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die bank 08 // 2022

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

MANAGEMENT gehen. Zum

MANAGEMENT gehen. Zum Zeitpunkt der Fusion waren es 195 bei Merkur und 224 bei Schilling. Zur Bilanzsumme Merkurs von 1,7 Mrd. € kamen weitere 1,2 Mrd. € von Schilling hinzu. Durch das diversifizierte Geschäftsmodell mit einem breit aufgestellten Kreditgeschäft einerseits und der Vermögensanlage andererseits sei die Bank auch in einem herausfordernden Umfeld gut positioniert. „Für mich war es am wichtigsten, Wachstumspotenziale zu erschließen“, so Lingel. Am stärksten machte sich dies in der Vermögensanlage bemerkbar. 2019, vor der Übernahme, betrug dieser Bereich bei Merkur rund 500 Mio. €, nach der Fusion schoss das Volumen auf zuletzt 3 Mrd. € in die Höhe; allein im vergangenen Jahr erreichte man ein dickes Plus von 20 Prozent. „In der Vermögensanlage haben wir einen unbegrenzten Markt vor uns“, ist Lingel überzeugt. Darüber hinaus will er im Kreditbereich u. a. das Rhein-Main-Gebiet erschließen, mittelständische Firmenkunden verstärkt angehen und die Vermittlung von Hypothekenfinanzierungen ausbauen, indem man nicht nur als Makler tätig ist, sondern auch Bauträger als Kunden gewinnt. Auch der Vertrieb soll ausgebaut werden. „Die Führung muss zu den Menschen gehen, nicht umgekehrt“ In Hammelburg, am Sitz der Schilling Bank, baut die Bank gerade ein zweites, modernes Verwaltungsgebäude, in der sie trotz verstärktem Homeoffice allen Mitarbeitern einen eigenen Schreibtisch anbieten möchte. Lingel verhehlt nicht, dass er auf einen gewissen Grad an Präsenz am Arbeitsplatz Wert legt. „Wir leben von einer starken Kultur, dafür braucht es ein persönliches Miteinander“, sagt der Chef, der seit Beginn der Corona-Pandemie selbst nur einen einzigen Tag im Homeoffice verbracht hat. Für Sach- und Personalausgaben will das Institut im laufenden Jahr insgesamt 5 Mio. € investieren, Kapitalmaßnahmen sind nicht geplant. Ziel der Fusion sei es nicht gewesen, wie anderswo oftmals üblich, Kosten durch Personal- oder Filialabbau zu reduzieren. Im Gegenteil. „Die Schilling-Mitarbeiter waren nicht im Tarifvertrag. Das haben wir sofort geändert, um das Gehaltsniveau anzugleichen.“ Um alle Beschäftigten auf dem Weg zur neuen, deutlich größeren Bank mitzunehmen, war Marcus Lingel auch in Corona-Zeiten viel unterwegs. „Ich suche die Nähe zu den Menschen. Sie sollen die Strategie verstehen und mittragen. Die Führung muss zu den Menschen gehen, nicht umgekehrt.“ Durch Übernahme steht der 100. Geburtstag an Mit der Übernahme hat sich Merkur auch eine gewisse Tradition hinzugekauft und kann sich deshalb auf ihrer Website nun „Privatbank seit 1923“ nennen. Ursprünglich ist Merkur selbst deutlich jünger. Gegründet wurde das Haus 1959 von einem Cousin des berühmten ukrainischen Pianisten Vladimir Horowitz als „Merkur Bank Horowicz“. 1986 ging das Institut an Lingels Vater Siegfried, einen gelernten Banker, der u. a. die Immobilientochter einer Volksbank geleitet hatte. Mit 40 Jahren übernahm er mit Partnern die Bank, die schon damals gegenüber des Bahnhofs ansässig war und mit gerade einmal sieben Mitarbeitern auf eine recht bescheidene Bilanzsumme von 14 Mio. DM kam (heute sind es 2,72 Mrd. €). Den gebürtigen Schwaben, der eigentlich in der Baubranche zuhause war, reizten neben der Banklizenz vor allem die Chancen, die sich in der damals boomenden Baubranche boten. Ein Jahr nach der Übernahme schaffte er die Rückkehr in die Gewinnzone. Im Jahr 2000, als Sohn Marcus von der Schmidt Bank zum Institut des Vaters wechselte, hatte der die Bilanzsumme auf 863 Mio. DM und die Zahl der Mitarbeitenden auf rund 100 steigern können. Fünf Jahre lang führten die Beiden gemeinschaftlich die Bank, bevor der Junior 2005 als persönlich haftender Gesellschafter an die Spitze des Instituts rückte. 2008 schied der Senior aus und überließ dem Sohn das Feld, blieb aber bis zu seinem Tod im November 2020 persönlich haftender Gesellschafter. „Mein Vater war immer bereit, für meine Schandtaten zu haften“, sagt Lingel, was er als gutes Zeichen wertet und letztlich auch beweist, dass die Beiden ein gutes Team waren. Noch immer ist das Büro des Ex-Seniorchefs, den Marcus Lingel als Kämpfer und unglaublichen Optimisten beschreibt, eingerichtet wie zu dessen aktiven Zeiten. An der Wand hängen zahlreiche Fotos, die ihn mit führenden Persönlichkeiten des Landes, darunter ehemaligen Bundespräsidenten wie Richard von Weizsäcker und Johannes Rau sowie Ex-Kanzler Helmut Kohl, zeigen. Seit der Unternehmensgründung besitzt die Bank das Prägerecht des Hauptmünzamts München. Um sein Institut bekannt zu machen, ließ der Senior Medaillen mit bekannten Persönlichkeiten prägen. Dazu gehörte zum 22 08 | 2022

MANAGEMENT DER CHEF Die Merkur Privatbank KGaA ist nach eigenen Angaben die einzige Bank, die gleichzeitig inhabergeführt und börsennotiert ist. Die Aktien sind im Freiverkehr der Bö rse München im Marktsegment maccess zum Handel zugelassen. Darü ber hinaus sind sie an der Frankfurter Wertpapierbörse im Marktsegment Open Market sowie an den Börsen Stuttgart und Berlin handelbar. Mit einer Bilanzsumme von 2,72 Mrd. € (nach 2,68 Mrd. € im Vorjahr) hat das Haus seine Position als größte inhabergeführte Privatbank in Süddeutschland im Jahr 2021 festigen können. Im Finanzierungsgeschä ft mit Bauträgergesellschaften, Leasinggesellschaften, Mittelstand und Immobilieninvestoren stieg das Neugeschä ftsvolumen auf 1,78 Mrd. € (2020: 1,55 Mrd. €). Der Zinsü berschuss wuchs von 52,8 auf 57,9 Mio. €, der Provisionsü berschuss legte von 20,4 auf 21,9 Mio. € zu. Bei letzterem spielte das Wertpapiergeschäft mit 16,2 Mio. € (2020: 14,1 Mio. €) eine wesentliche Rolle und bildete somit eine wichtige Ertragskomponente. Das Volumen der Assets under Management vergrößerte sich um rund 20 Prozent auf zuletzt mehr als 3 Mrd. €. Das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit verbesserte sich von 19,3 Mio. € auf den Rekordwert von 21,4 Mio. €. Die Cost-Income-Ratio lag 2021 bei 61 Prozent. Beispiel auch eine Münze zur Wiedervereinigung, die das Bankhaus zur Premiere 1990 Helmut Kohl im Bundeskanzleramt überreichte. Fokussierung auf das Immobiliengeschäft Mit dem Einstieg Marcus Lingels fokussierte sich die Bank unter anderem auf das Immobiliengeschäft. Trug dieses im Jahr 2000 einen höheren zweistelligen Millionenbetrag bei und konzentrierte sich auf die von Sonderabschreibungen profitierenden Standorte Berlin, Leipzig und Dresden, richtete der neue Gesellschafter seinen Blick auch verstärkt auf München. Bis heute ist das Immobilienneugeschäft auf zuletzt 1,3 Mrd. € gewachsen, wozu die Landeshauptstadt mehr als ein Drittel beiträgt. Trotz steigender Zinsen und massiv anziehender Baukosten im zweistelligen Bereich bleibt Lingel für den Immobilienbereich optimistisch, da der Bedarf an Wohnungen weiter wachse. Hinzu kamen als zweite Säule die Refinanzierung von Leasinggesellschaften und schließlich als dritte und kleinste die Finanzierung von mittelständischen Unternehmen. Die Vermögensanlage startete erst um die Jahrtausendwende. Fast zeitgleich hatte die Merkur Privatbank das Einlagengeschäft von den kostenintensiven Filialen auf eine deutlich günstigere Online-Plattform verlagert und war damit denselben Weg gegangen wie Online-Banken. Die Filialen konzentrierten 08 | 2022 23

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