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die bank 08 // 2018

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

Dr. Hartmut Bechtold ist

Dr. Hartmut Bechtold ist seit ihrer Gründung Anfang 2004 Geschäftsführer der True Sale International GmbH, einer von deutschen Banken gegründeten Finanzorganisation zur Förderung des deutschen Verbriefungsmarkts. Zuvor war Bechtold viele Jahre in führenden Positionen bei der SEB AG bzw. der BfG Bank AG tätig, die im Jahr 2000 in der SEB aufgegangen ist. Neben seiner Bankkarriere war er in der Wirtschaftsberatung, Wissenschaft und Industrie tätig. Bechtold studierte Betriebs- und Volkswirtschaftslehre an der Goethe- Universität Frankfurt am Main und promovierte mit einer volkswirtschaftlichen Arbeit zur Wirtschaftsgeschichte. die bank: Und warum nicht? Bechtold: Zum einen haben Investoren bereits in der Finanzkrise 2007 / 2009 kein Geld mit europäischen ABS-Transaktionen verloren. Es waren US-Subprime-Verbriefungen, in die viele europäische und deutsche Banken sozusagen als Kreditersatzgeschäft investiert waren. Verstärkt sichtbar wurde dieser Effekt bei einigen Landesbanken in Deutschland, nachdem sie sich unter Nutzung ihrer letztmaligen Chance zu AAA-Konditionen zu refinanzieren, heftig mit Geld vollgezogen hatten. Europäische ABS kamen gut und sicher durch die Krise, entgegen allen Unkenrufen von Politik und Presse. Zum anderen hat der regulatorische Fokus auf den ABS-Markt auch seine guten Seiten. Kaum ein Kapitalmarktsegment wird inzwischen von Aufsicht, Investodie bank: Wenn Sie auf 15 Jahre TSI und den deutschen Verbriefungsmarkt zurückblicken: Gibt es etwas, was Sie gerne erreicht hätten, was aber nicht umsetzbar war? Bechtold: Wir haben in den Jahren 2004 / 2005 viel im Hinblick auf die Schaffung sicherer rechtlicher Rahmenbedingungen für die Verbriefung von Bankforderungen in Deutschland erreicht. Steuerliche und insolvenzrechtliche Anpassungen, die Regelungen zum Refinanzierungsregister und der insolvenzfesten Übertragung von grundschuldbesicherten Forderungen im KWG, das alles ist auf die TSI zurückzuführen. Nicht erreicht haben wir ein in sich geschlossenes deutsches Verbriefungsrecht, das neben den aufsichtsrechtlichen, auf europäischer Ebene geregelten Fragen einen in sich stimmigen Gesamtrahmen für Verbriefungen schafft, der Steuerrecht, Insolvenz- und Zivilrecht sowie Gesellschaftsrecht in einem Gesetzeswerk abdeckt. Andere Länder, wie beispielsweise Italien, Frankreich oder Spanien, haben dies – zum Teil auch als Antwort auf die Finanzkrise – geschafft. Deutschland hinkt hier hinterher. So kommt es, dass das Gros der deutschen Transaktionen aus Luxemburg heraus getätigt wird. Das luxemburgische Verbriefungsrecht ist quasi ein Sonderrecht für deutsche Transaktionen. Während die anderen europäischen Länder im Hinblick auf Verbriefungen ihren Rechtsrahmen so gesetzt haben, dass alles im jeweiligen Land bleibt, hat Deutschland ihn so gesetzt, dass das meiste nach Luxemburg wegzieht. An sich etwas Unglaubliches. Alle unsere Anläufe gegenüber der Politik verliefen letztlich im Sande. die bank: Zu Beginn des Interviews stellten Sie die Finanzkrise von 2007 bis 2009 als die einschneidende Erfahrung heraus. Glauben Sie, dass sich so etwas wiederholen könnte? Bechtold: Meine Banklaufbahn begann ich im Januar 1987. Es gab damals noch kein Internet, keine E-Mails und das Online Reuter-Aktien-Terminal war gerade erfunden und im Markt eingeführt wurden. So erfuhr von dem 22-prozentigen Kurssturz an der Wall Street am Nachmittag des 19. Oktober 1987, wer nicht gerade Händler war, aus dem Radio, raste in den Handel, der damals noch freier zugänglich war, und schaute bass erstaunt auf die gerade Chartlinie nach unten. Zehn Jahre später folgte die Asienkrise, 2000 platzte die Dotcom-Blase und 2007 die überhitzten US-Kreditmärkte. Dank immer beherzterem Eingreifen der Zentralbanken hat sich die Kölner Lebensweisheit „Et hätt noch immer joot jejange“ nun auch an den Kapitalmärkten festgesetzt. Aber sie schützt natürlich nicht vor der nächsten Finanzkrise, von der aber keiner das genaue Datum und den Ort des Ausbruchs kennt. Eines aber glaube ich mit Sicherheit voraussagen zu können: Es werden nicht die europäischen ABS- Märkte sein, die das nächste Mal auf der Anklagebank sitzen. 42 08 // 2018

en und Banken so gut verstanden und so solide gehandhabt wie Verbriefungen. Und noch etwas sei erwähnt: Verbriefungen sind tranchierte, gedeckte Schuldtitel. Die Tranchierung bringt es mit sich, dass der Investor in die oberen Tranchen gegen Ausfälle zunächst geschützt ist, die Deckung mit einem diversifizierten Portfolio bedingt des Weiteren, dass man nicht von der Bonität eines einzelnen Schuldners abhängig ist. Beides bietet in einer Finanzkrise eine doppelte Sicherheit. In der Dieselkrise, die im Herbst 2015 die deutsche Autoindustrie erfasste, konnte man diesen Effekt gut beobachten: Während die Senior-Unsecured- Schuldverschreibungen mancher Hersteller deutliche Kursverluste aufwiesen, blieben ABS-Bonds dagegen stabil. Nein, Verbriefungen werden als sicherer Hafen und nicht als Auslöser der nächsten Finanzkrise betrachtet. Den sollte man woanders suchen, doch darüber hier zu spekulieren, wäre der falsche Ort. die bank: Sie treten demnächst als TSI Geschäftsführer ab und gehen in Pension. Was hat Ihnen in der Rückschau am meisten dabei geholfen, die Gesellschaft gut und ertragreich zu führen? Bechtold: Drei Dinge: Erstens, eine Mannschaft, die sich als Team versteht und die Dinge immer pragmatisch und tatkräftig anpackt. Zweitens die vielen Partner aus Banken, Kanzleien, Rating-Agenturen, WP-Gesellschaften, Dienstleistern, aber auch aus öffentlichen Stellen, die uns tatkräftig unterstützten. Und drittens ein Beirat, mit Günter Bräunig von der KfW als Beiratsvorsitzendem über viele Jahre an der Spitze, der mich immer mit Rat und Tat unterstützte, sowie Gesellschaftern, die zu der TSI standen. die bank: Gibt es einen Rat, den Sie Ihrem Nachfolger mit auf den Weg geben würden? Bechtold: Keinen. Die Gesellschafterbanken und deren Vorstände haben unter Führung des Beiratsvorsitzenden mit Jan-Peter Hülbert jemanden ausgewählt, der weiß, was und wie es zu tun ist. Ich glaube, von seinem Werdegang und seiner Persönlichkeit passt er optimal zu den aktuellen Herausforderungen. Und im Übrigen gilt: Das Amt prägt den Menschen, und der Mensch prägt das Amt. Es gibt selten einen Anfang, ohne dass man bereits einen Rahmen vorfindet. Auch für mich als Gründungsgeschäftsführer gab es dies nicht. Ich fand eine Gesellschaftssatzung vor, der ich verpflichtet war, ich fand 13 Gesellschafter vor, die ihre Vorstellungen hatten, und ich fand einen Markt vor, auf den ich reagieren musste. Und dabei gilt es für einen GmbH-Geschäftsführer immer den entscheidenden Unterschied zu einem Verbands-Geschäftsführer im Auge zu behalten: Am 1. Januar eines Jahres steht die Kasse immer wieder auf Null. Man kennt mit Sicherheit nur die kommenden fixen Ausgaben, die Erträge müssen jedes Jahr immer wieder aufs Neue erwirtschaftet werden. diebank: Herr Bechtold, haben Sie vielen Dank für dieses Gespräch, und für die Zukunft wünschen wir Ihnen alles Gute! 08 // 2018 43

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