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die bank 08 // 2018

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

MANAGEMENT INTERVIEW

MANAGEMENT INTERVIEW Banken positionieren sich als Orchestrator oder Zulieferer Die deutsche Wirtschaft boomt. Doch die heimischen Großbanken geraten immer stärker unter Druck. Welche Geschäftsmodelle haben künftig noch Chancen? In ihrem jüngsten Bankenreport „Deutschland 2030” sind die Strategieberater von Oliver Wyman dieser Frage nachgegangen. Mit den beiden Partnern Thomas Schnarr und Alexander Peitsch sprach die bank über mögliche Zukunftsszenarien. diebank: Sie haben jüngst den Bankenreport „Deutschland 2030” veröffentlicht. In der Unterzeile heißt es: „Noch da! Wie man zu den 150 deutschen Banken gehört!“ Eine provokante These, wenn man bedenkt, dass 2017 noch knapp 1.700 Institute existierten. Was stimmt Sie so extrem pessimistisch? Schnarr: Wenn die Anzahl der Banken weiterhin mit aktuell ca. 40 bis 50 Banken pro Jahr sinkt, ergibt sich über zehn bis 15 Jahre eine entsprechende Reduktion. Dieser Konsolidierungsprozess wird sich vermutlich noch beschleunigen, da sich notwendige Investitionen häufig nur ab einer gewissen Mindestgröße lohnen. diebank: Haben diese 150 Überlebenden schon heute das richtige Geschäftsmodell gefunden? Peitsch: Unser Evolutionsszenario erlaubt Banken eine schrittweise Anpassung. Aktuelle Tendenzen der Fokussierung auf Regionen oder Produkte werden verstärkt. Die grundsätzlichen Geschäftsmodelle bestehen im Kern fort, jedoch positionieren sich die Banken entweder als Orchestrator, der die Kundenschnittstelle kontrolliert und Dienstleistungen und Produkte aus eigener oder fremder Herstellung kombiniert, oder als Zulieferer, der Finanzprodukte und Services zur Verfügung stellt und meist über Know-how- oder Skalenvorteile verfügt. Dabei sehen wir eine Reihe nachhaltiger Modelle, z. B. „Kundenchampions“, die kundenorientierte Angebote bündeln, oder „asketische Banken“, die sich darauf beschränken, kosteneffizient eine lokale Grundversorgung anzubieten. Banken laufen jedoch auch die Gefahr, mit einer halbherzigen Positionierung in die Bedeutungslosigkeit abzurutschen. diebank: Wie müssen wir uns die Branche im Jahr 2030 vorstellen? Schnarr: Viele Anzeichen deuten darauf hin, dass Banken sich deutlich schneller verändern werden müssen. In einem Disruptions-Szenario werden Banken neue Ansätze und Infrastrukturlösungen zwangsläufig übernehmen müssen, mit der Gefahr, dass ganze Prozessketten obsolet werden. Wir sehen vier erfolgreiche Modelle, z. B. den „Lotsen im Financial-Services-Dschungel“, der ein optimales Angebot erstellen, es erklären und liefern kann (auch zugekaufte Komponenten). Oder die „unsichtbare Bank“, die nahtlos in Kundensysteme eingebunden ist (z. B. Abwicklung Zahlungsverkehr), sodass Kunden nicht mehr mit einer Bank direkt in Kontakt treten müssen. „Museumsbanken“ dagegen, die als klassischer, integrierter, aber auch undifferenzierter Vollsortimenter auftreten, könnten in der Bedeutungslosigkeit verschwinden. diebank: Wie groß schätzen Sie die Bedrohung durch die globalen Technologieunternehmen ein? Peitsch: Banken können sich nicht mehr allein darauf verlassen, dass die großen Tech-Firmen die Bankenregulierung meiden. Einige große Unternehmen wie z. B. Amazon suchen bereits 58 08 // 2018

MANAGEMENT Personal mit Bankerfahrung und vermitteln Kredite. Kunden gewöhnen sich auch an deren einfache Plattformen. Große Technologiekonzerne könnten sich auch einfach der Banken (und ihrer Lizenzen) als Infrastruktur bedienen. diebank: Welchen Herausforderungen müssen sich die privaten Banken stellen? Peitsch: Privatbanken sind bereits jeweils individuell stark mit verschiedenen Zulieferern und FinTechs verbunden, haben jedoch an Marktanteilen und internationaler Relevanz eingebüßt. Vor dem Hintergrund des Trends hin zu größeren Einheiten werden für Privatbanken Fragestellungen um grenzüberschreitende Fusionen weiter relevant bleiben. Wir sehen auch starke Bemühungen, die Geschäftsmodelle stark auf bestimmte Kundengruppen zu fokussieren, um somit in diesem Ökosystem als zentrale „Spinne im Netz“ relevant zu bleiben. diebank: Sie kommen zu dem Schluss, dass Banken neben dem Mut zu einer klaren strategischen Positionierung vor allem zwei Fähigkeiten trainieren müssten: eine Erhöhung der kulturellen Flexibilität sowie die Innovationsfähigkeit. Wie genau kann das gelingen? Schnarr: Wir sehen drei Hebel für mehr kulturelle Flexibilität: Ein hohes Maß an Empathie an wichtigen Entscheidungspunkten des Kunden, kontinuierliche, partizipative Mitarbeiterförderung statt passiver Beschulung sowie ein innovationsfreundliches Klima. Banken sind nicht unbedingt Vorreiter der Innovationskultur, haben aber einige Startvorteile: Ihre Filialnetze erlauben direkte Kundeneinblicke, sie können die Innovationskraft der deutschen Industrie oder auch Zentralinstitute als Inkubatoren nutzen. Dazu ist ein Technologieportfolio-Management mit offener Architektur notwendig. diebank: Wenn so viele Banken aufgeben müssen, wird der Arbeitsmarkt überschwemmt mit Bankern. Was wird mit diesen Mitarbeitern geschehen? Schnarr: Es ist unbestritten, dass sich die Digitalisierung auf die erforderlichen Mitarbeiterfähigkeiten auswirkt. Viele dieser neuen Skills sind so noch nicht vorhanden. Um digitale Fähigkeiten zu integrieren, können Banken entweder aktuelle Jobprofile so transformieren, dass zukünftig relevante Fähigkeiten trainiert werden, oder über Partnerschaften mit Universitäten, FinTechs und Technologiezentren Expertise einbinden. diebank: Herr Schnarr, Herr Pietsch, vielen Dank für das Gespräch. Die Fragen stellte Eli Hamacher. 08 // 2018 59

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