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die bank 08 // 2022

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

DIGITALISIERUNG her

DIGITALISIERUNG her moderiert, ist somit für digitale Teams zentral. Und nochmal zur Orientierung im metaphorisch herangezogenen Wald: Ein überragendes, digitales Leuchtturmprojekt wird in der Regel Zugkraft für weitere Initiativen entfalten und Richtungsentscheidungen erleichtern. Pragmatische Integration externen Know-hows Die digitale Transformation vollzieht sich natürlich nicht auf dem Papier. Auch wenn ein gemeinsames konzeptionelles Verständnis erreicht wird und das Mindset stimmt, vereiteln ein zu hohes Abstraktionsniveau und eine technokratische Herangehensweise oft eine pragmatische Realisierung. Dies gilt z. B. auch für Next-Product-to-Buy- oder sogenannte Propensity-Tools, etwa in Form eines Satzes wie: „Kunden wie Sie kauften auch…“ Übertragen auf das Bankgeschäft, kann dies in intelligente Cross-Selling-Algorithmen, Lead- Generation- oder Early-Warning-Tools münden. Doch selbst der beste Code und die intelligente Verknüpfung von Daten sind nicht ausreichend, denn es gibt allzu viele Fallstricke bei der nachhaltigen Umsetzung, z. B. offener Antagonismus der Belegschaft aus Angst vor der eigenen Kannibalisierung. Wohlüberlegte Schulungen und Changeagents, die prominent etwa die Implementierung neuer Hardware oder Software vorantreiben, können helfen. Doch zuweilen muss auch ehrlich die Frage beantwortet werden, weshalb manche digitale Innovation außerhalb von Finanzinstituten stattfindet, und welche digitalen Initiativen den parallelen Aufbau von kleineren, adaptiven Einheiten rechtfertigen. Im Kern geht es also um den Mut zur langfristigen Perspektive für eine digitale Professionalisierung, oft durch Einbringung externer Einflüsse und Expertise. Es ist erforderlich, dass Mitarbeitende und Führungskräfte digitalen Wandel verinnerlichen können, ihre Weiterentwicklung und Vernetzung adäquat gefördert wird und auf die notwendige externe Kompetenz zugegriffen werden kann. Hier sollte auch die Ausbildung eines adäquaten Risikobewusstseins nicht fehlen. Hierbei handelt es sich um ein äußerst komplexes Themenfeld – vom Umgang mit Daten innerhalb von Prozessketten, der Anfälligkeit für Cyber-Attacken und Parametern für Kreditentscheidungen bis hin zu Reputationsrisiken von Chatbots, die auf Künstlicher Intelligenz (KI) basieren. Die Realisierung eines digitalen Plans betrifft hierbei das gesamte digitale Ökosystem einer Organisation, z. B. Banking-as-a-Service-Lösungen, Kooperationen oder Akquisitionen. Vor allem bei Unternehmensfusionen und Firmenübernahmen geht es darum, schnell zu beurteilen, welche Teile eines Unternehmens „mit“ im Gegensatz zu „wegen“ ihrer Technologie erworben werden. Erstgenannte „mit“-Attribute sind kaum attraktiv, aber oft notwendig für operative Abläufe des Targets. Man denke nur an Compliance-Meldungen, die einheitlich und adäquat im Zielbild laufen sollen. Die „wegen“-Aspekte sind hingegen exakt der Grund für die Akquisition und sollen die oft unterstellten Synergieeffekte liefern. Der Gegensatz zwischen „mit“ und „wegen“, etwa bezüglich Software, Hardware oder Infrastruktur, erfordert eine wichtige Differenzierung im Vorfeld, insbesondere in Bezug auf die Frage, welche Technologien übernommen werden sollen. Ist diese Differenzierung nicht geleistet, kommt es wahrscheinlich zu Ineffizienzen und Störungen bei der Post-Merger-Integration, also der Integrationsphase. Unterschiedliche Persönlichkeitstypen erkennen Gerade die bereichs- und unternehmensübergreifende Teamarbeit, und hierbei vor allem die menschliche Beziehungsebene, verdient als weiterer wesentlicher Aspekt in digitalen Transformationen besondere Beachtung. Ohne Transparenz zu unterschiedlichen oder geteilten Zielen kann kaum gegenseitiges Vertrauen und somit die bestmögliche Schlagkraft von Teams entstehen. Verlässlichkeit und Glaubwürdigkeit sind hier wichtige Ingredienzen, genauso wie ein kompetenter Umgang mit unterschiedlichen Persönlichkeitstypen, die sich teilweise nur im virtuellen Raum begegnen. Das Konfliktpotenzial, bedingt durch Mitarbeiter in verschiedenen Funktionen – zu nennen sind hier exemplarisch der extravertierte Kundenbetreu- 64 08 | 2022

DIGITALISIERUNG er auf der einen Seite und der eher zurückhaltende Programmierer auf der anderen Seite – bedarf keiner weiteren Erläuterung. Der Kulturwandel zu verstärkter übergreifender Zusammenarbeit ist hierbei essenziell, denn einen Verlust von wichtigen Mitarbeitenden aufgrund von Friktion und Frustration an Schnittstellen kann sich keine Organisation im Transformationsprozess leisten. Ohnehin dürfte das Thema „Talente finden, ausbilden, halten oder verlieren“, insbesondere im ITund IT-Security-Umfeld, gegenwärtig viele Führungskräfte stark bewegen. Besonders in neuen Team-Konstellationen können bewährte Tools aus dem Kanon der Management-Literatur unterstützen, etwa zur Bestimmung von Persönlichkeitstypen oder des Motivationsprofils. Somit entsteht Transparenz darüber, welche Personen aus der Belegschaft eher laut denken und schnell Ideen zum Nutzen für die Kundschaft ventilieren und welche hingegen lieber zuerst in Ruhe über technische Details reflektieren möchten. Dies kann entscheidend sein, um Konflikte von Schlüsselressourcen zu lösen oder sie gar nicht erst entstehen zu lassen. Vielleicht ist dies eher der erste Schritt, bevor man in Banken über die Einführung einer Holokratie sinniert, also über die flexible, rein rollenorientierte und dezentrale Organisationsform in führenden Technologie-Unternehmen. FAZIT Digitale Transformation ist auf keinen Fall durch einseitige, unflexible Methoden adressierbar. Der berühmte Schritt zurück – oder auch der erste vor dem zweiten – kann dabei helfen, die notwendige Flughöhe zu erlangen und die Perspektive zu justieren. Der Wert des Innehaltens und der im Team geteilten Reflexion über den Dreiklang aus Zielen, Umsetzung und handelnden Personen sind in einer digitalen Transformation nur allzu evident. Dies gilt gerade für rasant evolvierende Möglichkeiten und Risiken von digitalen Abläufen und den Einsatz von KI, nicht nur im Bankenumfeld, sondern auch im gesamtgesellschaftlichen Kontext. Autor Dr. Patrick Trutwein ist Mitglied des Vorstands der IKB Deutsche Industriebank AG. Dort verantwortet er das Risikomanagement, IT, Operations und Transformationsmanagement. Hybride Fachtagung „Elektronisches Onboarding in Kreditinstituten: Digitale Identifikation, Vertragsabschluss, Monitoring/safeFBDC“ am 2. Oktober 2022 Alle Informationen dazu fi nden Sie hier https//www.bv-events.de/ 08 | 2022 65

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