Dinge ans Laufen kommen. Die Partner-Strategie soll in Zukunft weiterverfolgt und die Banking-Plattform ausgebaut werden. Der Trend zum Kontext-Banking, also die Einbettung von Finanzdienstleistungen in die Lebenszusammenhänge und Geschäftsprozesse, wird sich verstärken. Deshalb werden künftig neben Start-ups immer mehr etablierte Unternehmen, die ihre Wertschöpfung durch Finanzprodukte erweitern wollen, dafür auf eine offene Banking-Plattform angewiesen sein. Die dynamische Entwicklung des Plattform-Geschäfts sollte also mit einem ähnlichen Wachstum wie bisher weitergehen. Nach dem Grundsatz der kontinuierlichen Evolution wird nun damit begonnen, Geschäftsmodelle, die mit Kryptowährungen umgehen bzw. auf der Blockchain-Technologie basieren, zu unterstützen. Fiat- Konten als Schnittstellen zu Kryptowährungen sind bereits aktiv. Welche weiteren Schritte in Richtung Blockchain-Welt vor dem Hintergrund der volatilen Krypto-Märkte und einer unvorhersehbaren Regulierung mit welchen Partnern gangbar sind, wird zurzeit analysiert. Hier ähnelt die Situation jener von vor fünf Jahren, als die Zusammenarbeit mit unregulierten Partnern startete. FAZIT Entwicklung an der Front statt im Innovation-Lab Innovationen und die darauf basierenden Strategien sind nichts, was in isolierten Innovation-Labs oder Strategie-Abteilungen entwickelt werden sollte. Marktwirksame Innovationen entstehen aus dem operativen Geschäft und dem Überblick über technisch neue Möglichkeiten. Daraus erwachsen Strategien, die weniger auf Hypothesen basieren, die erst noch am Markt überprüft werden müssen, sondern direkt im Markt verwurzelt sind. Für die Umsetzung der FinTech- und Plattform-Strategie wurde bei der Sutor Bank lediglich eine Business Development Unit gegründet, die als universelle Schnittstelle zu den digitalen Partnern fungiert. Diese Einheit übernimmt das Onboarding neuer Partner, baut das Ökosystem aus und entwickelt das Geschäftsfeld strategisch weiter. Dabei weiß diese Unit, anders als ein isoliertes Innovations-Lab oder auch externe Berater, sehr genau, was im Hause funktioniert und was nicht – und Auch wenn es keine Standard-Strategie gibt, um mit dem Umbruch in der Finanzindustrie und den zusammenhängenden Trends Plattform- und Kontext-Banking, Blockchain, Kryptowährungen sowie Künstliche Intelligenz umzugehen – in der hauseigenen Entwicklung lassen sich doch wesentliche Elemente identifizieren, um als Bank erfolgreich zu werden und zu bleiben: die Zusammenarbeit mit Partnern auf der Basis einer offenen Banking-Plattform, die Verankerung von Innovations- und Strategie-Entwicklung im Operativen, ein kontinuierliches und evolutionäres Innovations- und Strategie-Management, ein tiefes Verständnis der branchenformenden Trends, Mut zum Scheitern, regulative Risikobereitschaft sowie die Integration von Geschäfts- und IT-Entwicklung. Autor Robert Freitag ist geschäftsführender Gesellschafter der Sutor Bank, Hamburg. 09 // 2018 21

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