MANAGEMENT BGH-URTEIL ZU KONTOFÜHRUNGSGEBÜHREN Wie Banken das Vertrauen zurückgewinnen Das BGH-Urteil zu Kontoführungsgebühren kam für die Banken zur Unzeit. Denn durch den Justizentscheid erodieren nicht nur ihre Erträge, auch das Kundenvertrauen kann Schaden nehmen. Dieses wieder zurückzugewinnen, ist für die Kreditinstitute elementar, aber zugleich auch kein Selbstläufer. Auf dem Weg zurück zu mehr Vertrauen können sich die Institute an drei Stufen orientieren. Bis Ende 2021 können BankkundInnen zu viel gezahlte Kontogebühren zurückfordern, wenn die Erhöhung ohne aktive Zustimmung erfolgt ist – und das rückwirkend bis zum Jahr 2018. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte dies in einem Urteil gegen die Postbank entschieden. Im Wortlaut der Berichterstattung klingt durch, Banken hätten unrechtmäßig Gebühren erhöht und die Kundschaft mit der stillen Zustimmung übervorteilt – ein Schreck für eine vertrauensvolle Kundenbeziehung. Schwindendes Kundenvertrauen kann für Geldinstitute absehbar zu herben finanziellen Verlusten führen. Aber auch schon jetzt sind die direkten Kosten des Urteils hoch: Bis zu 3 Mrd. € könnten die Rückzahlungen die deutsche Finanzbranche kosten, schätzt die BaFin. Allein die Deutsche Bank buchte bereits Rückstellungen in Höhe von 100 Mio. € und erwartet für das zweite und dritte Quartal Ertragseinbußen in Höhe von 200 Mio. €. Auch die Commerzbank veranlasste im zweiten Quartal Rückstellungen über 66 Mio. €. Risiko für Kreditausfälle stieg in der Pandemie Und dieser Brocken kommt zur Unzeit: Die Pandemie hat die Art der Kundenbeziehung und des Bankings bereits beeinflusst und die Erträge bröckeln lassen. Während der Corona-Krise wurden noch mehr Transaktionen online durchgeführt, gleichzeitig stieg das Risiko für Kreditausfälle in der Pandemie. Die Auswirkungen der ausgesetzten Insolvenzantragspflicht können noch nicht genau beziffert werden, die Kreditversicherer gehen für 2022 62 08 // 2021
MANAGEMENT 1 | Monatliche Preisentwicklung der Bank- oder Sparkassengebühr ab 2014 1) Seit 2015 enteilen die Bank- oder Sparkassengebühren dem Verbraucherpreisindex – Preissteigerungen summieren sich bis Ende 2020 auf 35 % 150 140 130 120 110 100 90 80 01.2014 03.2014 05.2014 07.2014 09.2014 11.2014 01.2015 03.2015 05.2015 07.2015 09.2015 11.2015 01.2016 03.2016 05.2016 07.2016 09.2016 11.2016 01.2017 03.2017 05.2017 07.2017 09.2017 11.2017 01.2018 03.2018 05.2018 07.2018 09.2018 11.2018 01.2019 03.2019 05.2019 07.2019 09.2019 11.2019 01.2020 03.2020 05.2020 07.2020 09.2020 11.2020 Bank- oder Sparkassengebühr Verbraucherpreisindex Quelle: Statistisches Bundesamt, 2021, 1) Die ausgewiesene Preisentwicklung berücksichtigt verschiedene Kontoführungsgebühren wie Grundgebühren, Überweisungen, Daueraufträge, Barabhebungen, Kreditkarten, Kontoauszüge und Ähnliches. Darüber hinaus werden die Preise für den privaten Wertpapierhandel und das private Wertpapierdepot beobachtet. jedoch von einer Steigerung der Insolvenzen um 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahr aus. All dies lässt für Banken höhere Rückstellungen nötig erscheinen. Zu den Kosten und Folgen der Pandemie kommt das Zinstief, das auf der Ertragsseite der Banken große Löcher reißt. Gerade deshalb erschien es den Instituten in der jüngeren Vergangenheit als probates Mittel, die Provisionserträge durch Erhöhung der Bankgebühren zu steigern. Bereits seit 2015 ist eine deutliche Entkopplung der Bank- bzw. Sparkassengebühren von der allgemeinen Preissteigerung zu beobachten. Die unterstellte stille Zustimmung der KundInnen ist mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Faktor, der eine solche Entwicklung überhaupt erst möglich gemacht hat. ÿ 1 Dabei wurde das Verhältnis zwischen Bank und Kundschaft in den letzten Jahren nicht nur durch steigende Gebühren belastet. In der Corona-Krise verlagerte sich zwar, wie beschrieben, die Interaktion verstärkt auf Online-Kanäle. Aber nicht erst seit 2020 werden im Wochentakt Filialen geschlossen – nachdem sie jahrzehntelang als klassische Kundenschnittstelle fungierten. Gleichzeitig machen Banken in regelmäßigen Abständen durch Negativschlagzeilen (Finanzskandale, Millionengehälter für Banker) von sich reden. Die Folge: Insbesondere junge KundInnen fühlen sich u. a. durch dargestellten Preissteigerungen hintergangen. Sie nehmen Banking zunehmend als emotionsloses und austauschbares Produkt wahr. Jeder Zweite erklärte im Rahmen einer Kundenstudie1, im besten Fall ein neutrales, in vielen Fällen aber eher ein misstrauisches und distanziertes Verhältnis zu seiner Bank zu haben. Um in dieser Situation nicht in einen Teufelskreis aus Kundenschwund und Gebührenerhöhungen abzudriften, müssen Banken das verlorene Vertrauen wiederherstellen. Die folgenden drei Stufen können dabei als Orientierung dienen. 1. Transparenz und Ehrlichkeit In einem ersten Schritt sollten Banken sich ihren Fehler eingestehen und daraus lernen. Gerade im Fall des BGH-Urteils, das deutschlandweit alle Kreditinstitute betrifft, wäre es für die Institute ein gangbarer Weg, sich entsprechend zu positionieren und damit auch kommunikativ positiv hervorzustechen. So wie die Lage sich aktuell darstellt, eröffnet sich den Geldhäusern ein breites Handlungsfeld: Sie können abwarten und auf Verjährung etwaiger Forderungen hoffen (1), (KundInnen informieren und) auf Antrag zu viel erhobene Beträge auszahlen (2) oder freiwillig die Auszahlung der besagten Beträge zugunsten ihres Kundenkreises anstoßen (3). Die aktuell vorherrschende Abwartetaktik 08 // 2021 63
NR. 8 2021 ZEITSCHRIFT FÜR BANKPOL
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44 Währungsunion 1871 Die deutsche
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