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die bank 09 // 2016

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

ó BERUF & KARRIERE

ó BERUF & KARRIERE ANDREAS MAURER Der Bodenständige ¾¾ AT THE TOP Der 54-jährige Dr. Andreas Maurer ist seit 2003 Mitglied im Vorstand der Südwestbank Stuttgart und verantwortet dort u. a. die Unternehmenssteuerung, das Beteiligungsmanagement sowie die Unternehmensentwicklung. Nach seiner Ausbildung zum Bankkaufmann sowie zum Sparkassen- Betriebswirt studierte Maurer BWL an der Universität Mannheim und an der Eberhard- Karls-Universität in Tübingen, wo er auch promoviert hat. Zu seinen beruflichen Stationen zählt neben der Frankfurter GZ-Bank (heute DZ Bank AG) auch das Haus Merck Finck & Co Privatbankiers in München und in Frankfurt. Andreas Maurer ist offensichtlich ein bodenständiger Banker der alten Schule. Diese Erkenntnis reift nicht nur dann, wenn er über seine Familie spricht, sondern auch, wenn es um seine derzeitige Wahlheimat Stuttgart geht. „Wir – meine Familie und ich – fühlen uns dort sehr wohl“, sagt er. Auch unter Finanzmarkt-Aspekten habe sich in Stuttgart in den vergangenen Jahren viel getan, lobt er. Maurer will allerdings seine besondere Zuneigung zur künftigen europäischen Finanzhauptstadt Frankfurt nicht verleugnen. Schließlich hat er auch hier lange gewirkt, unter anderem für die GZ-Bank (die heutige DZ Bank AG). Und so haben wir für diesen Julitag ein Treffen bei seinem Lieblings-Italiener im Frankfurter Westend verabredet. Natürlich habe auch München seine Reize, sagt Maurer mit Hinweis auf jene Zeit, die er in der bayerischen Landeshauptstadt in führender Position beim Bankhaus Merck Finck & Co. verbracht hat. Maurers Verbundenheit, Beständigkeit und Treue sind auch daran zu erkennen, dass er das langjährigste Mitglied im dreiköpfigen Vorstand der Südwestbank AG ist. Der Aufsichtsrat der Bank hat ihn kürzlich vorzeitig – und zwar bereits lange vor Auslaufen seines Vertrags – erneut als Vorstandsmitglied des Stuttgarter Instituts bestätigt. Der 54-Jährige ist seit 2003 Mitglied des Vorstands der Bank und begleitete bereits die Privatisierung des Unternehmens im Jahr 2004. Er verantwortet heute die Bereiche Kreditcenter, Revision, Unternehmenssteuerung, Beteiligungsmanagement, zentrale Dienstleistungen und Unternehmensentwicklung. Nach seiner Ausbildung zum Bankkaufmann und Sparkassen-Betriebswirt studierte Maurer BWL an der Uni Mannheim und der Eberhard-Karls-Universität in Tübingen, wo er auch promoviert hat. In unserem Gespräch geht es um die unruhig, explosiv und zerrissen erscheinende Welt im allgemeinen, um die internationale Bankenlandschaft, die sich erst auf das spannende Umfeld von Null- oder Negativzinsen einstellen muss, und natürlich um seine eigene Person. Die Tour d’Horizon durch unterschiedliche Bereiche der Finanz- und Bankenwelt bringt zahlreiche wichtige Erkenntnisse. Auch aufgrund der lockeren und überzeugenden Art des Bankers kommt es letztlich zu einem ausgesprochen angenehmen Gedankenaustausch. Andreas Maurer ist ein guter und geduldiger Zuhörer, seine Antworten sind klar und präzise. Bei all den teils sehr leidenschaftlich und engagiert vorgetragenen politischen und ökonomischen Argumenten hebt er während des Gesprächs immer wieder die Bedeutung der Kunden und Mitarbeiter hervor, und es wird rasch klar, dass Maurer ein verantwortungsvoller „Familienmensch“ ist. Seine Frau und seine beiden Töchter sind sein Anker und bieten ihm die Ruhe, die er als Gegenpol zu dem herausfordernden Job braucht. „Die Familie erdet mich immer wieder, sollte wirklich einmal die Gefahr des Abhebens bestehen“, sagt er. Die Südwestbank wurde im Jahr 1922 als Württembergische Landwirtschaftsbank GmbH gegründet. Im Jahr 1964 folgte im Rahmen der Etabilierung eines erweiterten Geschäftsmodells zur Universalbank die Umbenennung in Südwestbank, die seit 1970 als Aktiengesellschaft agiert. Im Jahr 2004 stieg die in Familienbesitz befindliche deutsche Santo Holding als Anteilseigner ein. Nur ein Jahr später 78 diebank 09.2016

BERUF & KARRIERE ó wechselte das Institut in den privaten Bankenverband. Das Eigenkapital wurde im Jahr 2013 auf 727 Mio. € verdoppelt. Dies ermöglichte in den Jahren 2014 und 2015 das starke Kreditwachstum um rund 1,3 Mrd. €. Auch in den ersten sechs Monaten 2016 blieb das Institut auf Erfolgskurs. Nach dem Motto „alles im Plan“ erhöhte die Bank in einem herausfordernden wirtschaftlichen Umfeld nochmals den Zinsüberschuss. Das Volumen der Vermögensverwaltung wuchs trotz Brexit und volatiler Börsen. Das Geschäftsvolumen und die Bilanzsumme haben ihr Niveau gehalten. Banken würden derzeit aus vielerlei Sicht vor großen Herausforderungen stehen, und der Banker beklagt vor allem den Regulierungswahn. Die an 28 Standorten vertretene Südwestbank hat rund 650 Mitarbeiter, wovon allein 50 im Bereich Kontrolle, Regulierung und Compliance tätig sind. „Das ist prozentual zu viel“, urteilt der Finanz-Experte. Neben dem Thema Regulierung und dem Problem der Niedrigzinsen bewegen die ständig steigenden Eigenkapitalanforderungen Maurer derzeit besonders stark. „Die Banken könnten viel stärker wachsen“, weist er auf diese das Geschäft begrenzenden Faktoren hin. Aber Maurer ist gleichwohl offen für die allgemeine Kritik am Verhalten der Banken, vor allem in der Zeit vor der Finanzkrise. Daher müssten wohl auch die Banker Verständnis dafür aufbringen, dass sie von den Aufsichtsbehörden stärker an die Kandare genommen werden. Trotz allem sieht er insbesondere Risiken mit Blick auf das Thema Fristentransformation, also die kurzfristige Beschaffung und das langfristige Ausleihen von Geld. Diese klassische Aufgabe sei den Banken nahezu genommen worden und berge eine enorme Gefahr, da sich die in der Vergangenheit bewährten Finanzierungen mit langfristigen Zinszusagen im gewerblichen und privaten Bereich zukünftig nicht mehr so anbieten lassen. Im globalökonomischen Problem der hohen Staatsverschuldung und des dadurch bewirkten „geborgten Wohlstands“ sieht Maurer eine große Bedrohung, die durch eine deflationäre Entwicklung entstehen könnte. „Wenn die Leute warten, dass morgen alles noch billiger sein wird, stellt das eine Gefahr dar, der sich die Notenbanken möglicherweise noch nicht vollständig bewusst sind“, warnt der Bankvorstand. In diesem Kontext wird auch das die Öffentlichkeit derzeit sehr stark bewegende Thema „Abschaffung des Bargelds“ diskutiert. „Ja, vieles spricht dafür, dass die Menschen immer stärker kontrolliert werden sollen“, gibt auch Maurer zu bedenken und verweist in diesem Zusammenhang auch auf das in Teilen der Bevölkerung fehlende Wissen um ökonomische und finanzielle Zusammenhänge. Angesichts des derzeit tagtäglich an Schreckensmeldungen abzulesenden „Wahnsinns in der Welt“ müsse die Frage nach dem Warum – also nach dem Auslöser terroristischer Ereignisse – gestellt werden. „Ich glaube, dass viele Menschen für sich selbst eine gewisse Chancen- und Hoffnungslosigkeit erkennen“, sagt Maurer und weist auf die enormen globalen Wohlstands-Unterschiede und den Machthunger verschiedener Gruppen hin. „Sie sehen mich ungeachtet dessen aber heute hier als einen grundweg positiv gestimmten Menschen, denn ähnliche Entwicklungsphasen hat es in der Geschichte der Welt immer wieder gegeben.“ Man solle nicht vergessen, dass Europa die längste Periode – nämlich rund 70 Jahre – ohne Krieg erlebe. Die europäische Idee, die Maurer für etwas Grandioses hält, dürfe nicht aufgegeben werden. Der Brexit werde keine Schule machen, und er ist überzeugt von einer guten Zukunft Europas. „Wir müssen die bestehenden Chancen nutzen und dürfen uns nicht zu Tode fürchten“, fordert Maurer zu mehr Optimismus auf. So spricht er über das normale Leben ebenso kenntnisreich wie über die Fachthemen. Die von der Südwestbank unterstützte ökologische Ausrichtung ist ein weiteres Gesprächsthema, und Maurer redet mit strahlenden Augen über Artenschutz und Biodiversität, über Bienen und Honig. Denn fl Während des Gesprächs hebt er immer wieder die Bedeutung der Kunden und Mitarbeiter hervor. die Bank mit ihrer besonderen Affinität zur Landwirtschaft hat sich dem Umweltschutz und einer ökonomisch nachhaltigen Geschäftspolitik verschrieben. Die Stuttgarter sind seit 2013 als „Bienenzüchter“ von sechs Bienenvölkern aktiv. „Wir haben die Natur wieder in die Stadt geholt“, sagt Maurer stolz. In diesem Jahr summen die kleinen Honigproduzenten bereits zum vierten Mal im Stuttgarter Westen auf den Terrassen der Bank. Als die Imkerin vor vier Jahren mit dieser Idee auf ihn zugekommen sei, habe der Vorstand nach kurzem Nachdenken klar „ja“ gesagt. In seiner knappen Freizeit ist Maurer (zum Teil ehrenamtlich) auch in Sachen Kultur unterwegs, beispielsweise als Vorstandsmitglied des trinationalen Vereins „Museums-Pass-Musées“. Seine Leidenschaft gilt dem Tennissport, den er vor allem auch mit der Familie betreibt. Er gibt unumwunden zu, kein großer Fußball-Fan zu sein, obwohl er mit Freude jene Begeisterung wahrnehme, die das positiv besetzte Thema Fußball in der Öffentlichkeit entfacht. „Meine Tochter hat nach dem Ausscheiden der deutschen Mannschaft bei der EM bittere Tränen vergossen“, nennt er ein Beispiel für die „Emotion Fußball“. Anknüpfungspunkte zum Fußball gibt es aber auch dadurch, dass sich die Südwestbank AG u. a. beim VfB Stuttgart als Sponsor engagiere: „Wir hoffen selbstverständlich auf den sofortigen Wiederaufstieg.“ ó Jonas Dowen 09.2016 diebank 79

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